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144 - Der Flug der Todesrochen

144 - Der Flug der Todesrochen

Titel: 144 - Der Flug der Todesrochen
Autoren: Bernd Frenz
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lebe?«
    Andere fielen in ihr Gezeter mit ein. Jeder wollte plötzlich seinem Heimweh Luft machen. Ein ganzer Chor von Fragen und Anschuldigungen prasselten auf Crow ein.
    Schwächlinge!, dachte der General. Und er dachte es nicht nur, er sagte es ihnen auch.
    »Schämen sie sich nicht?«, fuhr er mit seiner Standpauke fort. »Ihr eigenes Wohl über das der Gemeinschaft zu stellen? In Zeiten wie diesen haben unsere Vorfahren ohne ein Wort der Klage ganz andere Belastungen auf sich genommen! Daran sollte sie sich alle ein Beispiel nehmen!«
    »In Zeiten wie diesen?«, fragte Kenlock, der die unangenehme Angewohnheit besaß, ständig die Satzfragmente seiner Gesprächspartner zu wiederholen. Vermutlich gehörte er zu den Gelehrten, die sich auf diese Weise durchs Studium geschummelt hatten. »Von was für Zeiten reden Sie da eigentlich?«
    »Von Kriegszeiten, verdammt noch mal!«, belehrte ihn Crow so heftig, dass alle anderen Stimmen abrupt verstummten. »Stellen Sie sich doch nicht blöder als sie sind. Die Cyborgs in Amarillo, Fudohs Truppen in El’ay und die Daa’muren am Kratersee – der Feind steht uns an allen Fronten gegenüber!«
    »Krieg bedingt für mich Kampfhandlungen«, wiegelte Kenlock unwillig ab. »Nein, nein, wir haben zurzeit höchstens eine Phase der Spannungen, und in der leben wir schon, solange ich zurückdenken kann. Das ist alles kein Grund, uns die gewünschten Rotationen zu verwehren.«
    Arthur Crow fixierte den Gegenspieler mit kalten Augen und ließ seine Hand zu der ledernen Pistolentasche an der Hüfte wandern.
    »Hören Sie, Kenlock«, warnte er. »Das hier ist keine Konferenz, auf der die korrekte Verwendung von Begriffen diskutiert wird. Ich repräsentiere die höchste politische und militärische Instanz des Weltrats. Wenn ich Ihnen mitteile, dass wir uns im Krieg befinden, haben Sie das als gegeben hinzunehmen.«
    »Ach, tatsächlich?« John T. Kenlock reckte trotzig den Hals. »Wie bequem für Sie. Und weil Sie einfach mal – so mir nichts dir nichts – das Kriegsrecht verhängen, glauben Sie unsere Grundrechte beschneiden zu können, ja?«
    »Ganz recht.« Crows eben noch aufgewühlte Stimme klang plötzlich ganz ruhig. Unnatürlich ruhig sogar.
    »Und wenn wir das nicht akzeptieren?« Kenlock ignorierte das gefährliche Glitzern in den Augen des Generals. »Häh? Wenn wir einfach weiter streiken? Häh? Uns nicht mehr um die Nährlösungen kümmern oder einfach etwas weniger Sorgfalt bei der Sterilisation der Geräte walten lassen? Was ist dann? Häh? Halten Sie es in diesem Fall nicht doch für sinnvoller, unsere Gesundheit höher als die Geheimhaltung einzuschätzen?«
    Der Wissenschaftler redete sich völlig in Rage. Sein linkes Augenlid begann unkontrolliert zu zucken, außerdem stieß er nach jedem Satz einen provozierenden Laut aus, wie ein kleines Kind, das einen Spielkameraden zum ersten Schlag herausfordern wollte.
    Vielleicht lag es am Lagerkoller, oder an irgendwelchen Medikamenten, die er dagegen eingenommen hatte. Auf jeden Fall steigerte er sich immer weiter in seinen Trotz hinein, statt auf den Boden der Tatsachen zurückzukehren. Pech für ihn.
    »Sie hören mir anscheinend nicht richtig zu«, klärte ihn Crow auf. »Ich sagte bereits, dass wir uns im Krieg befinden. Was Sie mir hier gerade androhen, ist ein klarer Fall von Sabotage. Und darauf steht im Krieg die härteste aller Strafen. Der Tod!«
    Nun war es heraus. Die Konsequenz, die allen drohte, wenn sie nicht sofort an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten. Um ihnen das persönlich klar zu machen, hatte er den Flug von Washington in die Appalachian Mountains auf sich genommen.
    Blieb nur zu hoffen, dass seine Autorität ausreichte, um das Schlimmste zu verhüten.
    Die Ankündigung von Exekutionen schlug wie eine Granate in das Bewusstsein der Wissenschaftler ein. Gut die Hälfte der Anwesenden zeigte sich gebührend beeindruckt, die andere zuerst nur geschockt, dann aber empört.
    Richtig zu widersprechen wagte aber nur einer.
    John T. Kenlock.
    »Das ist ja ein starkes Stück!«, entfuhr es ihm aus aufgeblähten Backen. »Sie drohen uns hier mit – ja was? –Erschießung? Haben Sie sich das gut überlegt?« Nachdem der erste Schrecken verklungen war, gewann Kenlock rasch an Fahrt. »Wenn Sie uns alle erschießen, löschen Sie auf einen Schlag den größten Teil ihrer medizinischen Elite aus, das ist Ihnen doch wohl hoffentlich klar?«
    Arthur Crow hörte schweigend zu. Mehr nicht. Er hatte gesagt, was zu
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