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1744 - Der lebende Alptraum

1744 - Der lebende Alptraum

Titel: 1744 - Der lebende Alptraum
Autoren: Jason Dark
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auf der anderen Straßenseite bewegten, sahen ihn ebenfalls nicht.
    Wann passierte etwas? Und was würde passieren?
    Ich hatte keine Lust, darauf zu warten. Ich wollte ihn aus der Reserve locken. Er hatte noch mit keiner Reaktion gezeigt, dass er mich wahrgenommen hatte. Was seitlich von ihm geschah, schien für ihn Luft zu sein.
    Nicht für mich.
    Ich änderte es.
    Meine Beretta zog ich nicht, als ich auf ihn zuging. Ich wollte unnötigen Stress vermeiden, obwohl ich damit rechnete, dass er nicht eben mein Freund war und sich auch so verhielt.
    Es wurde spannend. Ich war darauf eingestellt, dass er mich angriff, aber er tat nichts. Nach wie vor starrte er über die Straße. Ich hielt mich ebenfalls zurück und ging nicht so nahe an ihn heran, als dass ich ihn hätte anstoßen können.
    Dann stoppte ich.
    In diesem Augenblick änderte sich das Geschehen. Jetzt bewegte er sich. Er drehte mir sein Knochengesicht zu, allerdings nicht so weit, dass er mich hätte anschauen können, das brauchte er offenbar nicht, es war ihm auch so recht.
    Er sprach mich an. »Ich wusste, dass du mich verfolgen würdest.«
    »Wie schön. Hast du deshalb hier auf mich gewartet?«
    »Kann sein.«
    »Und warum?«
    Aus dem Knochengesicht drang ein leises Lachen. »Weil ich gespürt habe, dass du etwas Besonderes bist.«
    »Muss ich mir darauf etwas einbilden?«
    »Nein.«
    »Aber wer bist du?«, fragte ich.
    »Das weißt du doch. Der böse Engel. Ich bin besonders. Oder etwas Besonderes.«
    »Ja, ein Engel, der Gitarre spielt.«
    »Genau.«
    »Und sich in die Träume der Menschen schmuggelt, um sie zu manipulieren.«
    »Das ist die Wahrheit.«
    »Und was hast du davon?«
    Nach dieser Frage drehte er den Kopf so weit herum, dass ich direkt in sein Gesicht schaute. Es war kein schöner Anblick. Man konnte den Schädel einfach nur als hässlich bezeichnen, aber ich drehte meinen Blick nicht weg, denn ich wollte sehen, ob die Augenhöhlen tatsächlich leer waren oder sich dort nicht etwas manifestiert hatte.
    Nein, das war nicht der Fall. Ich sah nur die Schwärze darin, die sich mit der aus dem All vergleichen ließ. Wer lange hineinschaute, der konnte den Eindruck bekommen, darin zu versinken.
    Das war bei mir nicht der Fall. Ich hielt dem Blick stand und wartete noch immer darauf, dass etwas geschah. Auch stellte ich mich darauf ein, auf einen Angriff zu reagieren, aber auch in den folgenden Sekunden wies nichts darauf hin.
    Dass die Schlange der so unterschiedlichen Fahrzeuge an uns vorbeiflutete, das nahm ich locker hin. In diesen Augenblicken interessierte mich die Umgebung nicht.
    Dann tat Azur doch etwas. Er zog die linke Schulter hoch, und nach dieser Bewegung zog er mit einer routinierten Bewegung seine seltsame Gitarre vom Rücken weg.
    Ich sah alles überdeutlich. Er nahm sie in die Hand, sodass ich sie deutlich sah. Ich hatte es hier tatsächlich mit einer Gitarre zu tun, aber der Kasten lief an seinem unteren Ende nicht rund zu. Er war eckig und erinnerte mich fast an den Flügel eines Drachens.
    »Willst du spielen?«
    »Freust du dich darauf?«
    »Klar.« Ich hob die Schultern. »Ich mag das Lied vom Tod. Allerdings als Melodie.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Für mich hat es eine andere Aussage.«
    Nein, diese Erklärung gefiel mir ganz und gar nicht. Ich ahnte, dass etwas passieren würde, und dachte darüber nach, ob und wie ich eingreifen sollte.
    Das dauerte zu lange.
    Nicht mal eine Sekunde später verließ Azur den Gehsteig und betrat die Straße. Dabei störte es ihn nicht, dass er direkt in die Schlange der fahrenden Autos hineinging...
    ***
    Elton Brown trank auch den letzten Rest Wasser aus seinem Glas, bevor er sich an den Chiefinspektor wandte.
    »Und jetzt?«
    Tanner winkte mit beiden Händen ab. »Jetzt werden wir erst mal hier sitzen bleiben und John Sinclair agieren lassen.«
    Brown staunte. »Haben Sie denn ein so großes Vertrauen zu ihm?«
    »Klar. Sonst hätte ich ihm nicht Bescheid gesagt. Es gibt nur wenige Menschen, zu denen ich dieses Vertrauen habe. John Sinclair gehört zu ihnen.«
    Elton Brown lächelte, hob die Schultern und ließ seine Blicke über die Nachbartische gleiten, von denen nicht mehr viele besetzt waren, weil die Dämmerung kam und sich die Luft deshalb leicht abkühlte. Tanner und Brown blieben noch sitzen. Nicht weil es ihnen einen so großen Spaß machte, sie wollten erfahren, wie es John Sinclair ergangen war. Er war ja nicht alles normal abgelaufen, denn auch sie hatten die
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