Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
14 - Unheimliche Schwestern

14 - Unheimliche Schwestern

Titel: 14 - Unheimliche Schwestern
Autoren: Elizabeth Massie
Vom Netzwerk:
geben.
    »Es
muss doch einen Ausweg geben«, stöhnte sie. »Ich brauche Hilfe!«
    Allison
konnte durch die Wand hindurch hören, wie ihr Vater es schaffte, eine Ballade
zu singen und dabei keinen einzigen Ton zu treffen. Immerhin war er gut
gelaunt.
    Sie
erhob sich von dem Schemel und strich mit der Hand über das glatte Holz der
Zeus-und-Tintenfisch-Schnitzerei. Ihr Blick fiel auf das griechische
Wörterbuch, das neben der Schnitzerei stand. Allison hatte ihrem Vater das
Wörterbuch für den Fall gekauft, dass mal ein Kunde in den Laden käme, der
tatsächlich Griechisch sprechen konnte. Ihr Vater hatte das Buch aber bloß hier
in dem Lagerraum verstaut. Allison ging ein Licht auf. Obwohl Radello
vielleicht ein paar Brocken Griechisch sprechen konnte, war er ebensowenig in
der Lage Griechisch zu lesen, wie er zum Mond fliegen konnte.
    Geschweige
denn kochen.
    Sie
klappte das Wörterbuch bei »Hilfe, bitten um« auf. In Griechisch stand dort
»Εητώ βοήδεια«. Sie
schnappte sich einen Block mit Bestellformularen und einen Stift und kritzelte
den Begriff auf den obersten Papierbogen. Sie suchte das Wort »Göttin«, fand
aber nur »Gott«.
    »Na
klasse«, murrte sie, »nun sparen sie auch schon bei den Wörterbüchern.«
    Dann
fand sie die Worte für »weiblich« und »Geist«, und schrieb sie neben ihren
Hilferuf.
    »Εητώ
βοήδεια πνεύμα
δηλμχός.«
    Mit
leiser Stimme flüsterte sie: »Hilf mir, Göttin.«
    Es
klang absolut lächerlich. Schließlich handelte es sich bei den Göttern und
Göttinnen um jene behämmerten Figuren, die sie auf die Wände des Speisesaals
gemalt hatte. Wirkliche Götter oder Göttinnen gab es nicht.
    Oder
gab es sie doch?
    Allison
schüttelte ein Tischtuch aus und hängte es sich wie eine griechische Toga um.
Aus Olivenbüchsen, Knoblauch-Mixbechern und ein paar getrockneten
Feigenblättern formte sie einen Kreis, in den sie sich stellte, den Stapel
Papierbögen zur Decke hoch haltend. »Hilf mir, Göttin«, bat sie mit fester
Stimme. »Ist mir vollkommen schnurz, welche Göttin du bist. Nur hilf mir.« Sie
kicherte und hörte auf.
    Sie
war griechischer Abstammung. Das hier waren die Gottheiten ihrer Kultur. Warum
sollte ich sie nicht ernst nehmen? Einen Versuch war es wert. Und selbst wenn
es nicht funktionierte, hätte niemand eine Ahnung davon, wie lächerlich sie
sich hier gemacht hatte.
    Sie
senkte ihren Kopf und schloss ihre Augen. Sie verlangsamte ihre Atmung,
konzentrierte jeden Muskel und jeden Nerv in ihrem Körper auf die Bitte, die
sie erhob.
    »Hilf
mir, Göttin.«
    Hilf
mir, hilf mir, hilf mir, hilf mir.
    Sie
wartete und horchte. In der Küche war ihr Vater damit beschäftigt, Pfannen hin
und her zu scheppern.
    Hilf
mir, hilf mir, hilf mir, hilf mir.
    Und
dann war da auf einmal etwas. Kühle, nach Rosen duftende Luft, die sie kurz
liebkoste. Das Papier in ihrer Hand erzitterte. Doch das war schon alles. Keine
gespenstische Erscheinung, die einen Lorbeerkranz trug und frohe Kunde brachte,
weit und breit in Sicht.
    Allison
wartete und lauschte.
    Aber
da war gar nichts - wenn es da soeben überhaupt einen Luftzug gegeben hatte.
»Göttin?«, flüsterte sie. Sie kam sich schlagartig wieder dämlich vor.
    Doch
die einzig wahrnehmbare Stimme war die ihres Vaters, der um Hilfe rief, weil
ihm gerade ein Tablett mit Pasteten heruntergefallen war.
    Allison
schälte sich aus dem Tischtuch heraus, stellte die Büchsen wieder an ihren
Platz und lief zur Küche.

1
     
    Die
Nacht roch nach Tod. Nach verrottenden Blättern, Dung und kleinen Dingen, die
an den Rand der Landstraße gekrochen waren und dort auf tragische Art ums Leben
gekommen waren. Früher in der Nacht hatte es stark geregnet und ölige Pfützen,
in denen sich grell das Mondlicht spiegelte, waren in den Schlaglöchern auf dem
Straßenbelag entstanden. Der Wind war kalt.
    Brian
Andrews stand inmitten der Dunkelheit am Straßenrand, allein. Um sich vor der
Kälte zu schützen, hatte er seine Hände in den Ärmeln seiner Basketballjacke
verborgen. Seine Freunde hatten ihn vor zehn Minuten aus dem Auto geworfen,
weil er behauptet hatte, es würde nach durchgeschwitzten Sportklamotten und
Hundekacke stinken. Mit quietschenden Reifen hatte der Wagen gehalten und sie
hatten Brian mit einem kräftigen Stoß auf die Straße gesetzt. »Viel Glück,
Kumpel. Dann erschnüffel dir mal schön den Weg nach Hause!«, hatten sie ihm
hinterhergerufen, bevor sie fröhlich weitergedüst waren. Brian hob
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher