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1532 - Das Bermuda-Erbe

1532 - Das Bermuda-Erbe

Titel: 1532 - Das Bermuda-Erbe
Autoren: Jason Dark
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verhalten sollte.
    Da gab es auf der einen Seite ihr Versprechen, um jeden Preis unter Deck zu bleiben. Das galt jedoch nicht für alle Zeiten. Es musste einfach eine Ausnahme geben, und die war jetzt eingetreten. Sie wollte sich nicht mehr quälen und sich große Sorgen machen. Wenn sie vorsichtig genug war, würde ihr der Blick an Deck schon gelingen, ohne dass man sie entdeckte. Und wenn dieser fremde Mann sie sah, der auf den Namen Wesley Anderson hörte, war das auch nicht weiter tragisch, denn ihre Flügel waren unter dem Umhang gut verborgen.
    Sie kroch die Stufen auf Händen und Füßen hoch. Nur in dieser Haltung konnte sie sich so klein wie möglich machen, denn gesehen werden wollte sie erst zum Schluss oder überhaupt nicht.
    Je näher sie der offenen Luke kam, von deren Rand noch immer Wassertropfen nach unten fielen, umso aufmerksamer wurde sie.
    Sie lauschte jetzt auf jedes fremde Geräusch und wunderte sich darüber, dass sie nichts vernahm. Carlotta hätte eigentlich beruhigt sein müssen, was aber nicht der Fall war.
    Da sie niemanden hörte, auch keinen sah, war alles für sie anders geworden. Diese Stille bedrückte sie. Sie machte sie misstrauisch. Sie spürte bei jedem Atemzug, den sie in ihre kräftige Lunge einsaugte, den Druck in ihrer Brust.
    Vor der letzten Stufe hielt sie an, denn jetzt konnte sie ihren Blick über das Deck schweifen lassen.
    Sie sah nur einen Ausschnitt, und die Enttäuschung traf sie tief, denn sie entdeckte keinen Menschen. Es sah so aus, als wäre das Boot verlassen worden.
    Das konnte nicht sein. Das war unmöglich. Warum hätten ihre Freunde das Boot verlassen sollen?
    Sie wusste keine Antwort darauf. Es war alles so anders geworden. Die Leere auf dem Boot übertrug sich auf ihr Inneres.
    Carlotta war zwar nicht als normaler Mensch zu betrachten, aber sie reagierte menschlich, und deshalb spürte sie auch den dicken Kloß in ihrer Kehle. Ein Gefühl sagte ihr, dass etwas nicht stimmte. Das Deck hätte nicht leer sein dürfen, und jetzt sah sie es praktisch als ihre Pflicht an, es zu betreten.
    Die letzte Stufe hatte sie schnell hinter sich gelassen, richtete sich auf und hatte einen freien Blick.
    Keine Maxine, kein John, auch kein Suko. Dafür lagen staubige Reste auf den Planken, über die sie allerdings nicht nachdachte. Es war schon so etwas wie ein Schock für sie, aber der richtige traf sie Sekunden später.
    Hinter sich hörte sie die Stimme.
    »Wo kommst du denn her?«
    ***
    In den Momenten danach fühlte sich Carlotta wie elektrisiert. Sie stand auf der Stelle und traute sich nicht, sich zu bewegen.
    »He, ich habe dich etwas gefragt!«
    Die Stimme hatte gleich laut geklungen, also war der Sprecher nicht näher an sie herangetreten.
    »Okay«, sagte sie und hob beide Hände. Das schien ihr sicherer zu sein. Dann drehte sich das Vögelmädchen um.
    Wesley Anderson hatte den Steuerstand verlassen. Carlotta sah das Messer in seiner Hand, doch als noch schlimmer stufte sie Andersons Gesichtsausdruck ein. Besonders den in seinen Augen. Er sah aus, als hätte er etwas erlebt, das er nicht verkraften konnte und das sein ganzes Seelenleben durcheinander gebracht und alles verändert hatte, woran er glaubte.
    Carlotta sah den Agenten zum ersten Mal. Sie war mit Maxine an Bord des Bootes gegangen, bevor John und Suko es mit dem Kampfschwimmer betreten hatten.
    In Andersons nächsten Worten schwang eine nicht zu überhörende Drohung mit.
    »Ich will eine Antwort!«
    »Ich war die ganze Zeit unter Deck«, erwiderte Carlotta.
    »Du gehörst zu Maxine Wells, ich weiß. Warum hast du dich nicht schon längst gezeigt?«
    »Maxine hat mir nicht erlaubt, an Deck zu gehen.«
    »Warum hat Sinclair dich überhaupt mitgenommen? Kannst du mir das erklären? Er wusste doch, dass unser Auftrag gefährlich werden konnte.«
    »Wo sind Maxine, John und Suko?«
    »Im Wasser. Man hat sie geholt. Man hat sie regelrecht von Bord weggefischt. Wahrscheinlich sind sie ertrunken, und jetzt sind wir beide übrig geblieben.«
    Carlotta glaubte plötzlich, in die Planken einsinken zu müssen. Sie verlor die Gesichtsfarbe, und dabei malte sie sich eine Welt ohne Maxine Wells aus. Sie wollte es nicht, aber der Schock hatte dafür gesorgt.
    Ertrunken! Alle drei!
    »Warum sagst du nichts?«
    »Es ist zu schlimm. Ich kann es nicht glauben.«
    »Das ist mir egal. Ich kann dir nicht so recht glauben. Auch wenn du so unschuldig tust, ich habe das Gefühl, dass du mir Theater vorspielst. Tut mir leid,
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