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1310 - Unternehmen Götterschrein

Titel: 1310 - Unternehmen Götterschrein
Autoren: Unbekannt
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Typ war als Stalker. Er hatte ihnen nicht schöngetan, sondern sie an die Kandare genommen, daß ihnen die Zähne geknirscht hatten.
    Vor allem aber hatte er der Milchstraße das Wunder des Gordischen Knotens „geschenkt", sie damit vom Psionischen Netz abgekoppelt und sie mit ihrer Raumfahrt völlig vom Stygischen Netz abhängig gemacht, das eine der beiden Komponenten des Gordischen Knotens darstellte.
    Jemand stieß mir den Ellenbogen zwischen die Rippen. Ich schrak aus meinen Gedanken auf und hätte beinahe die Kamera fallen gelassen, weil ich unter mir die Berge Terras sah und über mir den Fußboden des Luftbusses.
    Dann fiel mir wieder ein, daß wir zwar kopfüber, aber mit nach oben gerichteter künstlicher Schwerkraft flogen.
    „Du hast mit offenen Augen geträumt, Siddy", stellte Muchilla halb amüsiert, halb vorwurfsvoll fest.
    „Möchtest du auch einen?"
    Ich sah, daß sie die typisch terranische Wiederkäubewegung vollführte und mir einen Kaugummi anbot.
    „Nein, danke!" lehnte ich angewidert ab. Allein der Gedanke, mir von aromatisiertem Kautschuk die Zähne zusammenpappen zu lassen, erzeugte Brechreiz in mir.
    Im nächsten Moment schloß ich die Augen, weil meine Sinne schon wieder genarrt wurden und ich mich erst darauf einstellen mußte, daß der Luftbus sich so drehte, daß die Oberseite gen Himmel zeigte, die Schwerkraft mich aber weiterhin zum Boden der Passagierkabine zog. Nur war es jetzt keine künstliche Schwerkraft mehr, sondern die natürliche Schwerkraft Terras.
    Als ich die Augen wieder öffnete, bot sich mir ein faszinierendes Bild.
    Direkt vor uns lag das breite Tal des Brahmaputra - und weit dahinter die Gipfelkette des Transhimalaja.
    Aber mein Bewußtsein schaute weiter, als das Auge es vermochte. Es sah hinter den wilden steinigen Bergwüsten, über die sich spitzgezackte, vom ewigen Schnee bedeckte Gipfel erhoben, die Klöster und Tempel des alten Tibet, die auf unerklärliche Weise von einem Geist inspiriert sein sollten, der dem Geist des Bàalol verwandt war.
    Ich erschauderte.
    Über die Abgründe der Zeit griff die gemeinsame Vergangenheit, von Terranern, Akonen und Antis nach mir. Vielleicht war irgendwo in dieser Gegend die Urlehre entstanden, aus der sich dann viel später der Lamaismus und der Bàalolkult gebildet hatten.
    „Du bist wirklich ein Träumer", sagte Muchilla zu mir, während der Luftbus ins fruchtbare Tal des Brahmaputra hinabschwebte und danach dem Lauf des Stromes folgte.
    „Spuck deinen Kaugummi aus!" sagte ich barsch zu der Terranerin.
    Völlig verblüfft gehorchte sie, dann bot sie mir ihre Lippen dar.
    Ich seufzte, faßte sie unters Kinn und flüsterte: „Du solltest dich auch einmal mit der fernen Vergangenheit befassen, Schwester, vielleicht würdest du dann die Gegenwart besser verstehen und könntest etwas für die Zukunft tun, anstatt nur herumzuflirten."
    Sie blickte mich verständnislos an.
    Da ließ ich es sein.
     
    *
     
    Es war Nachmittag, als wir in Katmandu landeten. Hier war Endstation für heute. Das Programm sah nicht vor, daß wir nach Pokhara zurückkehren würden.
    Die alte Königsstadt und heutige Regionalhauptstadt der terranischen Region Nepal sollte uns aufnehmen. Hier würden wir heute uralte Tempel und Königspaläste besichtigen - und am Abend sollten wir im ehrwürdigen Hotel und Restaurant Der Weiße Schrein speisen. Dort würden wir auch übernachten und am nächsten Tage dem Lauf des Ganges folgend zu den Sundarbans fliegen, um die letzten Tiger Terras in Freiheit zu beobachten.
    Das hieß, die Reisegruppe würde morgen dem Lauf des Ganges folgen, aber ohne mich. Ich hatte mich am frühen Morgen in Richtung Makalu abzusetzen, den ich heute bereits von der Südflanke aus gesehen und gefilmt hatte. Dort würde die latente Telepathin Elsande Grel zu mir stoßen, ebenso wie Julian Tifflor und NiaSelegris.
    Dann wurde es ernst.
    Ich schüttelte diese Gedanken ab und öffnete meine Sinne für die unmittelbare Gegenwart.
    Katmandu war wirklich eine Perle, vom Gleiterplatz aus betrachtet. Sie lag in einem Tal am Zusammenfluß von Bagmati und Vishnumati, und die Dächer ihrer Paläste und Tempel ragten überall aus dem absichtlich niedrig gehaltenen Häusermeer der Stadt.
    Ich mußte mir in Erinnerung rufen, daß die Tempel und Paläste ausschließlich Restaurationen waren.
    Auch Katmandu war im 25. Jahrhundert, wie vieles auf der Erde, durch Intervallkanonenbeschuß der Zweitkonditionierten mit ihren Dolans pulverisiert
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