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165 - Am heiligen Berg

165 - Am heiligen Berg

Titel: 165 - Am heiligen Berg
Autoren: Stephanie Seidel
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Ling glaubte inzwischen, dass ein Fluch auf ihm lastete.
    Ich bin ein so guter Herrscher! Aber wird es mir gelohnt? Nein!
    dachte er beleidigt.
    Im Januar war der gute Herrscher losgezogen, um Ti'bai zu erobern. Es hatte so viel versprechend geklungen: Ki Ling würde mehr sanshi bekommen, als er jemals tragen konnte, und seine Bauern kamen an die frische Luft. Raus aus der trüben Winterstimmung.
    Nun waren sie an der frischen Luft – und vertrugen sie nicht! Menschen aus dem Flachland erwischte in Ti'bai schnell die Höhenkrankheit mit ihren üblichen Symptomen; Kopfschmerzen, Übelkeit und Kreislaufversagen. Zudem rief die dünne Luft Halluzinationen hervor.
    Beim Marsch auf die Hochebene waren immer wieder einzelne Chinesen schreiend davon gerannt, weil sie etwas sahen, das gar nicht da war. Auch Ki Ling waren schon Geister begegnet, wie er glaubte. Sie müssen mich kennen, sonst hätten sie sich nicht ausgerechnet als Tschinnaks verkleidet, dachte er und blinzelte nervös. Seltsam nur, dass sie geflohen sind, statt anzugreifen! Warum haben sie das getan?
    »Und wo ist der verdammte Feind?«, brüllte er entnervt.
    Sofort kam der Kaiserliche Berater an seine Seite geeilt. Ki Ling zischte ihn an: »Wir sind seit Wochen in diesem grässlichen Land unterwegs! Alles was wir gefunden haben, waren kleine Siedlungen und noch kleinere Klöster! Keine Spur von sanshi, keine Spur von Kriegern! Ich will jetzt auf der Stelle einen Feind bekämpfen! Schaff mir einen heran, sonst lasse ich dich köpfen!«
    »Sehr wohl, Majestät.« Ping verbeugte sich. Dann wies er auf einen Hügel am Rande der Ebene. »Siehst du das verschachtelte Gemäuer auf der Kuppe? Es ist noch größer als dein Palast! Dort muss der Herrscher von Ti'bai wohnen.«
    »Auf ins Gefecht!«, rief Ki Ling erfreut. Er meinte natürlich das Heer, nicht sich selbst.
    Ping hob abwehrend die Hände. Man müsse erst eine Rast einlegen, erklärte er dem Herrscher, sah dessen Unmut und fügte hinzu: »Es wird auch bald dunkel! Wenn du die Männer jetzt losschickst, kannst du den Kampf nicht beobachten.«
    »Stimmt«, sagte Ki Ling mit langem Gesicht. Widerwillig gab er den Befehl, ein Lager aufzuschlagen. Dann begab er sich zur Ruhe. Sein letzter Gedanke galt dem Kaiserlichen Berater. Ping ist sehr klug! Er hat Ideen, die mir nie einfallen würden, dachte Ki Ling und nickte entschlossen. Morgen lasse ich ihn töten.
    ***
    12 Uhr mittags
    »Bei Wudan! Wie kann man so stur sein?«, rief Aruula wütend. Sie stand mit Tandra Meeru an der Randmauer vor dem Kloster. In der Ebene marschierte ein düsteres Heer auf Shi'gana zu. Aruula zeigte darauf. »Du bist nicht blind, oder? Du siehst das da unten! Es sind Cinnesen, wie wir wissen, seit ich sie letzte Nacht ausgekundschaftet habe. Warum flieht ihr nicht endlich?«
    »Wo sollen wir hin?«, fragte Tandra Meeru ruhig. »In der Weite des Landes können wir uns nirgendwo verstecken.«
    »Bei Wudan! Es gibt doch bestimmt ein paar Dörfer in Ti'bai!«
    Der Mönch lachte. »Ja, sicher. Aber diese Armee will uns angreifen. Wenn wir in ein Dorf flüchten würden, brächten wir die Bewohner in Gefahr.«
    Aruula presste die Lippen zusammen. Diese Güte ist unerträglich, dachte sie gereizt. Er tritt auf keinen Pilz, tötet keine Feinde und wil nicht mal fliehen, denn es könnte ja jemand in Gefahr geraten! Mann! Am liebsten würde ich Tandra Meeru eine reinhauen!
    Das wollte Aruula nicht wirklich, und sie tat es auch nicht.
    Stattdessen fragte sie plötzlich: »Was weißt du über die Cinnesen? Kannst du mir irgendwas über sie erzählen?«
    Tandra Meeru schüttelte den Kopf. »Ich nicht. Aber unter den Pilgern sind reisende Händler aus Ne'pa. Gut möglich, dass die schon mal in Cinna waren.«
    »Wir gehen zu ihnen«, sagte Aruula energisch, packte den Mönch am Ärmel und zog ihn mit sich fort.
    ***
    15:00 Uhr
    Im Schutze der Nacht waren Quong Hos Männer alle in der alten Klosterruine eingetroffen, die ihnen als Unterschlupf diente. Sie lag am Rand der Ebene, und man hatte von dort einen schönen Blick auf das vorbeiziehende Heer.
    Quong Ho fluchte ohne Ende. »Verdammt! Ki Ling ist schon in Ti'bai! Und wir haben die Seidentänzer noch nicht gefunden. Dieser drei Mal verfluchte Sohn einer Lan Tuc!«
    Tao trat neben Quong Ho ans Fenster. »Ich frage mich, warum er ausgerechnet auf Shi'gana marschiert? Weiß der Himmlische Hüter etwas, das wir nicht wissen?«
    Quong Ho schlug ihm ins Gesicht. »Idiot! Ki Ling ist ein Schwachkopf! Er
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