Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wie Samt auf meiner Haut

Wie Samt auf meiner Haut

Titel: Wie Samt auf meiner Haut
Autoren: Kat Martin
Vom Netzwerk:
1
    England, 1752
    »Ich
verbiete es! Hörst
du?« Das Gesicht des Duke of Carlyle verfärbte sich unter seiner schneeweißen
Haarmähne zu fleckigem Rot. »Du bist ein Sinclair«, fuhr der alte Herzog erregt
fort und hielt den Blick seines gutaussehenden, eigenwilligen Sohnes unbeirrt
fest. »Du bist ein Earl, Mitglied des Oberhauses, Erbe des Duke of Carlyle.
Dein schmutziges Verhältnis mit dieser Dirne kann ich nicht dulden!«
    Jason, der
in aufrechter Haltung reglos verharrte, hielt seinen Jähzorn nur mit Mühe im
Zaum. Allein das Muskelspiel seiner breiten Schultern verriet seinen inneren
Aufruhr, als er seinem Vater in dessen nußholzgetäfeltem Arbeitszimmer auf
Carlyle Hall, dem prächtigen Landsitz des Herzogs, gegenüberstand.
    »Um Himmels
willen, Vater, die Dame ist die Countess of Brookhurst – und nicht irgendeine
liederliche Kneipendirne!« Er war einundzwanzig, groß und stattlich, ein erwachsener
Mann, und doch behandelte ihn sein Vater wie ein unmündiges Kind ohne Verstand.
    »Sie ist
darüber hinaus acht Jahre älter als du, eine Witwe, die ungezählte Liebhaber
hatte. Mir ist klar, daß sie sich mit nichts weniger als dem Titel und dem
Vermögen der Carlyles zufriedengeben wird.«
    Jason
ballte die Hände zu Fäusten. »Ich lasse nicht zu, daß du so von Celia sprichst.
Ob es dir genehm ist oder nicht, ich treffe
meine Wahl allein.« Auch als sein Vater mit der Faust auf den Schreibtisch aus
Rosenholz hieb, zeigte er sich unbeeindruckt und verließ mit energischen
Schritten, die klackend auf dem schwarzen Marmorboden widerhallten, den Raum.
Zu der Wut, die in ihm tobte, gesellten sich das Gefühl der Demütigung und der
feste Entschluß, seinem Vater mit allen Mitteln Widerstand zu leisten.
    Vor dem
Portal stand sein schlanker Brauner bereit, tänzelnd und ungeduldig mit den
Hufen scharrend. Jason bedankte sich mit einem Kopfnicken beim Stallburschen
und schwang sich in den Sattel. Hinter dem Fenster des Arbeitszimmers seines
Vaters flackerte unruhig die Öllampe, als der große Mann hinaus in die Halle
trat und die Tür zuschlug. Das Geräusch hallte im gesamten massiven Herrenhaus
wider.
    In Jason
regte sich ein ungutes Gefühl. Sein Vater würde ihm doch hoffentlich nicht zum
Wirtshaus, seinem Treffpunkt mit Celia, folgen. Nein, sicher nicht. So weit
würde nicht einmal ein Mann mit dem starren Eigensinn und der Anmaßung des Duke
of Carlyle gehen.
    Jason
betrachtete noch einmal die Fassade, sein Vater war aber nirgends zu sehen.
Aufatmend ergriff er die Zügel und wandte dem Gebäude den Rücken, erleichtert,
daß er der Konfrontation fürs erste entronnen war. Er spornte sein Pferd zu
einem Trab an, und die gleichmäßige, rhythmische Bewegung tat ein übriges, um
ihn zu beruhigen. Heller Mondschein
fiel schräg zwischen den Baumkronen ein, eine leichte Brise zauste sein
dunkelbraunes Haar und kühlte die letzten Reste des Zorns, der noch immer in
ihm brannte.
    Während er
die Meilen zurücklegte, wanderten seine Gedanken von seinem Vater und dessen
verbitterten Anschuldigungen zu
der Frau, deren warmer, williger Körper ihn erwartete. Celia Rollins, Lady
Brookhurst. Groß, schlank und schön, vom
elegant frisierten schwarzhaarigen Kopf über formvollendete Brüste und einer
schlanken Taille bis zu den zierlichen Füßen mit dem hohen weiblichen Rist.
    Seit einem
halben Jahr trafen sie einander regelmäßig, sehr oft im Peregrine's Roost,
einem kleinen, einladenden Wirtshaus auf halbem Weg zwischen Carlyle Hall und
Brookhurst Park, dem Landsitz der Countess. Auch heute hatten sie ein
Stelldichein vereinbart, und Jasons Männlichkeit wurde hart in seinen eleganten
schwarzen Breeches, wenn er an die Wonnen dachte, die ihn im Bett mit der
Countess erwarteten.
    Als nach
einer knappen Stunde der vertraute efeuüberwucherte Torbogen vor ihm
auftauchte und das Hufgeklapper seines Pferdes hell auf dem Pflaster des
ummauerten Hofes erklang, geriet sein Blut noch mehr in Wallung. Er saß ab und
tätschelte den glatten Pferdehals, ehe er die Zügel dem bereitstehenden
Stallknecht zuwarf.
    Mit
ausgreifenden, seine Ungeduld verratenden Schritten lief Jason zur Rückseite
des Hauses und zu einer Treppe, die zu einem auch von außen zugänglichen Raum
führte, der seiner Lage wegen oft von zahlungskräftigen Gästen in Anspruch
genommen wurde. Als Jason den Fuß auf die erste Stufe setzte, ließ eine
Bewegung an der Ecke ihn unvermittelt innehalten.
    »Eine
Münze, Sir? Schenkt einem Blinden eine Münze,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher