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1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

1825 - Schreie aus dem Fegefeuer

Titel: 1825 - Schreie aus dem Fegefeuer
Autoren: Jason Dark
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Kopf. »Ich höre nichts.«
    »Konzentrieren Sie sich.«
    »Unsinn. Sie bilden sich da was ein.«
    »Nein, es waren und es sind Schreie.«
    Der Schaffner wollte gehen, das sah man ihm an. Schließlich riss er sich zusammen. Er wollte der Frau einen Gefallen tun, lehnte sich gegen die Abteiltür und lauschte.
    Edith tat nichts. Sie reduzierte sogar ihren Atem. Auf keinen Fall wollte sie stören, aber sie ließ den Schaffner nicht aus dem Blick. An seinem Gesicht war abzulesen, was er dachte und ob er etwas dachte.
    Und er hörte es.
    Es war verrückt, aber er bildete sich das nicht ein. Irgendwo war Jemand, der schrie. Und diese Schreie erreichten seine Ohren. Sie waren nicht laut und auch nicht leise, sie waren einfach nur da.
    Die Frau hatte recht. Jemand schrie. Aber wo steckte dieser jemand, dass seine Schreie zu hören waren? Konnte es sein, dass er sich in der Nähe aufhielt? Vielleicht in einem anderen Abteil? Oder etwa draußen auf dem Gang?
    Der Schaffner bekam es nicht in die Reihe, aber er wusste auch, dass er sich die Schreie nicht einbildete. Sie waren da. Sie waren in seinem Kopf.
    Edith hatte ihn genau beobachtet. Sie sah auch die Veränderung in seinem Gesicht und konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Nur ein paar Sekunden später sprach sie ihn an.
    »Na, habe ich recht?«
    Der Schaffner drehte ruckartig den Kopf. Das Blut war jetzt aus seinem Gesicht gewichen. Die Haut hatte eine sehr blasse Farbe angenommen, doch das war im Moment nicht relevant für sie.
    »Hören Sie was?«
    Der Schaffner sagte nichts.
    Sie wiederholte die Frage und vernahm zunächst nur ein Stöhnen aus seinem Mund.
    »Das sind doch Schreie – oder?«
    So direkt darauf angesprochen, nickte er und gab auch eine Antwort. »Ja, das sind Schreie gewesen.«
    »Die Sie gehört haben?«
    »Mein Gott – ja.«
    »Dann ist ja alles okay.« Sie zuckte mit den Schultern und lächelte. »Ja, das muss man so sehen. Es ist alles okay, Sie sehen oder hören, dass ich Ihnen keinen Bären aufgebunden habe.«
    Der Schaffner nickte. Dann beugte er sich nach vorn und stützte sich ab. Er suchte nach Worten, verdrehte die Augen und fragte dann: »Aber woher? Woher stammen die Schreie?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Da muss jemand ein elektronisches Gerät bei sich haben, das diese Schreie abgibt.«
    »Meinen Sie?«
    »Klar – oder?«
    »Ich weiß es nicht.«
    Der Schaffner trat mit dem Fuß auf. »Haben Sie denn eine andere Erklärung?«
    »Nein, und doch muss es eine geben.« Edith blieb standhaft. »Ich gehe mal davon aus.«
    »Welche denn?«
    »Eine unheimliche«, flüsterte sie. »Haben Sie schon mal den Begriff gehört, dich holt der Teufel?«
    »Habe ich.«
    Edith warf dem Mann einen bedeutungsvollen Blick zu, bevor sie weitersprach. »Das ist es. Dieser Reisende ist, als wir durch den Tunnel fuhren, vom Teufel geholt worden. Er steckt jetzt mitten in der Hölle. Deshalb auch seine Schreie. Denn er leidet Qualen, Höllenqualen.«
    Der Schaffner blies den Atem aus. »Sie – Sie machen mir direkt Angst.«
    »Dafür kann ich nichts. Aber denken Sie über meine Worte nach und lauschen Sie.«
    »Ja, ja …«
    Beide lauschten, und beide hörten sie die leisen Schreie aus dem Hintergrund.
    Der Schaffner schüttelte den Kopf. »Das ist nicht zu begreifen«, sagte er. »Ich weigere mich einfach.«
    »Welche Erklärung haben Sie denn?«
    »Noch keine exakte.«
    »Und ansonsten?«
    Der Schaffner öffnete den Mund und holte tief Luft. »Es kann immer noch sein, dass sich jemand hier versteckt hält und sich einen Scherz erlaubt.«
    »Gut, das ist Ihre Meinung.«
    »Und die Ihre?«
    »Die kennen Sie.«
    »Haha …« Er lachte leicht meckernd. »Der Teufel, wie?«
    »Ja, genau der.«
    Der Schaffner winkte ab. »Egal, ich muss weiter. Aber ich komme später noch mal vorbei.«
    »Tun Sie das. Aber ich an Ihrer Stelle würde noch bleiben.«
    »Wieso?«
    Edith deutete auf den Platz, auf dem ihr Mitfahrer gesessen haute. »Schauen Sie mal, was da passiert.«
    Der Mann starrte hin. Sein Gesichtsausdruck sprach Bände. Er hatte die Augen weit geöffnet und sah zu, wie jemand aus einer anderen Welt zurückkehrte und sich allmählich materialisierte …
    ***
    Das war zu viel für ihn. Das war unheimlich, das war auch grauenhaft. Das gehörte in einen Gruselfilm und nicht in die Realität.
    Aber es war die Wirklichkeit, und der Schaffner erlebte den Vorgang schlimmer als die Frau. Er stammelte irgendwelche Worte, während er zuschaute, was auf dem Sitz
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