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180 - Die Enkel der Astronauten

180 - Die Enkel der Astronauten

Titel: 180 - Die Enkel der Astronauten
Autoren: Jo Zybell und Mia Zorn
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Bist du bereit?«
    »Ja!« Joan fühlte sich warm und leicht. Etwas berührte ihren Hals. Ihr Körper begann zu beben. Die Sandschwaden senkten sich. Die Straße war verschwunden. Vor ihr ragte der Uluru grau aus der Erde. Als sie sich ihm näherte, bemerkte sie, wie der Monolith sich bewegte. Seine Oberflächen dehnten sich aus und zogen sich wieder zusammen. Wie bei einem atmenden Menschen. Joan beugte sich vor und berührte den Felsen. Ein heftiger Ruck durchfuhr sie. Sie flog durch die Luft. In ihrem Kopf brach ein Feuerwerk los.
    Bilder und Gedanken sprangen wie Gummibälle gegen ihre Schädeldecke. Schließlich sah sie sich, von weit oben, auf der Straße vor dem Bus stehen. Ihre Hand umklammerte die Wurzel der Alten. Inga stand neben ihr. Aus weiter Ferne wurde ihr Name gerufen. »Joan!«
    Dann fiel sie.
    Zurück in ihren Körper.
    »Bist du in Ordnung?« Inga legte besorgt den Arm um sie. Joan schaute sich verwirrt um. Die Anangu waren verschwunden.
    »Schau nur, die Alte hat dir ein Tschurunga geschenkt!« Inga berührte die Kette an Joans Brust. An einem aus Pflanzenfasern geflochtenem Band hing eine kleine hölzerne Scheibe. Auf solchen Medaillons pflegten die Eingeborenen magische Botschaften auszutauschen.
    Das Tschurunga an Joans Hals zeigte einen Berg, über dem ein Auge schwebte.
    ***
    Im Erdgeschoss des Forschungsinstituts Strehlow wurden die Teilnehmer von einer Gruppe Männer und Frauen begrüßt. Sie stellten sich als ihre Gastgeber vor. Es waren australische Wissenschaftler und etliche Anangu.
    Carlos bemerkte eine erwartungsvolle Aufregung bei den Gastgebern. Die eingeladenen Teilnehmer wirkten eher verkrampft. Selbst Inga, die immer etwas zu tuscheln hatte, saß schweigend und mit verschränkten Armen und Beinen auf ihrem Stuhl. Joan verzog keine Miene. Seit der merkwürdigen Begegnung am Bus hatte sie nicht mehr gesprochen.
    Unter den älteren Anangumännern fiel Carlos ein junger Bursche auf. Er trug Shorts und ein offenes Leinenhemd. Seine Brust war übersät mit Tätowierungen. Ein Vorderzahn fehlte.
    Carlos hatte gehört, dass während Initiationsritualen den Körpern der Jungs mit Steinmessern tiefe Wunden zugefügt wurden. Außerdem schlug man ihnen einen Vorderzahn aus.
    Der junge Mann trug über seinen dunklen Locken ein Stirnband aus Leder. Er hatte hellblaue Augen; ungewöhnlich für einen Anangu. Wie kleine Lampen leuchteten sie in Carlos’ Richtung. Ihre Blicke trafen sich.
    Carlos fühlte sich unbehaglich. Unwillkürlich dachte er: Er braucht mich. Der Junge lächelte. Carlos nickte ihm verstohlen zu.
    Eine ältere Frau erhob ihre Stimme: »Mein Name ist Victoria Swaff. Ich bin Archäologin und lebe seit meiner Jugend mit den Anangu. Vor einigen Jahren kamen die Stammesführer Loritja und Pitjantatjara zu mir und baten um Hilfe. Sie behaupteten, ein mächtiges Feuer würde kommen und die Erde zerstören. Ihre Ahnen hätten ihnen einen Ort gezeigt, an dem die Menschen überleben könnten. Sie brachten mich in ein Höhlensystem der Kata Tjuta. Sie nannten es ›Red Toad‹ – die ›Rote Kröte‹.« Dr. Swaff schaute die Zuhörer erwartungsvoll an.
    Einige der Teilnehmer rutschten unruhig auf ihren Stühlen hin und her. Andere hüstelten nervös oder scharrten mit den Füßen. Carlos fielen sofort seine Träume ein. Das Feuer und die Riesenkröte. Doch es blieb ihm keine Zeit zum Nachdenken.
    Dr. Jerimias Ahms, ein kleiner Mann mit Glatze, meldete sich zu Wort. »Ich arbeite seit Jahren mit meinen Kollegen an der Symbolik verschiedener Felsenzeichnungen und Tschurungas.« Dr. Ahms hob die Hand, und der Raum wurde verdunkelt. Bilder erschienen auf einer Leinwand.
    »Diese Dias erzählen ein und dieselbe Geschichte.« Dr. Ahms nahm einen Laserpointer zur Hand. »Das Land steht in Flammen, die Erde brennt.« Das Bild wechselte.
    »Und hier sehen Sie Menschen und Tiere in einer unterirdischen Stadt.« Dr. Ahms betätigte erneut den Transportknopf des Projektors. »Achten Sie auf die Einzelheiten.« Er vergrößerte das Dia. »Sie erkennen sogar die technische Ausstattung dieser Stadt. Verblüffend, oder?«
    Carlos beugte sich vor. Die Wandbilder zeigten ein mehrstöckiges Höhlensystem. Die Etagen waren mit einer Art Fahrstuhl verbunden. Gewächshäuser und etwas, das ihn an Wasseraufbereitungsanlagen erinnerte, waren zu sehen. Carlos hielt die Luft an. Er konnte deutlich Labors und einen OP-Saal mit Röntgenapparat sowie Computern erkennen.
    Mit einem Taschentuch tupfte sich Dr.
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