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1167 - Die Tochter des Dämons

1167 - Die Tochter des Dämons

Titel: 1167 - Die Tochter des Dämons
Autoren: Jason Dark
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Rondell kommen. Von dort aus zweigten verschiedene Wege ab. In der Mitte des Rondells wuchs ein alte Eiche. Um den mächtigen Stamm herum war eine grün angestrichene Metallbank aufgestellt worden, ein beliebter Rastplatz am Tage. Jetzt würde die Bank leer sein, was Alina sehr entgegenkam, denn sie brauchte Ruhe, um noch einmal alles überdenken zu können.
    Die Blätter der Eiche bewegten sich im Wind. Alina hörte das leise Rascheln. Sie empfand es wie das Flüstern der Totenstimmen, die ihr eine Botschaft mit auf den Weg geben sollten.
    Die Bank war sauber.
    Sie nahm Platz und lehnte sich zurück. Von ihrem Platz aus schaute sie in westliche Richtung. Dort hatte sich der breite Streifen der Dunkelheit bereits ausgebreitet. Er würde immer näher rücken und den Tag ganz verschlingen.
    Die Augen schließen, nachdenken. Dabei versuchen, sich mit dem Erbe des verstorbenen Vaters auseinander zu setzen, wobei sie noch immer nicht genau wusste, was er ihr vererbt hatte.
    Alina Wade war nicht sehr gläubig. Sie ging auch nicht in die Kirche. Aber sie glaubte schon daran, dass das Schicksal eines Menschen vorbestimmt war. Auch wenn sie gewollt hätte, es wäre ihr nicht gelungen, sich gegen das Erbe des Vaters zu wehren. Sie hatte es erhalten und musste damit leben.
    Augen - es hatte etwas mit den Augen zu tun, obwohl sich Alina das nicht vorstellen konnte. Erst vor einigen Minuten hatte sie in den Spiegel geschaut und ihre Augen prüfend betrachtet, aber es war ihr keine Veränderung aufgefallen.
    Hatte ihr Vater gelogen?
    Nein, auf keinen Fall. Bereits der Gedanke daran ließ sie erröten. Sie fühlte sich wie eine Verräterin ihm gegenüber. Alina betrachtete ihre Umgebung besonders genau. Sie versuchte herauszufinden, ob sie die Natur jetzt mit anderen Augen sah, doch das war nicht der Fall. Sie nahm die Umgebung ebenso klar wahr wie immer. An der Sehschärfe hatte sich nichts verändert.
    Plötzlich hörte sie das Geräusch. Es setzte sich aus drei Teilen zusammen. Zum einen waren es heftige Schritte, zum anderen ein kurzes abgehacktes Lachen und auch ein ebensolches Keuchen.
    Einen Moment später sah sie den jungen Mann!
    ***
    Und noch eine Frau stand am Grab eines Toten. Kerzengerade, ohne sich zu bewegen. Sie starrte über das Grab hinweg, und wer in ihr Gesicht geschaut hätte, der hätte auch die Gänsehaut gesehen, die sich darin festgesetzt hatte.
    Die Frau war nicht mehr die Jüngste. Die Zahl 70 hatte sie erreicht. Sie trug einen modischen grauen Mantel, und auf ihrem grauen Haar saß ein brombeerfarbener Hut mit leicht in die Höhe gebogener Krempe.
    Die Frau war keineswegs vor Trauer erstarrt. Dass sie sich nicht bewegte, hatte einen Grund. Hinter ihr stand ein junger Mann, der eine Baseballmütze auf seinen haarlosen Kopf gesetzt hatte, und hielt ein Messer in der Hand. Die Spitze berührte den Nacken der Frau. Sie war auch leicht eingedrungen und hatte einen Blutfleck hinterlassen.
    »Sei ganz ruhig, Oma, sei ganz ruhig. Dann steche ich dich nämlich nicht ab.«
    »Keine Sorge, junger Freund. Ich bin die Ruhe selbst. Nur du scheinst mir etwas nervös zu sein.«
    »Das ist die Spannung.«
    »Aha.«
    »Ich bin gespannt darauf, was ich gleich in deiner Tasche finden werde, Oma.«
    »Das kann ich dir sagen. Einige Taschentücher, eine Ersatzbrille, einen Ausweis…«
    »Hör auf mit dem Scheiß!« schrie er. »Ich will Geld!«
    »Das kannst du haben. Wofür brauchst du es? Für Stoff. Bist du auf dem Trip? Kommst du ohne nicht mehr klar?«
    »Genau das, Oma. Und wenn ich zu wenig Kohle finde, komme ich zurück und mache dich fertig.«
    »Nein, nein, nicht so. Du willst dir doch dein Leben nicht versauen. Oder wie sehe ich das?«
    »Keineswegs, Oma, ich will mir ein schönes Leben machen, Hörst du?«
    »Ja, natürlich. So denken viele von euch.« Lady Sarah seufzte nach der Antwort. Zugleich schalt sie sich eine Närrin, dass sie um diese Zeit dem Friedhof einen Besuch abgestattet hatte. Sie hatte schon lange vorgehabt, das Grab einer Freundin zu besuchen, die vor knapp zwei Jahren gestorben war.
    Natürlich wusste sie, dass es gefährlich war, in den Reststunden des Tages auf einen Friedhof zu gehen, wo gewissenlose Typen auf ältere Menschen warteten, aber Sarah Goldwyn, die Horror-Oma, war immer eine Frau gewesen, die niemals Angst gezeigt hatte und sogar bereit war, dem Teufel ins Gesicht zu spucken.
    Diesmal hatte sie sich geirrt mit ihrer Meinung, dass es immer nur die anderen erwischte und nie sie
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