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1610 02 - Kinder des Hermes

1610 02 - Kinder des Hermes

Titel: 1610 02 - Kinder des Hermes
Autoren: Mary Gentle
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Stück: »Wir armen Schöpfer der Schatten, die wir nur Bilder umrahmen.« Vermutlich meint sie damit uns arme Sterbliche, dachte ich bissig, und nicht Monsieur Robert Fludd …
    Zu den praktischen Konsequenzen dieser Feierlichkeiten gehörte auch, dass niemand mit Robert Cecil sprechen konnte, so sehr man sich auch bemühen mochte. Mit dem Earl of Salisbury würde ich erst wieder am Mittwoch sprechen können. Selbst die Einführung Monsieur Saburos an den Hof von König James konnte das nicht beschleunigen.
    Da ich jedoch getrieben von einer leidenschaftlichen, ungeduldigen Furcht, die ich nicht eingehender betrachten wollte, nicht so lange zu warten gedachte, verbrachte ich meine Zeit damit, die offensichtlichsten Plätze abzuklappern, an denen man eine entführte junge Frau gefangen halten konnte.
    »Das schließt auch Mademoiselles ›Cousin Guillaume‹ mit ein«, bemerkte ich Saburo gegenüber, als wir am Sonntag, den 3. Juni, durch die fast menschenleeren Straßen von More Gate gingen. Nahezu alle Bürger waren runter zum Fluss gegangen, um ihren Prinzen willkommen zu heißen.
    Überraschenderweise hörte ich festlichen Lärm aus dem Haus der Markhams: Stimmen, Frauen lachten, und eine Viola spielte im Konzert mit einer Flöte. Als ich an die Tür hämmerte, erschien keiner der Lakaien, die Mademoiselle Dariole hinausgeworfen hatten, sondern ein Mann mit haselnussbraun gefärbtem Bart, den ich als William Markham persönlich erkannte.
    »Sir?« Seine Augen bewegten sich. Er schaute hinter mich, blickte die Straße rauf und runter und starrte den Nihonesen misstrauischer an, als angemessen gewesen wäre. Offensichtlich erkannte er keinen von uns.
    Bevor ich etwas sagen konnte, wirbelte eine Frau in den sonnendurchfluteten Raum hinter ihm.
    Sie schien mir nicht zu tanzen oder herumzutollen – jedenfalls nicht im üblichen Sinn. Sie hatte rostfarbenes Haar sowie ein Pferdegesicht und war vermutlich schon über fünfunddreißig Jahre alt. Das Strahlen ihres Lächelns, das sie uns zuwarf, ließ sie jedoch für den Augenblick wunderschön erscheinen.
    »Sind das Gäste?«, fragte sie William Markham und blickte mich neugierig an. »Ich dachte, all unsere Freunde wären bereits hier.«
    Ein jüngerer Mann erschien in der Tür, blond und Mitte Zwanzig. »Komm weg da!«, knurrte er und zog die Frau entschlossen am Arm fort.
    »Was wollt Ihr?«, verlangte Markham in eisigem Tonfall von mir zu wissen.
    Er war einst ein gutaussehender Mann gewesen – zumindest nach dem zu urteilen, was davon noch übrig war. Der Schweiß stand ihm auf der blassen Stirn. Vermutlich hatte das etwas mit seinem Alter zu tun; an der Hitze des Tages lag es jedenfalls nicht, glaubte ich, und auch nicht an dem Tanz, der offensichtlich drinnen stattfand.
    Indem ich mein Gewicht verlagerte, konnte ich unauffällig einen genaueren Blick nach innen werfen. »Vor einiger Zeit war ein Junge hier. Eure Männer haben ihn hinausgeworfen.«
    Markhams Misstrauen wich sichtlicher Überraschung. Ich musste mir ein enttäuschtes Seufzen verkneifen. Was auch immer ihm solches Kopfzerbrechen bereitet, mit Mademoiselle ›Arcadie‹ hat das nichts zu tun.
    »Er hat Euch beraubt, nicht wahr?« William Markham blickte mich amüsiert an. »Die Betrüger und Abrahams Männer werden von Tag zu Tag jünger. Er hat das auch bei mir versucht, nur dass ich viel zu klug für ihn war.«
    »Ich habe guten Grund, mit ihm sprechen zu wollen.« Und obwohl es sinnlos war, fügte ich die Frage hinzu: »Ihr habt ihn nicht zufällig noch einmal gesehen, oder?«
    »Nein, Sir, sonst hätte ich auch den Büttel gerufen. Er gehört nicht zu meiner Familie, das versichere ich Euch. Er hat keinerlei Anrecht auf den Namen Markham. Wenn Ihr mich jetzt bitte entschuldigen würdet …«
    Angemessen verneigten wir uns voreinander und sagten uns Lebewohl. Saburo ging schweigend neben mir die Straße hinunter.
    »Hat er gelogen?«, fragte der Samurai plötzlich hoffnungsvoll.
    »Nicht in Bezug auf Dariole, glaube ich.« Ich runzelte die Stirn. »Obwohl man es durchaus als seltsam betrachten könnte, an einem Tag wie diesem daheim zu feiern, da alle anderen Leute unten am Fluss sind. Andererseits …« Ich hatte das durch die geöffnete Tür hindurch gesehen. »Zu was für einem Fest lädt man einen Priester ein?«
    »Einen Priester?«
    »Einen Ketzerpriester«, korrigierte ich mich selbst. »Messire Saburo, das Ganze sah mir nach einer Hochzeitsfeier aus, und zwar nach einer, die nach
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