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1167 - Die Tochter des Dämons

1167 - Die Tochter des Dämons

Titel: 1167 - Die Tochter des Dämons
Autoren: Jason Dark
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ließ gesprenkelte Schatten über das Grab huschen.
    Es war plötzlich kälter geworden. Alina fröstelte und zog den dünnen Mantel enger um ihren Körper.
    Ein paar Mal schluckte sie. Der Kloß war wieder da, denn sie hatte an ihren Vater gedacht. »Warum hast du dich so zurückgehalten, Dad? Warum hast du dich nicht schon zu deinen Lebzeiten offenbart? Wer bist du wirklich gewesen?«
    Sie hatte gehofft, eine Antwort zu bekommen, doch das Grab schwieg. Niemand sagte etwas. Es gab keinen, der sich aus dem Reich der Toten meldete. Völlig normal lag der Friedhof um sie herum. Sie sah keine Gefahr, und trotzdem glaubte sie, in einer Gefahr zu schweben.
    Der Vater hatte ihr etwas vererbt. Es musste mit den Augen zusammenhängen, das hatte er gesagt, und das genau hatte sie auch gespürt. Deshalb hob sie die rechte Hand an und strich mit den Fingern über die Augen und deren Umgebung hinweg, ohne eine Veränderung zu spüren. Da war alles so geblieben wie es war.
    Alina hatte keine Handtasche mitgenommen. Wie viele Menschen trug sie einen Rucksack auf dem Rücken, in dem sie ihre Habseligkeiten verstaut hatte. Darunter befand sich auch ein Spiegel.
    Alina wollte es jetzt genau wissen. Sie löste den Rucksack von der Schulter, öffnete ihn und brauchte nicht lange zu kramen, um den Spiegel zu finden. Er war klein, er war oval, und er reichte für ihre Zwecke genau aus.
    Sie schaute hinein.
    Alina sah ein Gesicht, das nicht unbedingt schön war, jedoch interessant. Der Mund war ein wenig zu breit, das Kinn vielleicht etwas zu eckig, auch hatte sie sich als Teenager über die hochstehenden Wangenknochen geärgert, aber das alles wurde wettgemacht durch die sehr ruhigen Augen, auf die sie blickte.
    Sie waren grau, mit einem Grünschimmer versehen und sie zeigten die Klarheit eines mit Brunnenwassers gefüllten Schachts. Der Blick konnte faszinieren. Er konnte Botschaften aussenden, aber er hatte sich nicht verändert.
    Es waren die gleichen Augen geblieben. Sie veränderten sich auch nicht, je länger Alina in den Spiegel schaute. Und doch musste etwas mit diesen Augen passiert sein, denn sie glaubte nicht, dass ihr Vater oder dessen Geist sie angelogen hatte.
    »Dann eben nicht«, flüsterte sie nach einer Weile und ließ den Spiegel sinken. Wenig später war er im Rucksack verschwunden, den sie dann wieder über ihren Rücken hängte.
    Sie wollte nicht mehr bleiben. Das Grab und die Erinnerung an ihren Vater hatten sie unsicher werden lassen. Deshalb brauchte sie zunächst Ruhe, um wieder zu sich selbst finden zu können. Alles andere konnte sich dann ergeben. Sie wollte ihr normales Leben weiterführen, befürchtete aber, es nicht zu schaffen.
    Alina warf einen letzten Blick auf das Grab. Sie hob dabei die Schultern und schüttelte den Kopf, während sie sprach. »Was hast du mir hinterlassen, Vater? Welches Erbe? Ich glaube dir ja, aber ich hätte gern mehr gewusst.«
    Das Grab schwieg. Der Tote meldete sich nicht mehr. Alina wurde mit ihren Problemen allein gelassen. Wobei sie selbst zugab, dass die Probleme gar nicht so groß waren. Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, dann hätte sie sich wesentlich unwohler fühlen müssen, aber sie war ein Mensch, der schon positiv in die Zukunft schaute und nicht so schwarzsah.
    Man musste abwarten, wie das weitere Leben verlief. Erst dann konnte sie Entscheidungen treffen.
    Alina wollte Abstand gewinnen. Sie nahm sich vor, einige Tage verstreichen zu lassen, bevor sie das Grab des Vaters wieder besuchte. Es war auch möglich, sich Urlaub zu nehmen. Genau diese Zeit brauchte sie jetzt, um im Leben ihres Vaters zu forschen. Mehr denn je war sie davon überzeugt, dass es darin ein Geheimnis gegeben hatte, über das der alte Herr nie gesprochen hatte. Möglicherweise hing es damit zusammen, dass er am Abend so oft unterwegs gewesen war. Gefunden hatte man ihn auf einer wilden Müllkippe. Dort hatte er tot und mit herausgeschälten Augen gelegen. Es musste ein schrecklicher Anblick gewesen sein.
    Sie ging den gleichen Weg zurück und erreichte schon sehr bald den Schutz der Bäume. Die Zweige und das Blattwerk warfen jetzt ihre Schattenmuster über sie hinweg, und wenig später hatte sie das Gefühl, durch einen natürlichen Tunnel zu schreiten. In dieser Umgebung des Friedhofs befanden sich die größeren Gräber und auch Gruften, die vom Weg versetzt standen und oft nicht sofort zu sehen waren, da sie durch Buschwerk geschützt wurden.
    Sie würde sehr bald zu einem kleinen
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