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182 - Im Dorf der Telepathen

182 - Im Dorf der Telepathen

Titel: 182 - Im Dorf der Telepathen
Autoren: Ronald M. Hahn
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aus dem Hintergrund.
    »Lug und Trug.«
    Malie und die anderen schauten sich an.
    Theopheel deutete auf seinen Kopf. »Wenn ihr mir nicht glaubt… Ich öffne mich. Schaut selbst.«
    Die Sinne aller Anwesenden tasteten nach seinem Geist. Alle, deren telepathische Kraft groß genug war, stöhnten auf, als sie die Wahrheit sahen. Das Universum war nur eine kleine Zelle.
    »Wo sind Graf Zarrat und seine Soldaten?«, fragte ein rothaariges Mädchen, das Malie auf vierzehn Jahre schätzte. »Und wo sind Xordimor und seine Garde?«
    Abgeschaltet. Malie dachte es so heftig, dass alle Umstehenden sie empfingen. Sie werden nicht mehr gebraucht. Sie waren nur Außenposten der Macht, um unser Innenleben zu analysieren.
    Das ganze Universum hier, dachte Theopheel traurig und breitete die Arme aus, ist nur eine drittklassige Wartehalle für drittklassige Telepathen.
    Ihr seid nicht drittklassig, dachte Malie wütend. Keiner von euch ist drittklassig. Die Macht sortiert nach esoterischen Kriterien. Als Telepathin war Aruula die Schwächste von uns, und doch hat sie die Prüfung bestanden!
    Nach welchen Kriterien sortiert die Macht?, fragte das Mädchen.
    Nach intellektueller Brillanz? Der Vorschlag des Bärtigen klang ironisch.
    Ein Kichern aus Theopheels Richtung. Nach Schönheit und Jugend?
    Malie zuckte die Achseln. Man kann gutmütige Menschen leichter ausnutzen als Leute, die ihre Ideen und Stärken für sich behalten: Egoisten. Vielleicht ist dies ein Kriterium, das der Macht beim Sortieren… bei der Aufstellung ihrer Truppen wichtig ist.
    Malie hörte, dass die meisten Telepathen schluckten.
    Offenbar mussten sie einen ziemlichen Brocken verdauen. Kein Wunder: Wer ließ sich schon gern sagen, dass er ein latenter Egoist war?
    Dann ist nicht… Schwäche unser Makel, sondern Stärke?
    Der Gedanke stammte von der blonden Frau.
    Es ist nicht auszuschließen. Malie nickte Wir sind vielleicht zu egoistisch – und damit schwieriger manipulierbar.
    Diese Eigenschaft macht uns zu einer potentiellen Gefahr für die Macht…
    Alle schauten sich an. Wenn Malies Annahme stimmte, war es aus mit ihnen.
    Wenn die Macht in ihnen nicht nur lästige Hinterfrager sah, sondern auch potenzielle Aufrührer, hatte sie keinen Grund, sie je wieder ins Leben zurückzuschicken – auch nicht nach dem Sieg über den Feind.
    Malie musterte die ihr aus Dymonton bekannten Telepathen und zeigte ihnen Bilder ihrer Alter Egos. Sie schauten sich die Gedanken an und verstanden sie ohne Worte. Allen war eins klar: Niemand konnte über einen längeren Zeitraum hinweg in einem quasi-hypnotischen Zustand existieren. Irgendwann würde ihnen ein unbedachter Schritt den Hals brechen. Da man ihnen nur Suppe und Brotstückchen einflößen konnte, würden sie bald vom Fleisch fallen und an Organversagen sterben.
    »Wie lange haben wir noch?«, fragte Theopheel.
    »Ein paar Tage, schätze ich. Vielleicht eine Woche.«
    Malie zuckte die Achseln. »Es sei denn«, – sie deutete auf den Turm – »wir finden das Tor, durch das Aruula und ich gegangen sind.«
    »Aber ihr hattet die Prüfung bestanden«, warf Theopheel ein.
    »Aruula hatte sie bestanden – ich nicht«, gab Malie zu.
    »Aber es gelang mir, mich körperlich und geistig an ihr festzuklammern, und so nahm sie mich mit zurück in die Wirklichkeit, als wir durch das Tor traten!«
    Niemand sagte etwas. Malie schaute unbehaglich in die Runde. Sie fragte sich, ob sie das Geheimnis lüften und damit vielleicht falsche Hoffnung schüren sollte.
    Und wusste sie denn, ob nicht der Weiße Ritter in einer Maske unter ihnen weilte?
    »Ich sehe einen Weg für uns alle, zurückzukehren, wenn wir erst das Tor gefunden haben«, formulierte sie vorsichtig. »Aber wir müssen uns beeilen. Ich weiß nicht, wie lange diese Möglichkeit noch besteht.«
    ***
    Sie sandten kleine Gruppen aus, die nach dem Tor suchen sollten. Der Weiße Ritter hatte gesagt, es sei nicht mehr dort, wo es zuletzt gewesen war. Obwohl die Telepathen es für Unfug hielten, Selims artifizielle Seelenhülle zu bestatten, ließ Theopheel es sich nicht nehmen, mit der Axt eine Grube auszuheben. Zwei Frauen, denen er in seiner Verbissenheit Leid tat, gingen ihm schließlich zur Hand.
    Auch Malie beteiligte sich an der Suche. Sie war allein aufgebrochen. Als sie nun durch die Trümmer der alten Stadt wanderte, fragte sie sich, was aus der Seele wurde, wenn der Körper in der realen Welt starb. Musste sie für alle Zeiten auf dieser Ebene bleiben? War die
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