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1768 - Maschtaren sehen alles

Titel: 1768 - Maschtaren sehen alles
Autoren: Unbekannt
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antworte, Gedeon! Und diesmal keine Ausflüchte."
    Gedeon überlegte sich die Antwort kurz, dann sagte er: „Es ist nicht meine Art, durch Intrigen Karriere zu machen. Mein einziger Beweggrund war, über dich Maschtar Kaiddan dienen zu können. Das ist die Wahrheit."
    „Wer hat so etwas Verschrobenes schon je gehört", zeigte sich Gessis verständnislos.
    „Maschtar Kaiddan hat doch nicht einmal gewußt, daß es dich als meinen Perrel gibt."
    „Wer weiß..."
    „Lassen wir den Unsinn. Mach hier Ordnung! Und stör mich nicht, während ich auf die Verkündung der Maschtaren warte."
    Dieser Gedeon mußte ein ganz abgefeimter Bursche sein, dessen war sich Gessis inzwischen sicher. Wollte ihm weismachen, daß er lieber Perrel im Dunstkreis eines bestimmten Maschtars war, als selbst Assistent eines anderen zu werden. Tatour hätte er das ohne weiteres abgenommen, nicht jedoch einem Mann wie Gedeon.
    Gessis erinnerte sich in diesem Zusammenhang eines wichtigen Abschnitts seiner Kindheit. Es war unter den Zöglingen üblich, den jüngeren bei jeder sich bietenden Gelegenheit zuzusetzen. Das geschah auf vielfältige Weise. Wenn sie noch ganz klein und von Fassys betreut werden mußten, suchte man sie in der Dunkelheit ihrer engen Zellen auf, um ihnen Kleintiere oder Unrat ins Nest zu legen. Das führte in vielen Fällen dazu, daß sie lange Nestpisser blieben. Gessis war davon verschont geblieben.
    Ziel solcher Aktionen war es, Macht zu demonstrieren und sich die Jüngeren gefügig zu machen.
    Das waren die Methoden, durch die Perrele gezüchtet wurden.
    Gessis, der schon immer furchtlos und dominant gewesen war, mußte solche Anschläge ebenfalls erdulden. Er war ungefähr vier, als er eines Nachts durch Rumoren in seiner Zelle geweckt wurde und sah, wie ein um zwei Jahre älterer Zögling Unrat über seinem Schlaflager entlud. Ohne lange zu überlegen, sprang er den Älteren an, rang ihn nieder und tunkte ihn so lange in den Unrat, bis dieser, nach Atem ringend, schlucken mußte und heulend floh.
    Das brachte Gessis zwar Respekt ein, aber auch den Haß des Gedemütigten, dessen Name Untor war. Wenige Tage später wurde Gessis wieder aus dem Schlaf gerissen und beobachtete, wie Untor ein Kästchen deponierte, von dem Drähte verliefen, und diese Drähte in der Zelle auslegte.
    Es waren Vorbereitungen dafür, Gessis Elektroschocks auszusetzen. Aber er hatte Glück. Untor war nicht besonders geschickt und spielte mit Kräften, die er nicht beherrschte. Er verstrickte sich in den Drähten und begann unter den Stromstößen, die nun seinen Körper durchjagten, laut zu schreien.
    Als seine Spießgesellen ihm zu Hilfe eilten, dachten sie, Gessis hätte Untor dies angetan. Damit wurde Gessis endgültig respektiert und in den Kreis der Älteren aufgenommen. Er lernte von ihnen alle Tricks, um jüngere Zöglinge zu „erziehen" und beteiligte sich an ihren Aktionen. Untor dagegen erholte sich von dieser Niederlage nicht; Gessis traf ihn später als Fassy wieder, ohne ihm jedoch zu zeigen, daß er ihn erkannte.
    Eines von Gessis' Opfern wurde später der um zwei Jahre jüngere Tatour, ein weiteres Gedeon.
    Aber während er bei Tatour erfolgreich war - und vermutlich war es auf diese einschneidenden Kindheitserlebnisse zurückzuführen, daß Tatour heute ein wirklich begnadeter Perrel war -, scheiterte er an Gedeon. Dieser war zu willensstark.
    Als alles nichts half, beschloß er, von seinen älteren Spießgesellen unterstützt, die bewährte Schockmethode anzuwenden, um seinen Widerstand zu brechen. Gessis konnte Gedeon einmal in seiner Zelle voll erwischen und sich Genugtuung verschaffen. Aber das beugte ihn noch immer nicht.
    Als Gessis in der nächsten Nacht wieder in Gedeons Zelle kam, war diese leer. So war es auch in den folgenden Nächten. Was immer er auch unternahm, er fand Gedeon nicht. Das nahm Gessis die Lust am Vergnügen, und er wandte sich wieder anderen zu.
    Bis heute wußte Gessis nicht, wo sich Gedeon damals so gut versteckt hatte, daß er ihn nicht aufspüren konnte. Gessis fragte Gedeon natürlich nicht danach.
    Denn sowohl Tatour als auch Gedeon hatten keine Ahnung, daß Gessis einst ihr Peiniger gewesen war. Und Gessis würde sich hüten, es ihnen zu verraten. Nicht aus Prahlsucht und auch nicht in scheinheiliger Freundschaft.
    Es gab eine wichtige Überlebensregel: Geheimnisse teilte man möglichst mit niemandem und behielt sie besser für sich.
    Gessis brach den kurzen geistigen Ausflug in die Vergangenheit
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