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1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

Titel: 1825 - Schreie aus dem Fegefeuer
Autoren: Jason Dark
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lassen Sie mich mit Ihrem Geschwätz in Ruhe. Ich will diesen Mist nicht mehr hören. Ist das klar für Sie?«
    »Ja, das ist es. Aber warum wollen Sie der Wahrheit nicht ins Auge sehen? Das ist doch nicht schlimm.«
    Er musste lachen und deutete mit dem Zeigefinger gegen sich. »Weil es Ihre Wahrheit ist oder nur eine dumme Anmache. Nicht mehr und nicht weniger.«
    Die Frau nickte. »Also gut«, sagte sie und zupfte an ihren graublonden Haaren. »Wenn Sie so sensibel sind, kann ich daran nichts ändern. Und das ist auch egal.« Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. »Ich will mal sagen, dass wir pünktlich sind.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Das ist ganz einfach. Es wird nicht mehr lange dauern, dann haben wir den Tunnel erreicht.«
    »Na und?«
    »Ich meine nur. Nicht, dass Sie sich erschrecken.«
    »Keine Sorge, ich bin Fahrten durch Tunnels gewohnt und habe meine Kindheit schon hinter mir.«
    »Wie Sie meinen.«
    Urs Meyer wusste nicht mehr, was er noch sagen sollte. Er schaute jetzt durch das Fenster und konzentrierte sich wieder mehr auf sich. Da stellte er fest, dass der Schweiß auf seiner Stirn kalt geworden war. Jetzt fühlte er sich an wie eine dünne Fettschicht.
    »Jetzt kommt er, junger Mann!«
    Das hätte die Frau ihm nicht zu sagen brauchen. Urs Meyer erlebte es selbst, als der Zug in die Röhre hinein raste und von ihr verschluckt wurde.
    »Ja«, sagte die Frau, »jetzt sind wir drin. Ich heiße übrigens Edith.«
    »Aha.« Mehr sagte Urs nicht. Sie fuhren durch den Tunnel, aber im Abteil war es nicht finster geworden, denn das Licht an der Decke brannte weiterhin.
    Die Reisenden saßen sich gegenüber und schauten sich an. Urs Meyer ging es gar nicht gut. Er presste die Lippen zusammen und starrte nach vorn, aber auch ins Leere.
    Im Zug selbst war es ruhiger geworden. Hatten sie vor dem Tunnel noch Stimmen und Geräusche gehört, so waren diese nicht mehr vorhanden. Eine ungewöhnliche Stille hatte sich ausgebreitet. Sie schien sogar noch stärker zu sein als die Zuggeräusche. Minute würde sich an Minute reihen, bis das Ende des Tunnels erreicht war.
    Edith deutete ein Kopfschütteln an und fragte: »Haben Sie vielleicht ein komisches Gefühl?«
    »Nein, warum?«
    »Ich meine nur.«
    Meyers Stimme klang ärgerlich. »Sie müssen doch einen Grund für Ihre Frage haben.«
    »Den habe ich auch. Sie kommen mir so anders oder ungewöhnlich vor.«
    »Wie?«
    »Kann ich auch nicht genau sagen. Als wären Sie in tiefe Gedanken versunken.«
    »Nein, das bin ich nicht.« Er lachte. »Ich warte nur darauf, dass der Tunnel zu Ende ist.«
    »Ich auch. Es ist doch etwas anderes, wenn man auf eine Landschaft schaut und nicht gegen Wände, wobei hin und wieder ein paar Lichter blinken. Das meine ich.«
    Urs Meyer wollte etwas erwidern, aber er hielt sich zurück, denn es geschah etwas Neues.
    Das Licht fing an zu flackern. Einige Male wurde es dunkel, dann wieder hell und schließlich wurde das Flackern hektischer, als stünde die Lampe kurz vor ihrem Exitus.
    Edith schaute hoch. »Was soll das?«, murmelte sie.
    »Ja, das frage ich mich auch.«
    »Wir sind doch nicht mehr in den alten Bahnen. Man hat alles so neu gemacht und ist stolz darauf.«
    Meyer winkte nur ab. Er hatte keine Lust, sich mit irgendwelchen Dingen auseinanderzusetzen. Er wollte seine Ruhe haben, aber seltsam war es schon. Deshalb schielte er auch immer wieder zur Decke hin. Dort flackerte das Licht munter weiter.
    Plötzlich war es weg!
    Von einer Sekunde zur anderen, und schlagartig hatte sich die Dunkelheit ausgebreitet.
    Stockfinster wurde es!
    ***
    Damit hatte keiner der beiden Fahrgäste gerechnet. Edith erschrak darüber sogar so intensiv, dass sie einen leisen Schrei von sich gab. Es wurde nicht mehr hell, es gab auch kein Flackern, die tiefe Dunkelheit blieb bestehen.
    Edith lachte künstlich auf. Urs Meyer lachte nicht. Dann fing sie an zu sprechen. »Das ist mehr als seltsam. Nein, Spaß macht das nicht, muss ich sagen. Ehrlich nicht. Das habe ich nicht erwartet. Sie denn?«
    Edith erhielt keine Antwort.
    »He, was ist?«, fragte sie.
    Ihr Gegenüber sagte wieder nichts.
    Edith stieß eine leise Verwünschung aus. »Reden Sie etwa nicht mehr mit mir?«
    Es blieb erneut still, und die Frau fing an, sich zu ärgern. Dass jemand so stur sein konnte, damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Dann eben nicht.«
    Sie hatte keine Lust mehr, etwas zu sagen. Dieser Mensch war schon mehr als seltsam. Normalerweise hätte er etwas sagen müssen.
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