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191 - London - Stadt der Vampire

191 - London - Stadt der Vampire

Titel: 191 - London - Stadt der Vampire
Autoren: A.F.Morland
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sich auf, um sich zu orientieren.
    »Weißt du, woran mich dieser brennende Fluß erinnert?« fragte ich.
    »An die Feuerwelt?«
    »Genau«, bestätigte ich. Wir waren lange nicht mehr da gewesen, aber ich hatte die gefahrvollen Abenteuer noch nicht vergessen, die wir in dieser Welt, in der alles brannte - auch das Wasser und die Steine -, erlebten.
    »Liegt eine Ewigkeit zurück«, meinte Mr. Silver.
    »Wir hatten seither dennoch keine Langeweile.«
    »Dafür sorgte immer wieder die schwarze Macht«, knirschte der Ex-Dämon. »Ob es uns jemals gelingen wird, der Hölle einen so schweren Schlag zu versetzen, daß sie sich über viele Generationen hinweg nicht erholt?«
    »Wir können es ja immer wieder versuchen«, sagte ich und lächelte matt.
    »Laß uns nach Hause gehen, Tony«, schlug der Hüne vor.
    »Ich wüßte nicht, was ich lieber täte«, gab ich zurück und erhob mich.
    ***
    Wir gönnten uns nach unserer Rückkehr keine Verschnaufpause. Kurz nachdem uns Roxane von der Wasserleiche erzählt hatte, waren wir schon wieder auf Achse.
    Wir suchten Harry Raffertys Eltern auf. Von Roxane, die ein paar zusätzliche Informationen eingeholt hatte, wußten wir, daß Harry eine Schwester namens Daphne hatte. Sie arbeitete als Fotomodell, war mit ihren 20 Jahren aber noch nicht besonders dick im Geschäft.
    Harrys Eltern hießen Bernadette und Paul Rafferty, zwei Menschen, denen das Leben über den Kopf gewachsen war. Sie wurden mit keiner Situation richtig fertig, mußten stets resignieren.
    Es gibt sie überall, diese ewigen Verlierer. Die Polizei hatte sie anscheinend mit zuwenig Taktgefühl vom Tod ihres Sohnes in Kenntnis gesetzt, und nun weinte Bernadette Rafferty, und der Atem ihres Mannes roch intensiv nach Whisky.
    Sie konnten uns nicht helfen, Harry war für sie ein Buch mit sieben Siegeln gewesen.
    »Wir wußten nie, was in ihm vorging«, sagte Paul Rafferty mit tonloser Stimme. »Er war immer verschlossen, ließ uns nie in sein Herz sehen. Ich weiß nicht, was wir falsch gemacht haben, aber vielleicht lag der Fehler auch gar nicht bei uns.«
    Sie wohnten einfach, waren bescheidene Menschen ohne große Ansprüche. Einmal in der Woche leistete sich Paul Rafferty eine teure Zigarre. Das waren die Highlights in seinem Leben, und Bernadette Rafferty hatte nicht einmal das.
    Die Wohnung war sauber. Man hätte mit einem weißen Handschuh über Schränke, Anrichten oder Türenoberkanten streichen können, ohne sich zu beschmutzen. Darauf legte Bernadette Rafferty allergrößten Weert. Eine reine, gemütliche Wohnung war ihr Hobby.
    »Wandte sich Ihr Sohn nicht an Sie, wenn er Probleme hatte?« erkundigte ich mich.
    Paul Rafferty schüttelte traurig den Kopf. »Leider nie. Dabei hätten wir ihm so gern geholfen. ›Wenn du Schwierigkeiten hast, komm damit zu uns!‹ Wie oft habe ich ihm das gesagt. Er erwiderte stets, er komme schon allein zurecht, aber wir spürten, daß er nicht die Wahrheit sagte.«
    »Zog er nie ein Familienmitglied ins Vertrauen?« fragte ich. »Manchmal hat man doch das Bedürfnis, sich bei jemandem auszusprechen.«
    »Am ehesten redete er noch mit seiner Schwester. Wir Alten würden ihn sowieso nicht verstehen, sagte er mal zu Daphne.«
    »Hat sie Ihnen nicht wiedererzählt, was sie von Harry erfuhr?«
    »Das riskierte sie nicht, denn dann wäre sie bei ihm unten durch gewesen, und er hätte ihr nie wieder etwas gesagt.«
    Wir fragten, wo Daphne anzutreffen wäre, und ihr Vater gab uns die Adresse des Fotostudios, in dem sie zur Zeit arbeitete. Er bat uns, behutsam mit ihr umzugehen, denn sie wisse noch nichts von diesem schrecklichen Schicksalsschlag.
    Bernadette Rafferty hatte die ganze Zeit nichts gesprochen, nur geweint. Sie hatte mein tiefempfundenes Mitgefühl. Mütter haben eine wesentlich engere Bindung an ihre Kinder. Vielleicht deshalb, weil sie sie neun Monate lang unter ihrem Herzen tragen.
    ***
    »O nein, nein, nein!« seufzte der schwule Fotograf. »Was ist denn heute bloß los mit dir, Daphne? Ich bitte dich, an etwas Schönes zu denken, und du ziehst einen Flunsch, daß man meinen könnte, es gäbe keine Männner mehr für uns beide. Ich brauch’ den Glanz des Glücks auf deinem Gesicht und ein freudiges Strahlen in deinen Augen.«
    Es war August. Und es war heiß im Studio, schon allein durch die hohe Tagestemperatur bedingt und noch gefördert von den grellen Scheinwerfern und dem dicken Waschbärmantel, den Daphne Rafferty anhatte.
    »Hunderttausende Frauen müssen sehen,
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