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1744 - Der lebende Alptraum

1744 - Der lebende Alptraum

Titel: 1744 - Der lebende Alptraum
Autoren: Jason Dark
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Mittag, und die Dunkelheit ballte sich besonders in dem kleinen Waldstück zusammen.
    Nach wenigen Schritten tauchte ich ein in das graue Dämmerlicht. Auf meine Lampe verzichtete ich, denn noch fand ich mich hier zurecht und lief nicht gegen irgendeinen Baumstamm.
    Die Musik blieb. Sie war traurig, finster, ging unter die Haut. Wer sie hörte, der hatte augenblicklich die Bilder des Films vor Augen. Mir erging es nicht anders.
    Den Spieler sah ich nicht. Ich fühlte mich von den Klängen eingehüllt und glaubte, dass sie in meinen Kopf drangen. Es war in diesen Momenten für mich ein unglaubliches Erleben, jeder Baumstamm schien den Akkord zu verstärken.
    Wo verbarg sich der Spieler?
    Ich wollte ihn sehen und erfahren, ob er tatsächlich so aussah, wie er mir beschrieben worden war.
    War er trotz allem ein Mensch? War er ein Monster?
    Ich strengte mich an. Schaute immer wieder starr nach vorn. Sah auch nach rechts und links, denn ich fand nie richtig heraus, aus welcher Richtung mich die Melodie erreichte. Der Spieler schien ständig die Seiten zu wechseln, aber ich bekam auch mit, dass die Musik an Lautstärke zunahm, je weiter ich vorging.
    Dass hinter dem Wald eine Straße entlang führte, davon war nichts zu hören. Es gab nur die Klänge, die ich zwar als Melodie mochte, die mir hier aber allmählich auf die Nerven gingen.
    Es schien, als hätte ich einen geistigen Befehl in den Wald hineingeschickt, denn von einem Moment auf den anderen verstummte das Spiel. Es war plötzlich still, sodass ich mich fast erschreckte.
    Ich blieb stehen und wartete ab. Für allmählich verlor sich der Nachklang aus meinem Gehör, sodass ich meine Umgebung wieder normal wahrnahm.
    Mein Gehör hatte nicht gelitten. Ich nahm die mich umgebenden Laute wieder wahr. Der Wind hatte sich nicht zur Ruhe gelegt. Er wehte noch, wobei er auch die Blätter bewegte und für ein schwaches Rascheln sorgte.
    Der Verkehr floss nicht lautlos über die Straße vor mir, die ich allerdings nicht sah. Nur das immer wieder auftretende Blitzen der Scheinwerfer fiel mir auf.
    Was würde noch alles passieren? War der Spuk vorbei? Hatte der unbekannte Gitarrenspieler den Rückzug angetreten? Es war damit zu rechnen, aber richtig glauben konnte ich es nicht, und ich hatte mich nicht getäuscht.
    Auf einmal war die Stimme da. Den Sprecher sah ich nicht, aber ich wusste, dass mich die Stimme von vorn erreichte. Also musste sich die Gestalt dort aufhalten.
    »Willst du mich sehen?«
    Würde ich gern, und deshalb gab ich die entsprechende Antwort. »Ich habe nichts dagegen.«
    Er lachte.
    Ich dachte darüber nach, ob ich es mit einer echten oder einer künstlichen Stimme zu tun hatte. Die Worte klangen schon echt, aber sie hörten sich auch ein wenig künstlich an.
    »Wenn du dich zeigen willst?«, sagte ich in die Dunkelheit hinein.
    Erneut klang mir sein Lachen entgegen, aber es endete auch in einer Frage.
    »Wer, glaubst du, bin ich?«
    Die Antwort fiel mir nicht schwer. »Ich würde von einem Musiker sprechen.«
    »Gut, auch. Ein besonderer Musiker. Einer, der vom Tod spielt.«
    »Das habe ich gehört.«
    Ich sprach normal, aber ich verhielt mich nicht normal, denn ich schaute angestengt in den kleinen Wald hinein. Ich suchte nicht nur in den unteren Regionen, sondern ließ meine Blicke auch durch die Wipfel streifen, sofern sie zu erkennen waren. Das alles brachte mir nichts ein. Es gab keine Veränderung in meiner Umgebung, es sei denn, ich rechnete die allmähliche Zunahme der Dunkelheit hinzu.
    »Du weißt nichts«, hörte ich den Unbekannten sprechen. »Du weißt nicht, wer ich bin.«
    »Dann kläre mich auf.« Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, eine Antwort zu erhalten, umso überraschter war ich, dass sie trotzdem erfolgte.
    »Ich bin der böse Engel!«
    Aha! Jetzt war ich schon einen Schritt weiter. Und ein derartiger Begriff oder Name fiel in mein Metier.
    »Lautet dein Name Azur?«
    »Ja.«
    »Azur, der Engel?«
    »Auch. Ich bin so vieles. Ich bin auch ein Transporter...«
    Nein!, dachte ich, wobei mir die Filme einfielen. Das konnte er nicht meinen.
    »Wen oder was transportierst du denn?«, wollte ich wissen.
    »Menschen.«
    Ja, das nahm ich ihm sogar ab. Da brauchte ich nur daran zu denken, was Elton Brown passiert war. Dieser Ausdruck musste wortwörtlich genommen werden.
    »Und was soll das alles? Wohin transportierst du sie?«
    »Ich übe noch, aber ich bin da. Ich bin ein Albtraum, aber ich bin kein Traum geblieben, sondern echt,
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