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156 - Auf dem roten Planeten

156 - Auf dem roten Planeten

Titel: 156 - Auf dem roten Planeten
Autoren: Jo Zybell
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Und du?«
    »Elf Marsjahre, also zweiundzwanzig Erdjahre.« Der Junge fasste Zutrauen. Oder war es einfach nur Neugier? »Du kennst dein Alter nicht, Maddrax?«
    Unter ihnen raschelte Laub. Der Mann namens Windtänzer kletterte auf die Baumbrücke. »Weiter!«, unterbrach er das Gespräch. Er zog die Frau aus Elysium nach oben. »Bleib dicht hinter ihr, Aquarius, halte sie gut fest!«
    Aquarius… So hieß der zweite Junge, genau. Kein schwieriger Name eigentlich, und Drax fragte sich, warum er ihn vergessen hatte. Lag es an der Ausstrahlung, die von dem Blauhaarigen mit der für einen Marsianer ungewöhnlich dunklen Haut ausging?
    Er stand auf, reduzierte die Sauerstoffzufuhr auf dreißig Prozent und folgte Schwarzstein. Nur noch dessen weißes Haar schimmerte im rostroten Laub. Der Mann von der Erde hatte Mühe, ihn einzuholen. »Nicht so schnell«, keuchte er.
    »Bitte…« Schwarzstein machte langsamer.
    Sie überquerten die Brücke, und Drax versuchte nicht daran zu denken, dass er in diesem Moment gut und gern sechzig Meter über dem Waldboden balancierte. Chandra schien das nicht zu gelingen: Sie würgte und röchelte, als müsste sie sich jeden Moment übergeben.
    Nach zweihundert oder zweihundertfünfzig Metern erreichten sie einen anderen Baumstamm, kletterten an ihm noch höher hinauf und gelangten über eine zweite Brücke in die Gipfelkrone eines dritten Baumes.
    Zwölf Schritte, bevor der Brückensteg an dessen Stamm und seiner Baumwendeltreppe endete, blieb Schwarzstein stehen.
    Matt Drax entdeckte zwei der großen schwarzen Käfer in der zerklüfteten Rinde und glaubte zunächst, der Junge würde sich ihretwegen nicht mehr bewegen. Doch dann sah er, wie Schwarzstein und die anderen beiden Waldmänner ihre Köpfe in die Nacken legten und nach oben schauten.
    Seine Augen suchten die Krone über dem Brückensteg ab.
    Zunächst sah er weiter nichts als rostrotes Laub und dazwischen dunkle Zweige und Äste mit quastenartigen Strängen und tiefen Rissen in der Rinde. Doch der zweite, konzentriertere Blick entdeckte etwa fünf Meter über der Brücke eine unregelmäßige Form inmitten des Geästs, ein Gebilde wie eine Wucherung, dicht am Stamm, grünlich und von dunklen Schlieren durchzogen. Bei noch genauerem Hinsehen erwies sich das Ding als gut drei Meter hoch und vier bis fünf Meter breit. Es erinnerte den Mann aus der Vergangenheit an einen übergroßen und zerbeulten Bienenkorb.
    Matt fragte sich, aus welchem Material diese Behausung – denn genau darum schien es sich zu handeln – wohl bestehen mochte. Dabei lag die Antwort auf der Hand: ein Werk der Käfer!
    Sie gehören zu uns…
    In dem Hüttending gab es ein paar Öffnungen, kleine und größere, allesamt von innen durch Vorhänge oder Holzverschläge verschlossen. In einer auffallend großen Öffnung – wahrscheinlich ein Eingang – bewegten sich schwarze Tücher. Darüber, rechts und links von ihr, waren Gegenstände befestigt, die Matt Drax von hier unten aus nicht einordnen konnte. Irgendwelche Totems, schätzte er.
    »Friede, Licht und die Kraft des Waldes sei mit dir, Meister!«, rief der Anführer der Waldmänner plötzlich.
    Überrascht blickte sich Matt Drax nach dem Baumsprecher um. Dieser stolze Mann sprach einen anderen mit »Meister« an?
    »Und mit euch«, ertönte eine krächzende Stimme von oben aus dem Baumhaus. »Ist er das?«
    »Ja, Meister«, rief Windtänzer. Matt begriff, dass von ihm die Rede war.
    »Bring ihn herauf, damit ich ihn besser sehen kann.« Die Stimme des Unsichtbaren klang brüchig und war nicht besonders kräftig, dennoch berührte sie den Mann von der Erde tief in der Brust; und er verstand jede Silbe.
    Mit ein paar knappen Gesten bedeutete Windtänzer seinem Schüler Schwarzstein, hier unten zu bleiben und die Städterin im Auge zu behalten. Er selbst machte sich an den Aufstieg zum Baumhaus. Den Erdenmann und den jüngeren seiner Begleiter winkte er hinter sich her.
    Brennende Neugier packte Matt Drax; und mit ihr eine Erregung, die er kaum im Zaum halten konnte. Was ging hier vor sich? Wer wartete dort oben auf ihn und seine Kidnapper?
    Er stieg in die Wendeltreppe und kletterte hinter dem Baumsprecher her. Kurz sah er zurück: Chandra Tsuyoshis Blick begegnete ihm, und er las Misstrauen, ja sogar Abscheu und Angst in ihren Zügen.
    Natürlich – die Stadtbewohner auf dem Mars hatten nichts gemein mit den Waldleuten und wollten sie in der Regel auch nicht kennen lernen. Maya Joy – auch in dieser
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