174 - Jennifers Verwandlung
Perkins jedoch sprach das Böse, das ihn beherrschte.
Wäre der Mann ein Ghoul, ein Vampir oder ein Zombie gewesen, hätte ich nicht viel Federlesens mit ihm gemacht, aber Ray Perkins war ein Mensch, den wir für das, was er tat, nicht verantwortlich machen konnten.
Die Verantwortung dafür trug allein die Hölle, und von ihrem Einfluß wollte ich Perkins befreien.
Er wich zurück, ging um den Tisch herum, auf dem die Leiche lag.
»Himmel, Mr. Ballard, was hat der Mann?« fragte Llewellyn Spacek perplex. »Ich verstehe überhaupt nichts mehr.«
Ich nahm mir nicht die Zeit, ihn aufzuklären, denn es war wichtiger, Perkins unschädlich zu machen, und hinterher mußte er mir verraten, wo er Kolumban versteckt hatte.
»Legen Sie das Rasiermesser weg, Perkins!« verlangte ich schneidend.
»Du kannst mich mal, Ballard!« höhnte der Besessene.
»Wo ist Kolumban?«
»Keinen Schritt näher, Ballard, sonst schneide ich dir die Gurgel durch!«
»Das versuch mal!« gab ich zurück und tat den verbotenen Schritt.
Ich hatte ihn richtig eingeschätzt. Er wollte nichts riskieren, deshalb griff er mich nicht an, sondern machte auf den Hacken kehrt und stürmte davon.
Mit der Schulter rammte er eine Tür auf.
Ich folgte ihm.
Llewellyn Spacek blieb völlig konsterniert zurück. Er verstand die Welt nicht mehr. Einer seiner zuverlässigsten Angestellten war wahnsinnig geworden.
Auch ich stieß die Tür auf, und im nächsten Moment befand ich mich in der Schreinerei. »Ewiger Friede« war ein sehr vielseitiges Unternehmen.
An den Wänden lehnten halb fertige und ganz fertige Särge sowie Bretter von unterschiedlicher Größe.
Perkins federte zwischen zwei Särgen hervor und schwang ein armdickes, kantiges Holz wie eine Keule. Ich duckte mich, und das Holz surrte knapp über meinen Kopf hinweg.
Die »Keule« traf einen Plastikbehälter, in dem sich weißer Kaltleim befand. Er fiel auf den Boden, zerplatzte, und die Flüssigkeit rann zäh wie Honig auseinander.
Ich bemühte mich, den Besessenen mit dem magischen Ring zu treffen, doch irgendwie schaffte es Perkins immer wieder, den Kontakt zu vermeiden.
Als das Holz zurückschwang, streifte es ziemlich kräftig meine Schläfe. Ich sah Sterne und war einen Moment benommen. Diese Gelegenheit nützte Ray Perkins zu einer Attacke besonderer Art: Er schaltete die Tischkreissäge ein, und dann schlug er mit der Keule ein weiteres Mal zu. Ich war noch nicht ganz auf der Höhe, als ich den Treffer nehmen mußte, und so landete ich neben dem schrillenden Sägeblatt.
Das widerliche Geräusch machte mich halb taub. Perkins drückte mir das Holz auf die Kehle und schob mich an die Säge heran. Ich sollte meinen Kopf verlieren!
Der Wind, den das rotierende Blatt erzeugte, strich kalt über meinen Hals.
***
Kayba hob den Dämon, den er nicht getötet, sondern nur vorübergehend ausgeschaltet hatte, hoch und legte ihn sich über die Schulter.
Nun würde Frank Esslin bekommen, was er brauchte: eine neue, gesunde Haut - die Haut eines Dämons. Nur so konnten sie ihn retten. Wenn sie ihm auf diese Weise nicht halfen, würde er langsam, aber sicher zugrundegehen. Das ließ sich nicht länger hinausschieben.
Sobald Esslin die Haut des Dämons umhüllte, war die Gefahr gebannt. Er würde wieder auf die Beine kommen, Pläne schmieden. Einerseits war Kayba an einer Genesung des Mord-Magiers interessiert, anderseits hatte er auch Angst davor, denn dann würde Frank Esslin eine unumgängliche Entscheidung treffen müssen.
Es wäre nicht gutgegangen, wenn der Söldner der Hölle verlangt hätte, daß sie beide bei ihm blieben: Agassmea und Kayba.
Denn auf die Dauer vertrug sich der Lavadämon nicht mit der ehrgeizigen und überheblichen Tigerfrau, die meinte, etwas Besseres als er zu sein.
Es hätte schon bald Krach gegeben, oder gleich einen erbitterten Kampf auf Leben und Tod - und Frank Esslin wäre wahrscheinlich wütend auf den Sieger gewesen.
Das Problem war, daß beide Frank Esslin für sich allein beanspruchten und daß weder Agassmea noch Kayba freiwillig auf ihn verzichten wollten.
Die Genesung des Mord-Magiers würde für reichlich Zündstoff sorgen.
***
Ray Perkins entwickelte enorme Kräfte, die mich das Fürchten lehrten. Ich lag auf meinem rechten Arm, die Säge heulte an meinem Ohr, und die kreisenden Zähne konnten nur noch wenige Zentimeter von meinem Hals entfernt sein.
Der Besessene drückte wie verrückt, ich bekam keine Luft, meine Kehle schmerzte, und ich
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