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1866 - Am Ende einer Hoffnung

Titel: 1866 - Am Ende einer Hoffnung
Autoren: Unbekannt
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Endgültigkeit war es, die mir angst machte.
    Alles in mir schrie nach Vergeltung, nach Rache für milliardenfaches Leben, das die Tolkander ausgelöscht hatten, für zerstörte Planeten und zu Novae gewordene Sonnen.
    „Servo", hörte ich mich sagen, während meine Fäuste sich unablässig öffneten und wieder schlossen, „gib mir die augenblickliche Position der RICO!"
    Das ist unnötig, Atlan.
    Ich achtete nicht auf den Logiksektor. Was wußte er schon von den Gefühlen, die einen Menschen - einen Arkoniden - tief im Innersten aufwühlen, die sein Blut in Wallung bringen und jeden klaren Gedanken unterdrücken?
    Die Vernunft hat uns nicht weitergebracht. Wenn wir jetzt nicht die Waffen sprechen lassen, wann dann? Ich werde kämpfen und dabei sterben, aber das bin ich mir selbst schuldig. Andernfalls müßte ich jede Achtung vor mir verlieren. Ich nehme soviel von dieser verfluchten Tolkanderbrut mit wie irgend möglich.
    Vor mir stabilisierte sich ein Hologramm. Saturn prangte beinahe bildfüllend mitten in der Kabine; überdeutlich war Mimas mit seiner von Einschlagskratern übersäten Oberfläthe zu erkennen. Die RICO stand schräg über dem Ringsystem, außerhalb des Schlagschattens, den der Riesenplanet warf.
    Ein mächtiger Kloß saß in meiner Kehle.
    „Wir greifen die Tolkander an!" stieß ich hervor. „Mit allem, was wir haben."
    Wann wachst du endlich auf, alter Narr?
    Benommen schüttelte ich den Kopf, massierte mit den Fingerspitzen die Schläfen und fuhr mir mit beiden Händen durchs Haar. Tief atmete ich ein, hielt die Luft an und versuchte, mich zu konzentrieren. In meinem Schädel summte es wie in einem Hornissennest.
    Selbst ein potentiell Unsterblicher ist nicht dagegen gefeit, sich zu verausgaben, meldete sich der Logiksektor erneut, weit versöhnlicher als zuvor. Wem nutzt du, wenn du deinen desolaten Zustand auf die Spitze treibst?
    Saturn und seine Monde sahen aus wie immer. Keine Anzeichen von schwerem Beschuß.
    „Wie viele Igelschiffe stehen im Solsystem?"
    „Innerhalb des Ortungsbereichs keine. Es sei denn, die Invasoren haben sich in den Schutz der Sonnenkorona zurückgezogen."
    Ich hatte geträumt, schlicht und einfach geträumt. Ein verheerender Alptraum. Noch dazu derart intensiv, daß ich nach dem Erwachen immer noch fest im Bann des Erlebten gestanden hatte.
    „Wie spät ...?"
    Der Servo blendete die Uhrzeit ein. Es war kurz nach Mitternacht terranischer Standardzeit, ich hatte gerade eine Handvoll Schlaf erwischt. Wieder nur eine Stunde im Antigravbett. Der Extrasinn hatte recht: Auf Dauer trieb ich Raubbau mit mir selbst und baute ein Defizit auf, das selbst der Aktivatorchip nicht mehr ausgleichen konnte.
    Die Vibrationsdusche rüttelte mich endgültig wach. Danach wählte ich belebende Wasserstrahlen, abwechselnd heiß und kalt, und ich verzichtete auf die automatische Trocknung, sondern frottierte mich mit einem Handtuch ab. Die Wirkung auf meinen Körper war belebender als alles, was die Technik bieten konnte.
    Das Wasser schwemmte die Schatten des Alptraums endgültig fort.
    Hoffentlich nicht in die Wiederaufbereitung.
    Welcher Galaktiker hat in diesen Wochen keine Alpträume? gab ich lautlos zurück. Ich befinde mich bestimmt in guter Gesellschaft.
     
    2.
     
    In der Zentrale der RICO war Ruhe eingekehrt. Das Schiff hielt einen weiten Orbit um Saturn.
    Außerdem war das GILGAMESCH-Modul nicht abgekoppelt, sondern flog innerhalb des Verbunds.
    Nach der Vernichtung Goeddas und der Rückkehr aus dem Brutkosmos hatte Myles Kantor nur noch Kallia Nedrun sehen wollen. Er hätte sich eines Transmitters bedienen können, um zu Kallia auf Mimas zu gelangen, doch da war außerdem die Notwendigkeit gewesen, den auf tragische Weise ums Leben gekommenen Vandemar-Zwillingen die letzte Ehre zu erweisen. Und Nadjas und Milas sterbliche Hüllen waren eben an Bord der GILGAMESCH gebracht worden.
    Einige Besatzungsmitglieder wollten Haltung annehmen, als Atlan die Zentrale betrat, aber der Unsterbliche winkte nur ab.
    „Besondere Vorkommnisse?"
    Nichts Außergewöhnliches zweifellos, dessen war er sich klar, sonst hätte Gerine ihn wecken lassen.
    „Auf allen Frequenzen nur ein Thema", antwortete seine Stellvertreterin, „als könnten die Galaktiker gar nicht oft genug hören, daß Goedda vernichtet wurde."
    „Demzufolge stapeln sich die Dankadressen?"
    Gerine musterte den Arkoniden schräg von der Seite. Ungefähr so, wie sie auch ein mehrköpfiges Kalb betrachtet hätte: mit einer
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