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1614 - Beauloshairs Netz

Titel: 1614 - Beauloshairs Netz
Autoren: Unbekannt
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Flüchtlingen tauchten auf, Rinnsalen gleich, die in die Ebene hinausrannen, sich in alle Himmelsrichtungen verteilten und dem geschwungenen Saum in der Ferne zustrebten, der den Beginn des Waldlandes darstellte. Sie brachten sich und einen Teil ihrer Brut in Sicherheit, doch die meisten der jungen Grwan würden das Ziel nie erreichen. Der natürliche Lauf des Schicksals bestimmte es ihnen, als Nahrung für die Erwachsenen zu dienen.
    Grel sah von seiner hohen Warte aus aber noch etwas anderes. Er sah die vielen zerstörten Netze um die Burg herum, Netze, in denen sich keine Beute mehr fangen würde. Bei diesem Anblick überkam ihn Melancholie. Wie sollten sie leben, wenn sie keine Nahrung mehr hatten? Die vielen Toten würden für kurze Zeit als Reserve ausreichen, aber was kam dann?
    Längst verspürte er den eigenen Hunger in seinem Bauch nicht mehr, ja, er blockte sogar die Aufnahme von Nährstoffen aus seinem Unterleib ab. Er maß den Horizont und beobachtete den Lauf der Lichtpunkte am Venro, von denen er wußte, daß es Sonnen waren wie Skal.
    Er hatte es von Anfang an gewußt, daß Hoas Anhänger das bessere Los zogen. Sie erschlossen sich einen neuen Lebensraum und führten einen harten Kampf. Doch sie fanden neue Nahrungsketten und erstarkten dadurch. Sie hatten es nicht einmal nötig, zurückzukehren und sich an den Bewohnern des Felsenlandes zu rächen.
    Was blieb hier oben unter der Wölbung des Venro?
    Grel geriet in Trance, wie er sie bisher nur selten erlebt hatte. Seine Spinnwarzen bissen und juckten. Er rutschte nach unten und suchte die Rotunde auf, die die Burg nach Sonnenuntergang hin abschloß. Dort blieb er allein und steigerte sich in seinem Hunger in eine Intensität des Geistes hinein, die ihn für kurze Zeit über alle seine Artgenossen hob. Die Wächter schirmten die Rotunde ab und beobachteten reglos, wie er arbeitete und sponn. Viele Sonnenaufgänge und -untergänge lang verließ er die Rotunde nicht.
    Während überall im Felsenland neue Netze gewoben wurden, schuf Grel etwas völlig Neues. Er füllte die Rotunde mit einem Gebilde voller Schönheit und Eleganz. Er wob ein Netz aus vielen Netzen, die sich gegenseitig durchdrangen und zu einer großen Kugel anschwollen, die die ganze Rotunde anfüllte. Dieses Netz richtete sich nach dem Wind, es veränderte die Hohlräume in seinem Innern so, wie es sie benötigte. Ein riesiger blauweißer Ball wehte, und noch immer sponn Grel und arbeitete bis zur körperlichen Erschöpfung weiter. Und das Netz dehnte sich und wuchs über die Rotunde hinaus, füllte die Gänge zwischen den Felsen und spannte sich um die Burg herum.
    Wenn der Wind blies, dann blähte es sich auf, quoll empor in die Luft und den Vögeln entgegen, die über dem Felsenland entlangzogen und sich darin verfingen. Und wenn es regnete, dann sank es dem Boden entgegen und nahm alles Kriechgetier auf, das Schutz unter den Felsen suchte. Im Schein der Sonne leuchtete es in allen Regenbogenfarben und sah aus wie eine riesige Blüte.
    Grel interessierten die Farben und die Schönheit seiner Schöpfung wenig. Das Netz diente dem Zweck, mehr Beute zu fangen, es besaß einen rein praktischen Nutzen. Es kam ihm vor, als sei es eine Ewigkeit her, daß er den ersten Faden gesponnen hatte.
    Halb blind und ohne die volle Kontrolle über seinen Körper tastete er sich zu Braf und ihrer Brut vor. Braf hatte früher Hoa gehört.
    Sie begrüßte ihn mit einem liebevollen Spiel ihrer Arme und Zangen, und er lehnte sich eine Weile an sie, um Kraft zu schöpfen. Dann sprang er sie an und grub seine Zangen in ihre Weichteile. Er lahmte sie mit dem Gift, das er für Hoa nicht benötigt hatte. Braf fiel steif zur Seite, und Grel machte sich über die eigene Brut her. Er verspeiste sie genüßlich, und danach lebte er viele Sonnenläufe lang neben der Toten und ernährte sich von ihr.
    In der Rotunde und um sie herum aber wogte das Netz, und um dessen Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können, mußten die Grwan lernen, die mit den Tageszeiten wechselnden Windrichtungen im voraus zu bestimmen und die Bewegungen des Netzes zu verstehen.
    Also gab Grel den Grwan eine Zeitrechnung. Beim ersten Lichtschein des nächsten Tages begann das erste Jahr GREL.
    Dänach machte er sich auf und lehrte die Grwan, wie sie die neuen Netze zu bauen hatten. Und er holte sich eine neue, standesgemäße Mutter seiner zukünftigen Kinder in die Burg. Damit war der Grundstein für das neue Volk der Grel gelegt, das eines
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