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141 - Das trockene Meer

141 - Das trockene Meer

Titel: 141 - Das trockene Meer
Autoren: Ronald M. Hahn
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noch existiert. Und dass man in London noch weiß, was eine Universität ist.« Er kicherte plötzlich. »Dennoch glaube ich Ihnen kein Wort. Wissen Sie, warum?«
    Gleich wird er’s mir sagen, dachte Black.
    »Ihr Akzent stimmt nicht, Arnie. Sie sind ‘n Yankee, wie ich. Außerdem kenn ich all ihre Filme.«
    Black setzte ein verzerrtes Lächeln auf und erwiderte ironisch: »Ich kenne auch Ihren Film.«
    Schiwago lachte, und Black wurde schlagartig klar, dass er es nicht mit den Nachfahren der Sektierer zu tun hatte, sondern mit ihnen selbst. Doch wie war das möglich?
    »Dann brauchen wir ja nicht mehr Verstecken zu spielen.«
    Dr. Schiwago stand auf. »Sie fragen sich bestimmt, wie es uns gelungen ist, bis heute zu überleben, wo es doch den Anschein hatte, als würde die Welt zum Teufel gehen.« Er kam hinter dem Schreibtisch hervor. »Ich will es Ihnen sagen: Die Formel, hinter der ihre Freundin Urla her ist, ist kein Hirngespinst. Sie existiert wirklich. Ich habe sie entwickelt. Wir leben seit über fünfhundert Jahren in dieser Stadt. Wir haben den Untergang der Zivilisation überstanden, da Herr Stalin damals so weitsichtig war, sie autark zu konstruieren. Wir verfügen über ein unbegrenztes Erdöllager, von dem die Welt nichts wusste. Wir hatten immer Wärme.« Er seufzte. »Ich will es nicht verallgemeinern, denn nicht alle Angehörigen unseres Bundes haben das finstere Zeitalter und die späteren Jahre überstanden.« Er deutete zum Fenster. »Nach dem Einschlag des Kometen gab es eine Revolte, bei der viele ihr Leben ließen. Später hat uns der Hunger dezimiert. Andere sind wilden Tieren zum Opfer gefallen, und später wurden wir von Banditen und Mutanten heimgesucht, die glaubten, hier gäbe es Schätze zu heben.«
    »Was war der Grund für die Revolte?«, fragte Black.
    Schiwago seufzte erneut. »Meine Formel, die ich mit Hilfe anderer Akademiker in ein Serum umsetzen konnte, hatte leider ein paar kleine Nebenwirkungen: Sie hat uns sterilisiert, enthaart und uns die Zähne ausfallen lassen. Außerdem ist uns das Serum auf die Augen geschlagen. Wir sind sehr lichtempfindlich. Uns plagen grässliche Alpträume, die hin und wieder, aber nicht oft, zu Amokläufen führen.« Er schaute Black an. »Damals gab es Kräfte, die mich dafür zur Verantwortung ziehen wollten. Aber man kann eben nicht alles haben.«
    »Ich bin bestürzt«, sagte Black. Nun verstand er so Einiges.
    Aber er wusste noch immer nicht, warum die Bewohner dieser Stadt feindselig auf jeden reagierten, der in ihre Nähe kam.
    »Mein wirklicher Name ist Stapleton«, sagte Schiwago. »Sie haben bestimmt von mir gehört. Bevor die Welt den Bach runter ging, wurde ich für den Nobelpreis nominiert.« Er nahm wieder hinter dem Schreibtisch Platz. »Doch nun möchte ich hören, wie es Ihnen gelungen ist, so lange zu überleben und dabei jugendlich frisch zu bleiben.«
    »Ich bin nicht der, für den Sie mich halten« , erwiderte Black. »Ich sehe ihm nur sehr ähnlich.«
    »Halten Sie mich nicht für dumm, Arnie.« Stapleton runzelte die Stirn. »Sie sehen ihm nicht nur sehr ähnlich. Wenn Sie wissen, für wen ich Sie halte, wissen Sie Dinge, die nur jemand wissen kann, der schon damals gelebt hat. Außerdem haben Sie auch den Film Dr. Schiwago gesehen.«
    Das war nichts Besonderes: Im Bunker unter dem Weißen Haus lagerten weit über hunderttausend digitale Filmaufzeichnungen. Black hatte eine Unmenge Filme gesehen, denn in seiner Jugend hatte man aufgrund der Bakterien noch nicht gefahrlos an die Oberfläche gehen können.
    Stapleton lauschte Blacks Erklärung. Er schien sie am Ende sogar zu akzeptieren. Doch wieso er wie ein Zwilling Arnold Schwarzeneggers aussah, wollte er nicht schlucken.
    »Ein Klon?«, höhnte er und stand wieder auf. Seine roten Augen funkelten. »Wollen Sie mich verarschen? Mich, einen Mann, der vor der Verleihung des Nobelpreises stand, als die Welt zu einem Scherbenhaufen wurde? Mich, der ich die Menschen unsterblich machen wollte, damit sie die Wunder des Alls persönlich schauen können? Mich, dem es gelungen ist, das Leben über fünf Jahrhunderte auszudehnen?«
    »Mit kleinen Nebenwirkungen«, sagte Black.
    »Pah!« Stapleton warf die Arme in die Luft. »Die Nebenwirkungen sind völlig unerheblich. Ich stehe kurz vor einem wissenschaftlichen Durchbruch, denn schon bald werde ich dank der reinblütigen Zellen, die Sie und andere in diese Stadt gebracht haben, eine neue Formel entwickeln, die uns gesunden lässt!«
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