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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes
Autoren: Mary Gentle
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Hand um die Scheide gelegt hatte, als wolle ich jeden Augenblick blankziehen. Kein Duell mit stumpfen Waffen könnte diese Ungeduld befriedigen.
    »Ich bin für Whitehall«, sagte ich knapp. »Dort dürften wir am leichtesten eine Audienz erhalten.«
    Saburo ging zu den Stufen neben der Brücke, hob die Hand und winkte herrisch nach einem Boot. »Wir gehen zu Seso-sama?«
    Ich nickte. »Dort werdet Ihr herausfinden, warum man Hofschranzen hierzulande ›gentlemen-in-waiting‹ nennt, ›wartende Herren‹ …«
    »Bitte, verzeiht, Herr«, sagte der Bootsmann, der uns schon die ganze Überfahrt über beäugt hatte, und fummelte in seinem Lederwams herum. »Falls Ihr ein Herr Rochefort seid …«
    »… dann habt Ihr einen Brief für mich«, vervollständigte ich den Satz in scharfem Ton. Ich nahm dem Schiffer einen gefalteten, mit Wachs versiegelten Brief aus der Hand und trat wieder ans Ufer, nachdem ich ihm einen Schilling gegeben hatte.
    »Was schreibt Furada?«, verlangte Saburo zu wissen.
    »›Ihr könnt Euch nicht den Luxus gönnen zu warten; bei Sonnenaufgang müsst Ihr auf dem Weg nach Somerset sein.‹« Ich zerknüllte das Papier und steckte es in meine Börse. »Mich dünkt, unser lieber Monsieur Doktor Fludd geht mir allmählich auf die Nerven …«
    Wir betraten den Whitehall-Palast. In einem großen Hof drängten sich Bittsteller, Sekretäre sowie die Anhänger verschiedener Hofparteien. Das bewegte mich zu dem Gedanken, dass wir unsere Zeit nicht mit Warten verschwenden sollten. Als einige Zeit später schließlich Bewegung in die Menge kam, gelang es mir, aufgrund meiner ungewöhnlichen Körpergröße Minister Cecil über die Köpfe hinweg zu sehen. Er befand sich gerade auf der Durchreise von oder nach Hatfield.
    Er sah mich und flüsterte einem Mann aus seinem Gefolge etwas ins Ohr. Monsieur Saburo und ich wurden daraufhin genauso diskret hineingebracht, wie es die Sekretäre des Duc de Sully stets im Arsenal zu tun pflegten.
    Drinnen angelangt warteten wir wieder.
    Es war schon spät. Das Sonnenlicht wurde schwächer, und Diener entzündeten Hunderte von Wachskerzen. Der Whitehall-Palast war ein mittelalterliches Labyrinth aus Gängen, Räumen, Hallen und Treppenhäusern. Das machte es mir nicht gerade leicht, mich zu orientieren. Schließlich erschien der Herr Minister und winkte mir und Monsieur Saburo, ihn zu begleiten.
    Auch in meiner Heimat habe ich schon Adelige gesehen, die ihre Geschäfte auf diese Art erledigen und es so aussehen lassen, als würden sie im Gehen nur ein beiläufiges Schwätzchen halten. Ich konnte mir jedoch nicht vorstellen, dass Cecil überhaupt irgendetwas ›beiläufig‹ machte.
    Ich nahm den Hut ab und sagte: »Bitte, verzeiht, dass ich mich Euch so aufdränge, Mylord. Doktor Fludd hat mir eine weitere Nachricht zukommen lassen. Er will mich so bald wie möglich in Somerset sehen.«
    Cecil wirkte ungerührt. Ich nahm an, dass seine Agenten ihm bereits berichtet hatten, dass der von uns angeheuerte Bootsmann mir eine Botschaft übergeben hatte.
    »Dann werdet Ihr wohl gehen müssen – obwohl ich Euch lieber vorher mit König James zusammengebracht hätte … Habt Ihr die Örtlichkeiten ausgekundschaftet?«, fragte Cecil und legte den Kopf in den Nacken, um zu mir hinaufzusehen.
    »Ja, Mylord. Gut acht Meilen nördlich von diesem Wookey gibt es Höhlen, groß genug, um einen Trupp Eurer Bewaffneten dort zu verbergen. Bei Bedarf kann man sie dann jederzeit nach Süden holen. Was die Höhle von Wookey selbst betrifft, so gibt es dort zwei Ausgänge, und solltet Ihr die Zahl derer kontrollieren wollen, die dort ein- und ausgehen, so könnt Ihr ja einen dieser Ausgänge versperren. Die erste, große Kammer ist dabei wie geschaffen, um dort zu feiern.«
    »Master Robert Fludd wird sehr zufrieden mit Euch sein«, bemerkte Cecil. Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, fuhr er fort: »Denkt Ihr, dass dieser Plan fortgeführt werden sollte, Master Rochefort?«
    Lässig zuckte ich im Gehen mit den Schultern. Ich mag es nicht, mich festzulegen. »Wenn Ihr die Loyalität Eures Prinzen seinem Vater gegenüber auf die Probe stellen wollt: Ja. Wenn Ihr Beweise haben wollt, um Lord Northumberland endgültig zu Fall zu bringen: Ja.«
    »Und die Sicherheit des Königs ist garantiert?«
    »Nicht ganz.« Ich blickte zu dem kleinen Mann hinunter. Ich konnte der Versuchung einfach nicht widerstehen, ihm meine professionelle Meinung kundzutun. »Wir reden davon, jemanden mit einem Dolch an
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