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1352 - Die schwarzen Schiffe

Titel: 1352 - Die schwarzen Schiffe
Autoren: Unbekannt
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wie bisher, meine Liebe."
    Nerva-Than scherte sich wenig darum. Besonders liebreizend wirkte ihr massiger, eher maskuliner Körper ohnehin nicht, und sie hatte sich damit abgefunden. Den gesellschaftlichen Konventionen ihrer hinterwäldlerischen Heimat trotzte sie jedoch aus Prinzip. Sie schlug eine ingenieurwissenschaftliche Laufbahn ein. Fortan wurde sie gemieden, als trüge sie eine ansteckende Krankheit mit sich herum.
    Technik, das war etwas für Männer; so zumindest dachten die Springer auf La Fontane.
    Nerva-Than erzählte jedermann, der sie anzuhören gewillt war, daß es draußen in der Galaxis völlig anders aussah. Dort standen auch Frauen ihren Mann, behauptete sie, weil niemand sich um Geschlechter scherte. Aber zu wenige waren es, die zuhörten.
    Sie ließ sich nicht beirren. Im Alter von sechsundvierzig Jahren beendete sie ihr Studium. Fast ein Jahr lang suchte die Frau auf La Fontane eine Anstellung, doch niemand war bereit, ihr Vertrauen zu schenken. Was blieb zu tun? Nerva-Than sah nur eine Möglichkeit. Gemieden wurde sie ohnehin, also gab es nichts, was sie auf La Fontane hielt. „Ich wandere aus", eröffnete sie einer alten Freundin - der letzten, die ihr verblieben war. „Mit dem nächsten Schiff, das mich an Bord nimmt, fliege ich nach Archetz. Vielleicht weiß man meine Talente zumindest da zu würdigen."
    Sie hatte Mühe, aber sie fand ein Schiff. Dabei verschlang die Passage den größten Teil ihrer Habe. Als Nerva-Than das Rusuma-System, die Urheimat aller planetengebundenen Springer, schließlich erreichte, war sie arm wie eine Paria ohne Mitgift.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Glück. Auf Archetz herrschte großer Mangel an Arbeitskräften, und eine Reparaturwerft nahm sie unter Vertrag. Sie stieg innerhalb weniger Monate zur Schichtleiterin auf. Es gab Neider, gewiß ... Nicht alle Männer fanden sich damit ab, eine Frau zur Vorgesetzten zu haben. Aber die Rangordnung innerhalb der Werft erwuchs aus streng logischen, leistungsorientierten Gutachten. Nerva-Thans Geschlecht spielte keine Rolle dabei.
    Besonders zu schwierigen Reparaturarbeiten entwickelte sie ein liebevolles Verhältnis. Sie mochte es, in dunklen Wartungsschächten umherzukriechen und dabei notwendige Eingriffe minutiös zu planen. Unter ihre Kompetenz fielen vor allem xenoforme Schiffe, mit deren Aufbau noch keine Werft auf Archetz jemals Bekanntschaft gemacht hatte.
    Erst nach zwei Jahren bekam sie mit, daß ihr ein Spitzname anhing. Die „Paddlerin" nannte man sie.
    Beinahe wäre die Frau in lautes Gelächter ausgebrochen - aber dann begriff Nerva-Than, daß sich der Name keineswegs auf ihre großen, etwas unförmigen Hände bezog. Vielmehr handelte es sich bei Paddlern um ein nahezu ausgestorbenes Volk der Andromeda-Galaxis. Wer schon einmal von ihnen gehört hatte, sprach nur in Superlativen darüber, und was den Paddlern an technologischer Fertigkeit nachgesagt wurde, gehörte fast ins Reich der Mystik. Irgendwie fühlte sich Nerva-Than geschmeichelt.
    Es war das erste Mal, daß sie in ihrem Leben unverblümt Anerkennung genoß. Sie galt als Expertin, nicht als verhinderte Mutter.
    Und doch markierte gerade dieses Ereignis einen Wendepunkt in ihrem Leben. Was sie hatte erreichen wollen, war nun vollbracht. Die Reparaturwerft bot ihrem im Grunde ruhelosen Geist keine Herausforderung mehr. Als man ihr eine Beförderung zur Chefkonstrukteurin antrug, lehnte Nerva-Than ab. Nicht allein das: Sie überreichte zudem ihre Kündigung. „Es geht nicht mehr weiter so", sprach sie nachdenklich. „Was ich immer wollte, habe ich jetzt, und plötzlich ist es zuwenig."
    Niemand konnte sie halten. Schließlich war Nerva-Than nicht auf Geld aus. Wo allerdings ihr wahres Ziel lag, wußte nicht einmal sie selbst. Während sich überall in der Galaxis die Menschenabkömmlinge willig einlullen ließen, wo Krohn Meysenhart und andere mit der Endlosen Armada ihre Show betrieben, ging Nerva-Than neue Wissensgebiete an. Sie erschloß sich die Sprachwissenschaften und fremdpsychologische Fertigkeiten.
    Nach ein paar Jahren waren ihre finanziellen Rücklagen aufgebraucht. Nerva-Than nahm eine Stellung bei der Kosmischen Hanse an. Man steckte sie als Chefingenieurin auf einen Leichten Holk. Zehn Monate lang pendelte sie zwischen Arkon und der Provcon-Faust, wo der Kosmische Basar HAMBURG stationiert war, hin und her. Der eintönige Bordbetrieb belastete immer häufiger ihre Nerven. Wozu hatte sie ihre Stellung in der
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