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1151 - Das Babel-Syndrom

Titel: 1151 - Das Babel-Syndrom
Autoren: Unbekannt
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überlebt hatte? Möglich war es. Für ein siganesisches Fliegengewicht würden schon ein paar Grashalme genügen, um einen Sturz aus beliebiger Höhe zu dämpfen. Wenn er allerdings auf eine Steinplatte geprallt war ...
    Er schüttelte diese Vorstellung ab, als er hörte, wie seine Zähne klappernd gegeneinander schlugen.
    Zuerst brauchte er trockene Kleidung, sonst würde er schon sehr bald zum zweitenmal sterben. Aber das Mädchen auch.
    Erleichtert sah er, wie aus dem nächsten Wohnturm jemand mit einer Wolldecke lief.
    Doch dann merkte er, daß sie nicht für das Mädchen oder ihn bestimmt war. Sie wurde über einen zerschmetterten Körper gelegt, der auf einem Plattenweg lag. Lassel Domaschek preßte die Lippen zusammen.
    Viele tausend Menschen mußten während der letzten Minuten umgekommen sein.
    Das Mädchen lächelte zaghaft, sagte etwas, das Lassel nicht verstand, und deutete zuerst auf sich, dann auf ihn und dann auf den Wohnturm. Er begriff.
    Sie führte ihn ins Haus und danach eine gewendelte Nottreppe etwa zwanzig Stockwerke hinauf. Lassels Herz hämmerte gegen seine Rippen, und er rang verzweifelt nach Atem, als sie den Treppenschacht verließen.
    Wie mochte es erst den Bewohnern im hundertsten Stock gehen?
    Das Mädchen führte ihn in eine Wohnung. Eine Frau, die ihre Mutter sein konnte, ließ sie ein und führte sie ins Wohnzimmer. Auf dem Wege dorthin nahm er durch die geschlossene Tür der Toilette den durchdringenden Gestank von Exkrementen wahr.
    Im Wohnzimmer saßen eine ältere Frau und ein älterer Mann. Eltern oder Schwiegereltern der jüngeren Frau! konstatierte Domaschek. In ihren Augen stand Verzweiflung geschrieben. Vor ihnen stand ein leerer Teller auf der Tischplatte.
    Wahrscheinlich hatten sich Brotkrumen darauf befunden. Der Mann führte immer wieder einen Finger in den Mund und tastete damit auf dem Teller herum.
    Als er Domaschek sah, sagte er weinerlich etwas, das sich wie „Agnrn Fluod gung" anhörte.
    Lassel Domaschek zuckte die Schultern.
    Die jüngere Frau hatte das Zimmer verlassen. Als sie zurückkehrte, brachte sie frische Unterwäsche, Socken, ein T-Shirt und einen Overall. Sie gab es ihm und schickte ihn in die Küche.
    Als Lassel zurückkehrte, hatte auch seine Retterin trockene Sachen angezogen. Er hätte den Leuten gern geholfen oder ihnen wenigstens einige tröstende Worte gesagt.
    Doch er wußte, daß sie kein Wort verstehen würden, und er sah keine Möglichkeit, ihnen zu helfen.
    Im Gegenteil, er mußte sie sofort wieder verlassen und sich darum kümmern, was aus Digitalis geworden war. Er küßte seine Retterin auf die Stirn, winkte allen zu und wollte gehen.
    Die jüngere Frau lächelte und deutete auf seine Füße. Erst da sah er, daß er in Socken herumstand. Er eilte in die Küche und hob seine Schuhe auf. Kopfschüttelnd ließ er sie fallen. Sie hatten sich voll Wasser gesogen und lösten sich teilweise auf.
    Das Mädchen kam ihm nach und stellte ein paar grüne Wadenstiefel aus Syntho-Wildleder neben ihn. Er schlüpfte hinein. Sie waren ihm mindestens zwei Nummern zu groß, aber besser das, als in Socken herumlaufen, dachte er.
    Er deutete auf die Schuhe und fragte: „Vater - wo?"
    Sie blickte ihm angestrengt auf die Lippen, dann erhellte sich ihr Gesicht. Hastig lief sie um den Küchentisch herum, bückte sich zwischendurch mehrmals und zischte, indem sie die Luft durch ihre Zähne preßte.
    Lassel glaubte zu verstehen.
    Ihr Vater lief mit einer Injektionspistole herum, um Verletzte zu versorgen.
    Wahrscheinlich war er der Ordnungsdienstler, der ihm die Injektion gegeben hatte.
    Er schüttelte die Hand des Mädchens, dann verließ er die Wohnung und machte sich an den Abstieg. Als er unten ankam, spürte er bereits Blasen an den Fersen.
    Und wenige Meter vor ihm stand Chthon und sah ihn auffordernd an.
     
    *
     
    Lassel Domaschek schüttelte energisch den Kopf.
    „Nein, zuerst muß ich wissen, was aus Digitalis geworden ist", erklärte er.
    „Das ist unwichtig", sagte Chthon. „Du mußt mich zu Reginald Bull bringen!"
    Lassel starrte den Unheimlichen zornig an, dann lachte er spöttisch.
    „Versuch doch, mich aufzuhalten, du Schatten von Ichweißnichtwem!"
    Er ging geradewegs auf ihn zu, doch dann brachte er es nicht fertig, absichtlich durch ihn hindurchzugehen. Er wich aus und strebte dem Ufer des Sees zu. Die Blasen an seinen Füßen schmerzten bei jedem Schritt, doch er biß die Zähne zusammen.
    Als erstes fand er das Bühnenroß - oder vielmehr
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