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1750 - Karawane der Verzweifelten

Titel: 1750 - Karawane der Verzweifelten
Autoren: Unbekannt
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unvorstellbares Chaos. Sie spürten, wie die Hamamesch-Warenstücke an Wirksamkeit verloren, daß von der alten Kraft nichts mehr bleiben würde.
    Dies war das Schlimmste für Ertruser: mit aller Kraft nichts tun können, einem Schicksal ausgeliefert sein.
    Es dauerte Stunden, bis die Kolosse gebändigt wurden.
    Und aus der drangvollen Enge ihrer Hochenergiezellen forderten sie: „Gebt uns neue Warenstücke! Wir halten es nicht aus. Wir können nicht ohne das Wunder leben."
    Einer starb an Herzversagen, für einen Ertruser ein ausgesprochen unwürdiger Tod. Alle anderen zeterten noch stundenlang. Mit der Kraft ihrer Stimmen brachten sie das halbe Gebäude zum Einsturz, bis die Wächter sie akustisch stumm schalteten.
    Die ertrusische Regierung nahm das Vorkommnis durchaus ernst.
    Eine Regierung, der das Volk etwas bedeutete, versuchte auch, seine Bedürfnisse zu befriedigen. Hier war das jedoch ausgeschlossen. Sie verfügten eben nicht über Hamamesch-Waren, schon gar nicht über neuwertige.
    Sogar eine Anfrage an Titan leiteten sie in die Wege. Dort, so wußte man in der ganzen Galaxis, forschte Boris Siankow am Zauber der Hamamesch.
    Als es in der Milchstraße noch Basare gab, hatte Titan täglich Warnungen verbreitet. Jetzt sah es so aus, als stellte sich das alles als berechtigt heraus.
    Aber Siankow und seine Leute hatten nicht die geringste Ahnung, wie den Ertrusern zu helfen war.
     
    *
     
    Selbst auf Sphinx, in der Tolot-Ballung, unter den Zentrumsvölkern oder im Rusuma-System, überall erfaßte Panik die Träumer, die sich schon im Himmel gewähnt hatten.
    Meldungen über Amokläufer kamen zuerst täglich herein, dann stündlich, und am Ende fanden sie nicht einmal mehr Eingang in die Nachrichten.
    Eine Ausnahme stellte der wildgewordene Epsaler dar, der eine 30-Meter-Space-Jet kaperte.
    Da es sich um das Beiboot eines Kampfraumschiffs handelte, verfügte der Umweltangepaßte nun über tödliche Waffen. Er forderte ultimativ ein frisches Hamamesch-Warenstück - oder er wollte seine Welt dem Erdboden gleichmachen.
    Mit dem Retter aus dem Nichts, auf den mancher wohl gehofft hatte, wurde so nichts. Es fand sich keiner, dessen Schatz noch genügend Zauber ausstrahlte.
    Als der Epsaler das hörte, drehte er durch.
    Er schickte sich an, seine Drohung wahr zu machen. Mehrfach eröffnete er das Feuer auf Unschuldige, pulverisierte in seinem Wahn ganze Straßenzüge. Erst einem Kreuzer der Liga Freier Terraner, der zufällig an Ort und Stelle war, gelang es, das Beiboot abzuschießen.
    Der Schaden war immens, die Nachricht von mehr als zweitausend Toten verbreitete sich in Windeseile über die halbe Galaxis. Ein sensationslüsternes Publikum saugte die Katastrophe wie Lebenselixier in sich auf.
    Von dem Augenblick an wußte jedermann Bescheid: Die Hamamesch hatten Waren mit ausgesprochen kurzer Halbwertszeit geliefert.
    18 Milliarden Süchtige in der Milchstraße wurden zu einem gewaltigen, nicht mehr lösbaren Problem.
     
    *
     
    „Sechs Wochen noch", prophezeite Geo Sheremdoc recht düster. „Dann schwappt die Welle nach Terra über."
    „Ja", stimmte Siankow zu, „so wird es wohl kommen."
    Spät genug hatten sie bemerkt, was vor sich ging. Rechtzeitig? Wer wollte das sagen, solange es so etwas wie eine Abwehr nirgendwo gab. Seiner Meinung nach hatte Adams die entsprechenden Nachrichten aus Magellan absichtlich blockiert. Sonst hätten sie die Warnsignale wesentlich früher gesehen. Den ehemaligen Hanse-Chef konnte man allerdings nicht mehr befragen, da niemand seinen Aufenthaltsort kannte.
    Sheremdoc musterte den Wissenschaftler mit durchdringendem Blick. „Hör mal, Boris! Ich verlange von dir und deinen Leuten, daß ihr in sechs Wochen ein Gegenmittel präsentiert! Ich werde gewiß nicht zusehen, wie zwei Milliarden Irre durch die Straßen von Terra laufen."
    Siankow versuchte, dem bohrenden Blick standzuhalten. Das war gar nicht so einfach, wenn man einem Menschen von Sheremdocs Sorte gegenüberstand.
    „Wie stellst du dir das vor?" fragte er. „Wir haben ja nicht mal herausgefunden, was diesen ominösen Zauber ausmacht."
    „Arbeitet meinetwegen nachts. Oder in den Mittagspausen. Ist mir völlig gleich. Aber findet es heraus, bevor es zu spät ist. Es ist mir egal, was es kostet. Brauchst du Hilfe? Ich kidnappe dir persönlich jeden Wissenschaftler, den du willst. Und wenn es aus Andromeda ist."
    Hol mir lieber Myles Kantor, hätte Siankow fast gesagt.
    Aber das stand auch nicht in Sheremdocs Macht.
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