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1427 - Die Reise nach Ardustaar

Titel: 1427 - Die Reise nach Ardustaar
Autoren: Unbekannt
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gegeben: Eine kleine Oberschicht, die im Luxus lebte, eine etwas größere Bürgerschaft, die ein halbwegs erträgliches Leben führte, und die große Masse derer, die nur knapp ihr Leben fristen konnten. Als Vuin diese Grenzen für aufgehoben erklärte und die Unsichtbaren und Verfemten und Freien aus der Todeszone und der Winterwelt in die Bürgerwelt und die Heimat zurückrief, da waren sie alle diesem Ruf mit großem Eifer gefolgt. Aber nicht alle waren mit friedlichen Absichten in die wärmeren, sichereren Teile ihrer Welt gekommen.
    Mit Mord und Totschlag hatte die neue Zeit nicht beginnen sollen.
    Vuin hatte zu seinen Artgenossen gesprochen und versucht, ihnen seinen Willen zum friedlichen Miteinander aufzuzwingen. Er hätte wissen müssen, daß das zwecklos war. Seinen Kräften waren Grenzen gesetzt. Er konnte nicht Tausende von Kartanin gleichzeitig beeinflussen, noch dazu auf längere Zeit hinaus.
    Viele von denen, die eine bittere Vergangenheit in der Winterwelt oder gar in der Todeszone hinter sich hatten, waren aufgrund von Verrat und Intrigen dort gelandet. Wer konnte es ihnen verdenken, wenn sie nun auf Rache sannen?
    Es war schwer, sie zur Ruhe zu bringen, und es ging nicht ohne Gewalt ab. Vuin war gezwungen, seine wenigen Helfer und Vertrauten mit Waffen auszurüsten und auf Patrouille zu schicken. Es hatte Tote und Verletzte gegeben, und natürlich viel böses Blut - und Beschwerden, Anklagen, neuerliche Rache.
    Und dann waren da die anderen Gruppen von Freien, die ihre eigenen Vorstellungen von der neuen Zeit hatten. Es gab talentierte Anführer unter ihnen, die nun, da keine Regulatoren mehr umherstreiften und ihnen nicht mehr auf Schritt und Tritt der Tod drohte, überall um neue Anhänger warben. Mit großen Reden und scharfer Kritik an Vuin und den neuen Verhältnissen zogen sie sogar Bürger und ehemalige Priviligierte in ihren Bann.
    Ganz abgesehen davon, daß auch Bürger und Obere auf die Idee kamen, sich eigene Gedanken über die Zukunft ihrer Welt zu machen und eigene Gruppierungen zu bilden.
    Gemeinsam war ihnen allen nur eines: Sie hielten das, was Vuin tat und durchzusetzen versuchte, für falsch.
    Was war nur aus seinen Plänen geworden? Er hatte doch Freunde gehabt - oder hatte er sich das nur eingebildet?
    Wo waren diese Freunde geblieben?
    Selbst Monka, Crude und Nim, die anfangs so enthusiastisch gewesen waren und die ihm doch schließlich ihr Leben verdankten, übten immer häufiger Kritik an ihm, und manchmal fragte er sich, ob sie nicht längst auf der Seite seiner zahllosen Gegner standen und ihm gegenüber nur so taten, als hielten sie zu ihm. Vielleicht warteten sie nur auf eine günstige Gelegenheit, um ihn aus dem Weg zu schaffen, und selbst zu Macht und Einfluß zu kommen.
    Macht?
    Vuin lachte bitter.
    Er hatte keine Macht.
     
    *
     
    Der Platz vor der Sühnerampe war schwarz von Kartanin. Eine unruhige Menge hatte sich hier versammelt, und die Stimmung war schlecht, geradezu bösartig.
    In der alten Zeit hatten sie sich an der Sühnerampe vorbeigedrückt, als müßten sie befürchten, Illus Arm würde bis auf den Platz hinausreichen, jederzeit bereit, einen Sünder - und das waren sie alle - zu ergreifen und in das Nichts hinauszubefördern.
    Hatten sie diese Furcht vergessen?
    Aber nein, sie glaubten noch immer an Illu. Hätten sie sonst so laut und ausdauernd nach ihr gerufen?
    Wenn sie sie unbedingt sehen wollten - bitte!
    Er sah die Allermutter an und prüfte ihre Erscheinung. Auf seinen Befehl hin hatte sie die rituelle Kleidung angelegt und sogar die silbernen Krallen aufgesetzt. Aus einer Laune heraus hatte Vuin sie dazu bewegt, sich eine Deyna-Blüte anzustecken. Sie sah beinahe hübsch aus - allerdings nur, wenn man sie aus angemessener Entfernung betrachtete.
    Sie trat auf die Rampe hinaus, und das Gemurmel wurde lauter. Viele von denen, die dort unten standen, hatten Illu nie zuvor in ihrem Leben gesehen.
    Wahrscheinlich hatten sie sich ihre „Göttin" viel imponierender vorgestellt - größer, kräftiger, beeindruckender.
    Aber Illu war keine Göttin. Sie war nur eine einfache Kartanin, genauso verwundbar wie alle anderen auch. „Ich bin Illu", ließ er sie sagen.
    Das Gemurmel verstummte für einen Augenblick, aber dann rief jemand diesen magischen Namen. „Illu, Illu, Illu ..."
    Andere fielen in diese Anrufung ein, und bald schrien sie alle miteinander aus vollem Hals. Es war ganz eindeutig schiere Hysterie, die die Menge erfaßte, und Vuin spürte
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