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1351 - Templergold

1351 - Templergold

Titel: 1351 - Templergold
Autoren: Jason Dark
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Sie hatte sich in die Nähe der Tür gestellt. Das Schnarchen kümmerte Lilian nicht mehr. Ihre Sorgen und Probleme sahen jetzt anders aus.
    Kam es zurück?
    Es war nichts zu hören, und so fasste sie Mut und ging in die Küche, wo sie sich wieder duckte, als sie auf das Fenster zuschlich.
    Wieder warf sie einen Blick ins Freie, und ihr starkes Herzklopfen verminderte sich etwas, weil sie nichts sah, das ihr gefährlich werden konnte.
    Eine leere Umgebung. Keine Bewegung in der Nähe. Kein Skelett, auch kein Tier, das um das Haus schlich.
    Sie hätte beruhigt durchatmen können. Dazu war sie nicht in der Lage. Ein noch viel zu großer Druck lastet auf ihr, und Lilian gelangte zu dem Entschluss, dass sie etwas unternehmen musste.
    Bisher hatte Orry ihr nicht geglaubt. Das musste sich ändern. Sie nahm sich vor, ihn zu wecken und von ihrer Entdeckung zu berichten. Er musste sich dann entscheiden. Ihr wäre es am liebsten gewesen, wenn ihnen die Flucht gelang und sie die Nacht woanders verbrachten. Da gab es bestimmt einige Möglichkeiten.
    Auf Zehenspitzen ging sie zurück in den Wohnraum.
    Orry hatte seine Schlafhaltung nicht verändert. Noch immer lag und saß er halb auf der Couch. Der Kopf war zur Seite geglitten, aus dem offenen Mund drangen die Schnarchlaute.
    Lilian Dexter legte ihre Hand auf seine Schulter, aber er rührte sich nicht. Er saß weiterhin starr.
    Sie rüttelte ihn.
    Sein Mund schnappte zu. Dabei verließ ein ungewöhnliches Geräusch seine Kehle. Als hätte er kurz etwas angesägt.
    Dann schaute er hoch.
    Seine Augen standen zwar offen, doch er sah nichts. Das bemerkte Lilian an deren Ausdruck.
    »He, Orry, du musst aufwachen!«
    »Was?«
    »Werde wach, verdammt!«
    Orry verzog das Gesicht. Es verwandelte sich in eine Grimasse.
    Lilian kannte das. Wenn er so schaute, war er sauer, wütend und vielleicht noch einiges mehr.
    Heftig schüttelte er den Kopf und schlug plötzlich mit dem rechten Arm um sich.
    Lilian stand zu nahe bei ihm. Es gelang ihr auch nicht rechtzeitig genug, den Kopf zur Seite zu nehmen, so streifte seine rechte Hand sie, zudem noch mit den Nägeln, sodass auf der Wange die Haut leicht aufgerissen wurde.
    Normalerweise hätte sie geflucht und ihn angeschrien. Das tat sie in diesem Fall nicht. Sehr tief steckte noch die Erinnerung an das verdammte Skelett in ihr.
    »Lass mich in Ruhe, verflucht!«
    »Nein, nein, nein!« Dreimal hatte sie das Wort ausgesprochen und jedes Mal bestand es aus einem Schrei.
    Das machte Orry munter. Er fuhr mit einer heftigen Bewegung hoch. Stand allerdings nicht auf, sondern blieb sitzen, schaute dumm aus der Wäsche und schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen hier weg!« Lilian hatte sich vor dem Tisch aufgebaut und hielt beide Hände zu Fäusten geballt. »Wirklich, Orry, wir müssen von hier verschwinden!«
    »Wieso?« Das eine Wort bestand mehr aus einem Rülpsen als aus einem Sprechen.
    »Weil es da ist!«
    »Was ist da?«
    »Das Skelett!«, schrie sie ihn an. »Das verdammte Skelett!«
    »Hä?« Orry war noch nicht richtig wach. Er rieb seine Augen und schüttelte den Kopf.
    »Das lebende Skelett. Es ist draußen. Direkt vor dem Haus. Ich habe es gesehen.«
    Orry verzog den Mund und winkte ab. Er ließ sich auch wieder zurückfallen. Dabei griff er nach seiner Schnapsflasche, setzte sie an und trank einen Schluck.
    Lilian wusste nicht mehr, was sie noch tun sollte. Orry war nicht nüchtern. Sie brauchte nur in seine Augen zu schauen, um zu erkennen, dass mit ihm nicht zu reden war.
    Er stellte die Flasche wieder weg. »Geh in dein Bett und lass mich in Ruhe.«
    »Du wirst sterben, Orry!«
    Er lachte nur. »Bevor ich sterbe, kippt der Mond. Das sag ich dir. Und jetzt lass mich in Ruhe!«
    »Nein!«
    Lilian hatte nur das eine Wort gesagt. Sehr scharf ausgesprochen, sodass Orry aufmerksam werden musste. Tatsächlich ruckte er hoch. Er schaute in ihr Gesicht, und nun dämmerte ihm, das Lilian doch nicht gelogen oder sich etwas ein gebildet hatte.
    Er fuhr über seinen Glatzkopf hinweg und schien für einen Moment wieder nüchtern zu sein.
    »Was hast du da gesagt? Du willst nicht?«
    »Wir müssen weg, verdammt! Ich, Orry, ich habe das lebende Skelett draußen gesehen. Die Leute haben sich das nicht eingebildet. Das Skelett gibt es, verflucht!«
    Orry senkte den Kopf. Er musste nachdenken. Es fiel ihm schwer, weil der Alkohol seinen Geist umnebelt hatte. Aber die letzten Worte hatten doch einen gewissen Eindruck hinterlassen. Er hob den Kopf wieder an,
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