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165 - Am heiligen Berg

165 - Am heiligen Berg

Titel: 165 - Am heiligen Berg
Autoren: Stephanie Seidel
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weiß ganz sicher nicht mehr als ich! Und wenn du dich im Kloster nicht so dämlich hättest erwischen lassen, wüssten wir jetzt, ob da Brutplätze sind!«
    »Ich kann nichts dafür!« Tao wischte sich das Blut von den Lippen. »Die schwarzhaarige Barbarin ist eine Hexe! Ich habe nichts getan, und doch hat sie mich erkannt! Dann hat sie nach einem Dämon gerufen, der Yinjo heißt, und der hat mich in die Luft gezerrt! Es muss derselbe gewesen sein, der unsere Pferde umgestoßen hat, als wir den Jungen töten wollten vor drei Tagen, in der Ebene. Was machen wir jetzt, Quong Ho?«
    »Na, was schon?«, brüllte der Anführer wütend. »Wir verschwinden!«
    Quong Ho warf einen Blick auf die sanshi -Ballen, die sich kreuz und quer bis zur Decke türmten. Manche waren blutbefleckt, aber das konnte man ja heraus waschen. Er seufzte bedauernd. Wie viel mehr hätten es werden können, wenn Ki Ling nicht aufgetaucht wäre!
    »Wir bringen die Beute über die Grenze nach Ne'pa«, entschied er. »Dann kommen wir zurück und beobachten, was passiert. Falls Ki Ling das Land erobert, nehmen wir unseren Gewinn und setzen uns ab. Sonst suchen wir weiter nach den Seidentänzern. Irgendwo müssen sie ja sein!«
    »Und die Frau?«, fragte Tao.
    »Du meinst die Hexe?« Quong Ho grinste böse. »Darüber denke ich noch nach!«
    ***
    17:00 Uhr
    »Ich gebe auf«, sagte Aruula geschlagen. Sie schüttelte den Kopf. Es war ihr nicht gelungen, Tandra Meeru und seine Mönche zur Flucht zu überreden. Allmählich war es auch zu spät dafür. Die Barbarin warf einen Blick in die Ebene. Das cinnesische Heer kam heran, und viel mehr als eine Stunde würde es nicht mehr brauchen, um den Hügel zu erreichen.
    Tandra Meeru verschränkte seine Arme auf der Randmauer. Hinter ihm, auf dem Vorplatz des Klosters mit seinen verwitterten alten Steinbögen, ließ sich kaum jemand blicken. Heute war der Tag des Talumpo-Festes, der Erleuchtung des heiligen Berges, und da vergeudete kein Pilger seine Zeit mit der Betrachtung einer nahenden Armee.
    Die Männer standen oben auf den Grasflächen und beteten.
    Ihr monotones omm mani-mun klang so ruhig wie am Vortag, da war kein bisschen Angst oder Nervosität.
    Manchmal trug der Wind ein Geräusch aus der Ebene heran, das sich seltsam unerlaubt in die Gebete mischte.
    Schwerterklirren.
    Die Barbarin trat an Tandra Meerus Seite. Der junge Mönch rückte eine Winzigkeit näher, und ihre Schultern berührten sich. Aruula ließ es zu. Er schien Halt zu suchen in einer Hoffnungslosigkeit, die elender nicht sein konnte.
    »Eine Möglichkeit gäbe es noch«, sagte Aruula und seufzte. »Sie ist klein, aber es könnte funktionieren: Die Cinnesen wissen nichts über Shi'gana. Wenn wir sie davon überzeugen können, dass das Kloster uneinnehmbar ist, geben sie vielleicht auf.« Aruula zeigte hinter sich. »Du musst alle Pilger und Mönche so postieren, dass man sie von der Ebene aus sieht. In jedem Fenster, an jeder Tür, die ganze Mauer entlang und an der Treppe. Gib ihnen etwas in die Hand. Stöcke meinetwegen, oder Werkzeug. Es muss so aussehen, als wären sie bewaffnet. Sag ihnen, sie sollen dieses Gebet weiter sprechen! Ohne Pause – und laut!«
    Tandra Meeru zeigte in die Tiefe. »Die Händler aus Ne'pa haben gesagt, dass Cinnesen abergläubisch sind! Vielleicht hält der grüne Seelenstein sie fern.«
    »Wird er nicht! Es ist heller Tag, da sieht man den verdammten Kristall überhaupt nicht!« Aruula blickte über die Mauer. »Außerdem ist er gefährlich. Ich habe dir doch von den Grausamkeiten der Daa'muren erzählt!«
    Tandra Meeru lächelte. »Du hast mir erzählt, was die Anderen getan haben! Dieser Daa'mure ist seit Jahrhunderten bei uns, und er steht nur da und leuchtet! Er hat nie etwas Schlechtes getan. Im Gegenteil glauben wir, dass er Shi'gana beschützt.«
    »Mann, ich könnte dich…« Aruula brach ab, als Tandra Meeru ihre Fäuste abfing.
    »Hör mal«, sagte er sanft. Er sah sie nicht an, streichelte nur ihre Handgelenke. »Ich möchte, dass du gehst.«
    »Was?« Aruula war verblüfft. »Bist du verrückt? Ich bin die Einzige hier, die kämpfen kann!«
    »Deshalb ja.« Tandra Meeru nickte. »Ich weiß, du meinst es gut. Du möchtest helfen, und ich danke dir sehr dafür! Aber wir sind anders als du. Wir töten nicht. Wir sind die Hüter des heiligen Berges – des letzten Ortes, der nichts Böses kennt. Wenn hier Blut vergossen wird, ist der Kei'lun entweiht. Dann hat unser Leben keinen Sinn
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