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159 - Schimären der Wüste

159 - Schimären der Wüste

Titel: 159 - Schimären der Wüste
Autoren: Michael M. Thurner
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ihrem Kopf aufflammte. Moogans Stimme drang dumpf zu ihnen herab. Aruula fühlte, wie sich ihre Körperhärchen aufstellten. Der Beherrscher der Schimären wartete vor dem Krustenhaus auf sie.
    Es bedurfte keiner weiteren Worte. Sie spürte, dass sie so rasch wie möglich zu ihm musste. Der Druck auf ihren Kopf wurde stärker. Sie ordnete ihre Bekleidung, fuhr sich hastig durchs Haar und eilte den schmalen Gang entlang, ohne weiter auf N’oia zu achten; immer schneller, schneller und schneller, wie es der Herr von ihr wünschte…
    »Da bist du ja endlich!« Moogan lächelte süffisant und entließ sie aus seiner geistigen Kontrolle.
    Aruula taumelte zurück, musste sich an einem Felsklotz festhalten. Neuerlich hatte er sie überrascht und übernommen!
    »Es freut mich, dass du meinem Wunsch so rasch entsprichst.« Er winkte seinen beiden Begleitern. Sie traten einige Schritte zurück, hielten ihre Waffen aber weiterhin griffbereit.
    »Was willst du?«, fragte Aruula mit mühsam unterdrücktem Zorn. Ihre Hände öffneten und schlossen sich krampfhaft.
    »Seit gestern grüble ich über dich, Weib«, sagte Moogan nach einer langen Pause. »Deine Widerstandskraft ist bemerkenswert. Ich überlege, ob ich dich nicht lieber gleich töten sollte.«
    Aruula spürte, dass sich ihr weiteres Schicksal in diesen Sekunden entschied. Sie beschloss, offensiv zu bleiben. »Ah – du hast eingesehen, dass mich dein freundliches Gehabe nicht beeindruckt? Nun ja… wenn du dir nicht zutraust, mit mir fertig zu werden, solltest du mich lieber umbringen. Besser jetzt als später.«
    Moogan lachte. »In der Tat, du hast Mut. Das imponiert mir.«
    Es war nicht zu erkennen, ob er in seiner Ehre gekränkt war – aber Aruula hätte darauf gewettet, dass sie ihn mit ihren Worten an seinem wunden Punkt getroffen hatte. Und die Rechnung ging auf: Er war zu sehr von sich selbst überzeugt, als dass er sich eine Schwäche erlaubt hätte.
    »Ich glaube, ich werde dich noch eine Weile behalten«, fuhr Moogan fort. »Wenigstens bis du mir einen Haufen Kinder geschenkt hast.« Übergangslos wurde er ernst. »Aber ich möchte dich ein letztes Mal warnen, Aruula.« Er kam näher, sodass sie seinen süßlichen Atem riechen konnte, und redete flüsternd weiter: »Ich betrachte die Schimären als mein persönliches Eigentum. Ich mache mit ihnen, was ich will. Wo ich will. Wann ich will. So stark dein Widerstand auch sein mag – mit der Zeit werde ich dich brechen. Das heutige Heiratszeremoniell ist für dich der Anfang vom Ende. Sieh es als einen symbolischen Abschied von der Welt, die du bislang kanntest. Danach werde ich mit meinen Behandlungen beginnen. Ich bringe dich dazu, dir selbst ungeahntes Leid zuzufügen. Und ich werde dich lehren, im Schmerz Vergnügen zu finden. Dein einziger Wunsch wird es sein, dem Stamm Kinder zu schenken – und mir zu dienen. Glaubst du mir, dass ich das kann?« Er wurde lauter. »Glaubst du mir?«
    Speichelbläschen spritzten aus seinem Mund, die Maske des wohl wollenden Clanchefs fiel endgültig von ihm ab.
    Demütig senkte Aruula den Blick. »Ja«, sagte sie leise.
    »Dann ist es gut.«
    Als sie hochsah, hatte sich Moogan wieder beruhigt. Das Lächeln war zurückgekehrt.
    »Die Stammesweiber werden dir helfen, dich für das Zeremoniell vorzubereiten. In wenigen Stunden machen wir uns auf den Weg. Ob du gehorchen willst oder nicht – es wird so geschehen, wie ich es wünsche.«
    Grußlos drehte er sich um und marschierte davon. Ein groß gewachsener Mann in seinen besten Jahren, dessen Aura die eines Königs war – und dessen innerliche Verfaultheit unbeschreiblich schien.
    Aruula frohlockte in aller Stille.
    Moogans unerwarteter Besuch konnte nur eines zu bedeuten haben: Er fürchtete sich vor ihr.
    Zu Recht!
    ***
    Fette und mürrische Frauen kamen aus allen Ecken und Spalten der Kruste gekrochen. Sie verbargen ihre Körper und ihre Gesichter wie gewohnt hinter abgenutzten Tüchern. Lustlos betätschelten sie Aruula, befanden sie zeternd als zu dünn und befahlen ihr schließlich, sich so rasch wie möglich auf dem
    »Marktplatz« einzufinden.
    Aruula weckte Sy’cho und wusch sich dann rasch. Es blieb keine Zeit, auch nur ein Wort mit dem Jungen zu wechseln.
    Es war auch besser so. Ihren Plan konnte sie ihm ohnehin nicht mitteilen; die Gefahr, dass Moogan ihn in Sy’chos Gedanken entdeckte, war viel zu groß. Darum war Aruula den Weibern sogar dankbar, dass sie sie ablenkten. Sie musste verhindern, dass sie sich
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