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194 - Die Hölle der Erkenntnis

194 - Die Hölle der Erkenntnis

Titel: 194 - Die Hölle der Erkenntnis
Autoren: Jo Zybell
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verhüllte das Meer, die untergehende Sonne versank in bunten Farberuptionen. Grao’sil’aana lag bäuchlings auf Thgáans Nacken. Sein wandelbarer Körper passte sich den kräftigen Schwingenschlägen des Rochens an. Sein Gefangener lag hinter ihm, gefesselt und in Felle gewickelt – Daagson, der Erste Wächter des Uluru. Grao’sil’aana glaubte ihn schreien zu hören und fuhr herum – doch der andere schrie nicht, konnte gar nicht schreien. Grao’sil’aana selbst hatte dafür gesorgt: Daagson war bewusstlos. Die Feuchtigkeit in seinem Haar und auf seinem Bart verdampfte, bevor sie gefrieren konnte. Der Bewusstlose fieberte. Grao’sil’aana drang mental in seinen betäubten Geist ein. Den Willen zu töten spürte er dort, trotz der Bewusstlosigkeit noch ungebrochen.
    Was war das für eine Macht, die Lebewesen dazu bringen konnte, selbst in diesem Zustand an ihrer Bestimmung, an ihrem Auftrag festzuhalten? Am Willen zum Kampf, zum Mord und zur Zerstörung? Grao’sil’aana zuckte zurück. Selbst einen wie ihn stürzte diese unheimliche, fremde Macht in Ratlosigkeit.
    Drei Tage und über viertausend Kilometer trennten ihn bereits von dem roten Felsen, unter dem diese fremde Macht hauste. Doch schienen solche Entfernungen für sie keine Rolle zu spielen – Körper und Nerven des bewusstlosen Primärrassenvertreters waren ganz und gar beschlagnahmt von ihren Zielen und ihren Befehlen. Grao’sil’aana war sicher: Würde er seinen mentalen Würgegriff um den Geist seines Gefangenen auch nur für einen Augenblick lockern, der Mann würde sich sofort auf ihn stürzen.
    Die Einsicht machte den Echsenartigen schier fassungslos.
    Nicht einmal der Sol konnte so viel Macht über einen Primärrassenvertreter ausüben!
    Der Daa’mure betrachtete seinen Gefangenen. Selbst auf den Fellen, in die er ihn gewickelt hatte, hielt sich das Eis nicht lange. Hatte er sich beim Kampf verletzt, oder warum fieberte er? Die Schwingenschläge des Mammutrochens warfen seinen Körper hin und her. Der eisige Wind riss an seinem schwarzen Haar. Welchem unheimlichen Herrscher gehorchte dieser Mann?
    Grao’sil’aana wandte sich ab und blickte wieder in Flugrichtung. Die Sonne war untergegangen, es wurde dunkel.
    Wie lange noch bis zum Kratersee? Einen Planetentag? Zwei?
    Er brannte darauf, endlich dem Sol gegenüberzustehen, ihm – dem höchsten der Daa’muren – endlich berichten zu können vor der feindlichen Macht im Zentrum des kleinen Kontinents.
    Keine guten Nachrichten waren es, die er da an den Kratersee brachte. Bisher waren sie davon ausgegangen, mit den Primärrassenvertretern die einzigen Intelligenzen dieses Planeten unterjocht zu haben, die ihnen gefährlich werden konnten.
    Ein Irrtum. Doch wie hatte es dazu kommen können? Es musste wohl an der Klugheit jener Macht liegen; an ihrer Fähigkeit, sich geduldig hinter primitiven und degenerierten Primärrassenvertretern zu verbergen.
    Im Wesentlichen wusste Grao’sil’aana natürlich, welchem Herrscher der betäubte Primärrassenvertreter hinter ihm gehorchte: einem kosmischen Finder. Der Begriff, wenn er ihn richtig interpretierte, beschrieb jemanden, der auf der Spur eines anderen war. Auf ihrer Spur!
    Alles, was dieser bewusstlose Primärrassenvertreter je erlebt, je gedacht hatte, wusste Grao’sil’aana. Weil er den Ersten Wächter des Uluru überwältigt, betäubt und danach seinen Geist gründlich erforscht hatte. Aber konnte er es auch fassen? Nein. Was genau bedeutete es, dass da ein kosmischer Finder tief in der Erde lebte und auf seine Stunde wartete?
    Der Sol musste es wissen. Er war der Führer. Grao’sil’aana konnte kaum erwarten, ihm gegenüberzustehen.
    Der Daa’mure versuchte zu sondieren, was er dem Sol berichten konnte. Da lebte also eine rätselhafte Macht unter einem roten Felsen, eine Geisteskraft, die nicht nur den Bewusstlosen hinter ihm beherrschte, sondern Hunderte andere Telepathen aus allen Teilen des Zielplaneten. Da dachte und brütete eine intelligente ontologisch-mentale Substanz, die Grao’sil’aanas Volk, die Daa’muren, und ihre gestrandete Raumarche zerstören wollte…
    Grao’sil’aana weigerte sich, diesen Gedanken zu Ende zu denken. Er wollte ihn nicht begreifen. Warum, bei Sol’daa’muran, sollte der Herrscher seines Gefangenen denn die Daa’muren vernichten wollen?
    Oder war das zentrale Nervensystem seines Gefangenen vielleicht einfach nur krank? Hatte er einen Wahnsinnigen mit Allmachtsfantasien mit auf den
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