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1362 - Die Rivalin

1362 - Die Rivalin

Titel: 1362 - Die Rivalin
Autoren: Jason Dark
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entziehen konnte. Und dafür sorgte auch der Mondschein, der blass vom Himmel fiel und sein Schleierlicht vor ihr verteilte. Dieser ehemalige Burghof war nicht plan und glatt.
    Auch hier lag Geröll, nur hatte es sich mehr verteilt, und in der Mitte entdeckte sie die Überreste eines Brunnens.
    Es gab Licht, und es gab Schatten. Beide Gegensätze besaßen keine scharfen Trennlinien, sie liefen ineinander über und sorgten zugleich für ein geheimnisvolles Flair, das mehr aus einer fremden Welt stammte als aus der normalen.
    Schatten, eine ungewöhnliche Helligkeit, im Hintergrund das alte Gemäuer, das sorgte bei Justine Cavallo für Empfindungen, denen sie sich nicht entziehen konnte.
    Sie sah sich hier als Fremde an. Zugleich jedoch fühlte sie sich von allem um sie herum angezogen. Sie war dafür sensibilisiert, und sie wusste, dass sie nicht allein war. Irgendwo wartete man auf sie. Nur konnte sie nicht sagen, wer das war, aber sie vertraute auf die Worte der alten Frau und bewegte sich nach vorn, weil sie die Mitte der Burgruine erreichen und sich dort präsentieren wollte.
    Neben dem Brunnen blieb sie stehen. Der Rand war an verschiedenen Stellen eingerissen. Das Gestein sah aus, als hätten die Zähne eines gewaltigen Ungeheuers an ihm genagt. Wenn sie darüber hinwegschaute, glitt ihr Blick in die Tiefe, aber er verlor sich schon sehr bald in der Dunkelheit.
    Und noch etwas empfand Justine anders als in ihrer Wohnung. Es war die sie umgebende Stille, die hier im Freien ein besonderes Flair bekommen hatte. Da sang kein Vogel. Da huschte nichts durch die Luft, selbst der Wind hatte sich zurückgezogen und war nur als Hauch zu spüren.
    Trotz der Stille und Einsamkeit war sie davon überzeugt, sich nicht allein in dieser Ruine zu befinden.
    Da war noch jemand…
    Das tatsächliche Geheimnis, von dem die alte Frau gesprochen hatte. Es verbarg sich noch im Hintergrund, aber es konnte durchaus erscheinen, weil es Justine bereits gesehen hatte.
    Wer wohnte hier? Und wo wohnte er?
    Justine Cavallo drehte sich langsam um die eigene Achse. Sie befand sich noch in der Bewegung, als sie etwas wahrnahm, das sie erschreckte.
    Aus der Dunkelheit vor ihr löste sich eine Gestalt. Justine hatte sie zuvor nicht entdeckt. Sie schien zunächst nur ein geheimnisvoller Schatten zu sein, doch der Schatten veränderte sich und aus ihm heraus löste sich ein Mensch.
    Eine Frau!
    Justine erkannte sofort, dass die Gestalt weiblich war. Sie sah es an ihren Bewegungen, am Schwung ihrer Hüften, und sie schritt zielsicher auf Justine zu.
    Ziemlich dicht blieb sie vor ihr stehen.
    Im Gegensatz zu ihren Haaren waren die der Fremden schwarz.
    Das Gesicht hatte eine bleiche Farbe als hätte sich das Mondlicht auf der Haut verfangen. In den Augen der fremden Person lag ein ungewöhnliches Funkeln, das durchaus Ausdruck einer Freude sein konnte. Justine bekam mit, wie die Frau über ihre Lippen leckte und auf ihnen einen feuchten Film hinterließ.
    Justine wollte etwas fragen, merkte jedoch, dass ihre Stimme nicht mitmachte. Der Auftritt der anderen Person hatte sie einfach zu stark beeindruckt.
    Die Fremde brach das Schweigen, indem sie sagte: »Ich wusste, dass du kommst, und ich finde es einfach wunderbar…«
    ***
    Justine Cavallo hatte die Worte gehört und wusste nicht, wie sie sie einschätzen sollte. Sie hatte sich zuvor auch keine Gedanken über die Begegnung mit einer Fremden gemacht, es war nur etwas von einer neugierigen Spannung in ihr gewesen, nun aber musste sie über die Begrüßung nachdenken.
    Ja, sie empfand sie als angenehm. Sie war wunderbar und auf irgendeine Art und Weise freundschaftlich, sodass sie zu dieser Frau sofort ein gewisses Vertrauen bekam.
    »Wie heißt du?«, fragte die Fremde.
    »Ich bin Justine.«
    »Ein wunderschöner Name. Ich heiße Camilla.« Sie stöhnte leise auf und flüsterte dann: »Überlege mal, wie gut unsere Namen zueinander passen. Justine und Camilla. Ist das nicht wunderbar? Ich finde schon. Ich wusste auch, dass du kommen würdest, und ich weiß, dass du es von der alten Frau erfahren haben musst.«
    »Ich war bei ihr.«
    »Das gefällt mir. Regina hatte mir nämlich versprochen, jemanden zu schicken. Es hat lange gedauert, denn es musste erst eine würdige Person gefunden werden. Dass du würdig bist, sehe ich dir an. Das sagt mir mein Gefühl, und ich finde es wunderbar, dass uns das Schicksal zusammenführt.« Sie streckte Justine beide Hände entgegen. »Komm her zu mir…«
    Justine
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