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12 - Im Auge des Tigers

12 - Im Auge des Tigers

Titel: 12 - Im Auge des Tigers
Autoren: Tom Clancy
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könne, müsse einfach zwangsläufig cleverer sein als der Rest der Menschheit. In elf Monaten sollte Broughton das Kommando über die 2nd Marine Division übernehmen, die in Camp Lejeune, North Carolina, stationiert war. Diese erfreuliche Nachricht traf erst vor einer Woche ein, und Broughtons Begeisterung darüber hielt noch immer an.
    Das wiederum kam Captain Brian Caruso sehr zustatten, den die bevorstehende Unterredung mit einem Offizier im Generalsrang zwar nicht gerade in Angst und Schrecken, aber durchaus in erhöhte Alarmbereitschaft versetzte. Er trug seine olivefarbene Ausgehuniform mit dem Sam-Browne-Gürtel und hatte sämtliche Ordensbändchen angesteckt, die zu tragen er berechtigt war – nicht gerade eine Unmenge, doch es waren ein paar ganz hübsche Exemplare darunter –, sowie seine goldene Fallschirmjägerspange und eine Sammlung von Scharfschützenabzeichen, umfangreich genug, selbst einen langjährigen gestandenen Schützen wie General Broughton zu beeindrucken.
    Die Tagesgeschäfte des M-2 wurden von einem Lieute-12

    nant-Colonel sowie einem farbigen weiblichen Gunnery Sergeant als persönlicher Sekretärin erledigt. All das kam dem jungen Captain reichlich merkwürdig vor, doch Logik war nun einmal etwas, für das das Corps nicht unbedingt berühmt war, wie sich Caruso selbst ins Bewusstsein rief.
    Wie hieß es doch so schön: 230 Jahre Tradition, unbelastet von jeglichem Fortschritt.
    »Der General hat jetzt Zeit für Sie, Captain«, sagte die Sekretärin und blickte von dem Telefon auf ihrem Schreibtisch auf.
    »Danke, Gunny«, erwiderte Caruso. Er erhob sich und ging zur Tür, die der Sergeant ihm aufhielt.
    Broughtons Erscheinung entsprach genau Carusos Erwartungen: knapp unter einsachtzig mit einer Brust, an der ein Hochgeschwindigkeitsgeschoss zum Querschläger geworden wäre. Er trug sein Haar knapp über Stoppellänge. Wie für die meisten Marines war es auch für Broughton ein schwarzer Tag, wenn seine Haare eine Länge von anderthalb Zentimetern zu erreichen drohten und er zum Friseur musste. Der General blickte von seinen Papieren auf und musterte seinen Besucher mit kühlen, haselnussbraunen Augen von oben bis unten.
    Caruso salutierte nicht. Genau wie die Offiziere der Navy machen Marines auch nur dann eine Ehrenbezeigung, wenn sie unter Waffen stehen oder unter freiem Himmel eine Kopfbedeckung tragen. Der prüfende Blick dauerte etwa drei Sekunden. Dem Gegenstand der Betrachtung kam er jedoch vor wie eine Woche.
    »Guten Morgen, Sir.«
    »Nehmen Sie Platz, Captain.« Der General wies auf einen ledergepolsterten Sessel.
    Caruso setzte sich, behielt dabei allerdings die stramme Haltung bei und beugte die Knie im rechten Winkel.
    »Wissen Sie, warum Sie hier sind?«, fragte Broughton.
    »Nein, Sir, das hat man mir nicht mitgeteilt.«
    »Wie gefällt es Ihnen bei der Force Recon?«
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    »Hervorragend, Sir«, erwiderte Caruso. »Ich halte die Unteroffiziere für die besten des gesamten Corps, und die Arbeit ist wirklich interessant.«
    »Hier steht, Sie haben in Afghanistan gute Arbeit geleistet.« Broughton hielt einen Hefter hoch, der mit rot-weiß gestreiftem Klebeband an den Rändern gekennzeichnet war. Die Markierung für Top-secret-Material. Allerdings fielen Kommandoeinsätze häufig in diese Kategorie, und Carusos Afghanistan-Einsatz war beileibe nichts gewesen, das in die NBC-Abendnachrichten gehört hätte.
    »Ziemlich aufregende Sache war das, Sir.«
    »Gute Arbeit, steht hier, keinen Mann dabei verloren.«
    »Das hatten wir hauptsächlich diesem Sanitäter von den SEALs zu verdanken, der mit dabei war, General. Corporal Ward wurde übel verwundet, aber Petty Officer Randall hat ihm das Leben gerettet, so viel steht fest. Ich habe ihn für eine Auszeichnung vorgeschlagen. Hoffe, er kriegt sie auch.«
    »Das wird er«, versicherte Broughton. »Und das Gleiche gilt für Sie.«
    »Sir, ich habe nur meinen Job gemacht«, protestierte Caruso. »Meine Männer haben die ganze…«
    »Und genau das macht einen guten jungen Offizier aus!«, unterbrach ihn der M-2. »Ich habe Ihren Gefechtsbericht gelesen und auch den von Gunny Sullivan. Er schreibt, Sie hätten sich für einen jungen Offizier, der seinen ersten Gefechtseinsatz erlebt, hervorragend geschlagen.« Gunnery Sergeant Joe Sullivan hatte schon früher Pulverdampf gerochen, im Libanon und in Kuwait und an noch ein paar anderen Orten, von denen in den Fernsehnachrichten allerdings nie etwas verlautet war. »Sullivan stand
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