Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

1912 - Der Zylinder-Mann

Titel: 1912 - Der Zylinder-Mann
Autoren: Unbekannt
Vom Netzwerk:
tut ihm nicht weh. Diese Koexistenz ist unsere einzige Chance, Gia. Die Thorrimer haben uns selbstlos in einer brenzligen Lage geholfen. Wir stehen in ihrer Schuld, aber sie ziehen kein Kapital daraus, wie Menschen das tun würden. Bessere Nachbarn könnten wir uns überhaupt nicht wünschen."
    Sie drehte sich zu ihm um, und sie sahen sich lange in die Augen. „Vielleicht hast du recht", sagte sie dann und lachte spöttisch. „Dann ist es ja wohl an der Zeit für mich, meinen Job zur Verfügung zu stellen. Nach allem, was zwischen uns war, will Navajo mich sicher nicht mehr als TLD-Chefin. Oder sollte ich sagen, als ALD-Chefin? Chefin des Alashanschen LigaDienstes? Denn er will keine Rückkehr nach Terra, und ich bin nicht mehr für die Liga Freier Terraner zuständig."
    Sie war während ihres Ausbruchs aufgestanden. „Hey", sagte Alaska, „warte einen Moment!
    Ich will Navajo nicht vorgreifen, aber denkt er denn überhaupt daran, dich abzusetzen?
    Steigere dich nicht in einen unsinnigen Fatalismus hinein. Laß Navajo zu dir kommen, und dann redet miteinander wie zwei erwachsene Menschen."
    Gia de Moleon sah ihn forschend an. „Für mich bedeutet dieser Job sehr viel, weißt du?" sagte sie leise. „Ich hänge an ihm. Es ist nicht das Spiel mit der Macht, es sind ...
    es sind die Menschen, die mir anvertraut sind. Verstehst du das, Alaska?"
    Noch nie hatte sie sich ihm gegenüber eine solche Blöße gegeben, und der ehemalige Maskenträger hütete sich, die Situation in irgendeiner Form auszunutzen. Er redete ihr nur weiter gut zu und appellierte an sie, die weitere Entwicklung in Ruhe abzuwarten.
    Die TLD-Chefin versprach es ihm. Am anderen Tag bat Stendal Navajo, inzwischen auf die noch fragmentarische Verfassung der Nation Alashan vereidigt, Gia de Moleon sprechen zu dürfen. Sie gewährte ihm den Wunsch und empfing ihn in ihrem Büro.
    Navajo nahm den Zylinder ab und setzte sich ihr gegenüber in einen der Besuchersessel. „Es ist lange her, daß wir uns persönlich begegnet sind", begann der frisch gewählte Bürgermeister. „Lange, daß ich diesen Turm betreten habe."
    „Und nun bist du gekommen, um mich abzulösen", versetzte Gia. „Ich werde dir keine Vorwürfe machen. Das Leben ist so.
    Ich habe meine Zeit gehabt, und nun hat deine Stunde geschlagen. Du weißt, daß ich für Clodia Zuint die Werbetrommel gerührt habe."
    „Natürlich", sagte Navajo ruhig. Er lächelte dünn. „Aber das ist vorbei und vergessen, soweit es mich betrifft. In dieser Stunde der Bewährung sind die besten Kräfte gefragt, und du bist die Beste in dieser Position, Gia de Moleon. Ich wünsche mir, daß du TLD-Chefin bleibst, auch wenn der Begriff heute nicht mehr ganz zutrifft. Nenne dich meinetwegen, wie du willst - die Hauptsache ist, daß du die Chefin unserer Abwehr hier auf Thorrim und in DaGlausch bleibst."
    Sie starrte ihn an. „Das ist dein Ernst?" fragte sie. „Mein voller Ernst. Du bist erfahren und sehr wertvoll für uns. Und ich bin nicht angetreten, um auf Konfrontation zu setzen oder gar alte Geschichten aufzuwärmen. Ich bitte dich darum, TLD-Chefin zu bleiben. Ich fordere allerdings auch, daß du meine Politik unterstützt und nicht etwa hinterrücks torpedierst." Er stand auf. „Überleg es dir, Gia. Und bitte, laß mich nicht zu lange auf deine Entscheidung warten."
    Der Zylinder-Mann ging zur Tür. Kurz bevor er sie hinter sich geschlossen hatte, rief sie ihn zurück. „Im Namen der Vernunft, Stendal. Ich akzeptiere."
    Er ging zurück und drückte ihr fest die Hand. „Im Namen der Vernunft, Gia, ich bin erfreut. Freunde werden wir vielleicht niemals werden, aber wir sitzen in einem Boot."
    „Besser hätte ich es nicht sagen können."
     
    *
     
    Die Wahl war vorbei. Stendal Navajo zog in eins der Verwaltungsgebäude nahe der Octavian-Anlage ein, das für ihn geräumt worden war. Nachdem der Bürgermeister für Alashan gewählt worden war, ging es jetzt darum, eine Verwaltung aufzubauen, eine Mannschaft, die Navajo dabei half, seine Amtsgeschäfte zu führen. Er brauchte Sekretäre für die verschiedenen Aufgabenbereiche wie Innere Verwaltung, Verkehr, Schulen, Auswärtige Angelegenheiten und einiges mehr.
    Außerdem stand das Abkommen mit den Thorrimern auf seinem Plan. Es war versprochen worden, den Pakt nach der Wahl zu schließen. Man hatte in der Hektik des Wahlkampfes aber vernachlässigt, einen umfassenden Vertrag auszuarbeiten. Navajo wollte dies schnell nachholen, in engster Zusammenarbeit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher