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1151 - Das Babel-Syndrom

Titel: 1151 - Das Babel-Syndrom
Autoren: Unbekannt
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nicht halten.
    Immer wieder glitt es in die falsche Richtung. Digitalis Aura hopste noch immer wie verrückt auf dem Seerosenblatt herum und verteidigte sich mit seinem „Schwert des Lichts". Er hatte inzwischen das Boot bemerkt und winkte mit seinem roten Schulterumhang.
    „Halte durch!" flüsterte Lassel.
    Schließlich schaffte er es. Das Boot pflügte genau auf das Seerosenblatt des Siganesen zu. Die Lachmöwen ließen von ihrem Opfer ab und segelten schreiend am Boot vorbei und über das Boot hinweg. Offenbar waren sie es gewohnt, von Bootsfahrern gefüttert zu werden. Als Lassel ihre Erwartungen enttäuschte, revanchierten sie sich auf höchst unfeine Art.
    Fast zu spät erkannte der Psychologe, daß das Boot den Siganesen unter den Kiel nehmen mußte, wenn er nicht abbremste oder den Kurs änderte. Er versuchte zu bremsen, doch das Boot drehte nur nach Backbord ab. Wenn es sich weiterdrehte, würde es Digitalis unters Heck nehmen.
    Im letzten Moment kam Lassel Domaschek auf die richtige Idee. Er riß einen Riemen aus der Dolle und streckte ihn dem Siganesen entgegen.
    Mit einem Satz, den er ihm nicht zugetraut hätte, sprang Digitalis Aura auf das Ruderblatt. Aber da es naß und glatt war, rutschte er ab, fand nirgends einen Halt und fiel ins Wasser.
    Lassel hielt den Atem an, als der Siganese versank. Aber kurz darauf tauchte er wieder auf, schwamm zum Ruderblatt und zog sich an dessen Kante Hand über Hand hinauf.
    Behutsam zog Lassel den Riemen ein.
    Digitalis ließ sich auf die zweite Bank fallen und kippte erschöpft um.
    Lassel nahm ihn auf und steckte ihn in die Brusttasche seines Overalls, dann machte er sich auf den Rückweg.
    Als er am Bootssteg anlegte, hatte der Siganese sich durch seine Körperwärme etwas erholt. Er steckte den Kopf aus der Tasche und sah sich um.
    „Danke, Lassel!" sagte er mit etwas blubberndem Stimmverstärker, dann musterte er einen weißen Klecks in seiner Nähe und verzog angewidert das Gesicht. „Was ist denn das?"
    „Amsel, Drossel und die ganze Vogelschar", antwortete Lassel Domaschek.
     
    9.
     
    „Was tun wir jetzt?" erkundigte sich Digitalis Aura, als sie zum fünften Mal vergeblich versucht hatten, ans Hauptquartier der Hanse heranzukommen.
    Bisher waren sie jedes Mal auf Straßensperren gestoßen: Kampfroboter, die quer über die Straße eine Kette bildeten und ihre Paratronschutzschirme aktiviert hatten. Zahlreiche Menschen, die ins HQ-Hanse wollten, hatten sich vor ihnen angesammelt. Sie redeten durcheinander, verstanden einander nicht und waren frustriert.
    Die Roboter reagierten auf keine Frage. Es war nicht klar, ob sie die Straßensperren auf Befehl der Verantwortlichen der Hanse errichtet hatten oder aus Antrieb ihrer verwirrten Kommandopositronik.
    Inzwischen war die Luft noch stärker abgekühlt. Es schneite.
    Durch die Schneewolken hindurch war die Sonne nur als matter Lichtfleck zu sehen. Sie stand wieder höher über dem Horizont, aber bevor die Wolken aufgezogen waren, hatte Lassel Domaschek erkannt, daß der Durchmesser der Sonnenscheibe noch mehr geschrumpft war. Die Erde entfernte sich demnach weiterhin vom Zentralgestirn des Solsystems.
    „Warum gehst du den Rest der Strecke nicht allein?" wandte sich der Psychologe an Chthon. „Es sind nicht mehr als tausend Meter bis zum nächsten Tor."
    „Allein käme ich nicht weit", antwortete der Unheimliche. „Ich bin immer noch auf dich als meinen Bezugspunkt angewiesen."
    „Aber du kämst durch die Paratronschirme hindurch?" erkundigte sich Digitalis ehrfürchtig.
    „Selbstverständlich", erklärte Chthon.
    „Mann!" entfuhr es dem Siganesen. „Aber wenn ich mein Schwert des Lichts noch besäße ...! Leider ist es in den Ozean gefallen, weil Lassel mir das Paddel so ungeschickt hinhielt. Ich habe zwar danach getaucht, es aber nicht wiedergefunden."
    „Unter dem HQ-Hanse befindet sich ein großer Pneumotrain-Terminal", sagte Lassel nachdenklich, ohne auf die Anschuldigung des Siganesen einzugehen. „Von dort aus kann man das HQ ebenfalls betreten beziehungsweise verlassen. Vielleicht gibt es dort keine Sperren."
    „Führe mich hin!" befahl Chthon.
    „Immer mit der Ruhe!" erwiderte Lassel fröstelnd. Eine Tasse heißer Kaffee und ein Stück Erdbeertorte mit Sahne wäre jetzt das Richtige! Ein Stück? Was? Zehn Stücke! „Wir kommen dort nur von einer anderen Station aus hin, und ich glaube nicht, daß in Terrania noch ein einziger Pneumotrain verkehrt."
    „Dann werden wir eben zu Fuß
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