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1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

Titel: 1825 - Schreie aus dem Fegefeuer
Autoren: Jason Dark
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alles in Ordnung, aber nicht nach innen, da erlebte sie ein großes Durcheinander.
    Sie schaute den Beamten an, dem dieser Blick schon seltsam vorkam. »Ist wirklich alles in Ordnung?«, wollte er wissen.
    Edith nickte. »Eigentlich ja. Das kann man sagen. Es ist alles in Ordnung.«
    »Und tatsächlich?«
    »Sie sind Menschenkenner, wie?«
    »Ach nein«, er winkte ab. »Das will ich nicht sagen. Ich habe nur meine Erfahrungen sammeln können.«
    »Und wie sehen die aus?«
    »In Bezug zu Ihnen?«
    »Genau.«
    »Das ist recht simpel. Ich habe den Eindruck, dass Sie mit Problemen zu kämpfen haben.«
    Edith nickte. »Bingo.«
    »Aha. Und könnte ich Ihnen helfen, wenn sich die Probleme hier auf den Zug beschränken?«
    »Nein oder ja. Mist, ich bin schon durcheinander, aber hören Sie zu, bitte.«
    »Gern.«
    »Können Sie sich daran erinnern, dass in diesem Abteil noch jemand außer mir gesessen hat? Ein jüngerer Mann, der auf dem Platz dort saß?« Sie deutete hin.
    Der Schaffner überlegte nicht lange. »Ja, das kann ich. Daran erinnere ich mich.«
    »Oh, das ist gut.«
    »Und weiter?«
    »Dieser Mann ist verschwunden.«
    »Ausgestiegen?«
    »Nein, verschwunden.«
    »Wie?«
    »Weg. Einfach weg. Er hat sich in Luft aufgelöst, als es dunkel war und wir durch den Tunnel fuhren.«
    »Aha. Und Sie waren dabei?«
    »Ja, das war ich. Ich war tatsächlich dabei. Als das Licht ausfiel, sprach ich ihn an, aber er gab mir keine Antwort. Und dann, als wir den Tunnel hinter uns hatten und es wieder hell wurde, da saß er nicht mehr auf seinem Sitz.«
    »Ja, dann hat er das Abteil wohl verlassen.«
    »Nein, das hat er nicht. Ich hätte das Öffnen der Tür nämlich gehört.«
    Der Schaffner nickte, ohne richtig überzeugt zu sein. »Und wo steckt er jetzt?«
    »Das genau ist die Frage, die ich nicht beantworten kann. Jedenfalls ist er nicht mehr da. Oder sollte ich mich irren, und er ist Ihnen auf dem Gang begegnet?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Wieso?«
    »Mir begegnen viele Menschen auf dem Gang und in den Abteilen. Da hat man schon einiges zu schauen.«
    »Können Sie sich denn an meinen Mitreisenden erinnern?«
    »Das ist schwer.«
    »Versuchen Sie es.«
    »Ja, ich weiß. Ich weiß genau, was Sie damit sagen wollen. Aber ich kann mich nur daran erinnern, dass dieses Abteil mit zwei Personen besetzt war. Das ist alles. Jetzt fragen Sie mich nur nicht, wie der Mann ausgesehen hat.«
    »Schon gut. Er ist ja weg.«
    »Ja, gegangen.«
    Edith schüttelte den Kopf. »Nein, er ist nicht gegangen, er ist verschwunden und muss sich vorher in Luft aufgelöst haben. So einfach und doch so schwierig ist es.«
    »Da sagen Sie was.«
    »Man müsste nach ihm suchen lassen.«
    »Reisende können nicht einfach so verschwinden.«
    »Das sagen Sie.«
    »Und dabei bleibe ich auch, gute Frau.«
    Edith verzog die Lippen. »Sagen Sie nicht so was. Ich bin keine gute Frau. Ich will nur wissen, was mit dem jungen Mann passiert ist, der mit mir hier gesessen hat.«
    »Der hat das Abteil verlassen.«
    »Das weiß ich auch. Ich frage mich nur, wie er es verlassen hat, mein Lieber.«
    Der Schaffner lächelte breit. »Auf seinen Füßen natürlich. Oder ist er geflogen?«
    Edith war sauer. »Schon gut«, presste sie hervor, »ich weiß, dass Sie mich nicht ernst nehmen.«
    Da gab der Schaffner keine Antwort. Dafür schaute er auf seine Uhr und sagte: »So, es tut mir leid, aber ich muss weiter, wenn Sie verstehen. Der Dienst.«
    »Ja, schon gut.«
    Er sprach noch mal zu ihr. »Aber machen Sie sich keine Sorgen. Ihr Mitfahrer wird schon wieder auftauchen. Kann sein, dass er auf der Toilette sitzt. Ich könnte nachschauen.«
    »Tun Sie das, und …« Edith sprach nicht mehr weiter. Sie blieb steif stehen, nachdem sie einen Arm angehoben hatte.
    Der Schaffner hatte gehen wollen, was er jetzt nicht tat. Er blieb neben der Frau stehen und schaute sie an.
    »Was ist denn?«
    »Hören Sie es nicht?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, was sollte ich denn hören? Sagen Sie es.«
    »Die Schreie, die leisen Schreie …«
    ***
    Der Schaffner sagte nichts. Er stand auf dem Fleck und hielt den Blick auf die ältere Frau gerichtet, die nichts mehr sagte und nur da stand und horchte.
    Der Schaffner fing sich wieder. »Schreie? Sie haben Schreie gehört?«
    »Ja.«
    »Und wo?«
    »Hier …«
    Mehr sagte sie nicht, und der Schaffner fragte sich, ob er einen Schaden hatte. Aber den hatte wohl mehr sie, denn Schreie waren wirklich nicht zu hören.
    Er schüttelte den
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