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1343 - Manons Feuerhölle

1343 - Manons Feuerhölle

Titel: 1343 - Manons Feuerhölle
Autoren: Jason Dark
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Schwarzseher. Wir schlossen jedoch nicht aus, dass diese U-Bahn-Fahrt auch Überraschungen mit sich brachte…
    ***
    Wir hatten uns einen Wagen ausgesucht, der recht leer war, nicht mal zur Hälfte gefüllt, was uns sehr entgegenkam. Bill war nicht mal sehr überrascht, als er erfuhr, wohin die Fahrt ging. Ich hatte ihm auch den Namen des kleinen Hotels gesagt, da hatte er nur mit den Schultern gezuckt, ein Anzeichen darauf, dass ihm der Name der Unterkunft nichts sagte.
    Unseren Schützling hatten wir in unsere Mitte genommen. Ich berührte Manon mit der rechten Seite, Bill mit der linken.
    Außerdem saßen wir an der Wand des Wagens. Direkt hinter unserem Rücken befanden sich die Fenster. Die Plätze gegenüber waren leer, und wenn wir direkt nach vorn schauten, sahen wir auf die Fenster, hinter denen sich die Dunkelheit des Tunnels wie ein schnell ablaufendes Schattenspiel abzeichnete.
    Wir hatten die Beine ausgestreckt. Der Wagen fuhr glatt auf den Schienen, trotzdem schwankte er hin und wieder, sodass unsere Körper gegeneinander stießen.
    Manon Lacre verhielt sich sehr ruhig. Den Blick hatte sie gesenkt, und sie schaute zu Boden. Die Hände lagen übereinander auf ihren Oberschenkeln. So wie sie sah jemand aus, der in tiefen Gedanken verloren ist.
    Die Plätze gegenüber waren frei. Beim Einsteigen hatte ich mich schon umgeschaut. Ich wollte ungefähr einschätzen können, wer mit uns fuhr. Es gab für mich keinen Grund, misstrauisch zu sein.
    Es war praktisch der Durchschnitt der Bevölkerung. Es gab ältere Menschen, jüngere ebenfalls und auch welche im mittleren Alter.
    Verschiedene Hautfarben waren vertreten, doch es gab keinen Menschen, der Randale machte oder auch nur den Ansatz dazu zeigte.
    Bis zur nächsten Haltestelle sprach niemand von uns ein Wort.
    Wir gewöhnten uns an die Umgebung und schauten dann zu, wer einstieg und wer den Wagen verließ.
    Auch jetzt brauchten wir nicht misstrauisch zu sein. Da waren die junge Frau mit dem Kinderwagen und die kichernden Teenager, die sich in einer Sitzbank zusammendrängten und über ihre Boyfriends sprachen, an denen sie kein gutes Haar ließen.
    Ich schaute Manon von der Seite her an, weil ich sehen wollte, welch einen Ausdruck ihr Gesicht zeigte. Manchmal kann man daran ablesen, unter welch einem Druck der Mensch steht, doch bei ihr blieb alles glatt. Sie zeigte keine Emotionen, erst recht kein Lächeln.
    »Geht es dir gut?«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich weiß es nicht.«
    »Warum?«
    »Ich spüre innerlich eine kleine Spannung.«
    »Hast du Angst?«
    Zunächst erhielt ich keine Antwort. Manon schaute nur auf die gegenüberliegenden Scheiben, als könnte sie dort etwas Bestimmtes ablesen. Aber dahinter waren nur die dunklen Wände des Tunnels zu sehen, hin und wieder unterbrochen von schwachen Lichtinseln, die mir vorkamen wie kleine Fegefeuer.
    »Es ist komisch«, gab sie schließlich zu.
    »Und was?«
    »So genau kann ich das nicht sagen. Wir fahren ja auf ein Ziel zu. Je näher wir ihm kommen, desto mehr spüre ich, dass sich bei mir etwas verändert. In mir, meine ich.«
    »Kannst du das genauer beschreiben?«
    »Es ist wohl die Angst«, flüsterte sie.
    »Ach, die geht vorbei«, sagte ich und lächelte. Ich wollte sie aufmuntern, doch das schaffte ich nicht. Kein einziges Zucken der Lippen verriet, was sie dachte.
    Auch Bill wollte sie aufheitern. »Du bist bei uns gut aufgehoben, meine Liebe. Ich will dir sagen, dass selbst der Teufel flüchtet, wenn er uns sieht. Ja, er hat dann den nötigen Respekt und…«
    »Bill…«, sagte ich nur.
    »Ja, ja, ich bin ja schon still. Ich habe es eben nur gut gemeint, das ist alles.«
    Zwischen uns baute sich wieder das Schweigen auf. Die Frau mit dem Kinderwagen saß uns jetzt gegenüber. Es war ein guter Platz, so störte auch der Wagen nicht.
    Ich schaute sie an.
    Bekleidet war sie mit einer hellgrauen Hose und einer dunkelroten Wolljacke. Auf den braunen Haaren saß eine gestrickte Mütze in der gleichen Farbe. Die Mutter des Kindes im Wagen war sie wohl nicht, denn vom Alter her lag sie um die 50. Ihr Gesicht wirkte ein wenig verhärmt. Die Haut war von dünnen Falten durchzogen, und wenn mich nicht alles täuschte, besaß sie wässrige Augen. Hin und wieder sprach sie auf das Kind mit ruhiger Stimme ein, obwohl sich dies nicht meldete.
    Wir rollten in die nächste Station ein.
    Waterloo!
    In der Bahn entstand jetzt mehr Bewegung. Die Frau mit dem Kind allerdings blieb sitzen. Die Aussteigenden
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