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1151 - Das Babel-Syndrom

Titel: 1151 - Das Babel-Syndrom
Autoren: Unbekannt
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abschwellendes Summen ertönte.
    Bull spürte ein flaues Gefühl im Magen.
    „NATHAN, melde dich! Hier ist Bully!"
    „Und hier bin ich", tönte es zurück.
    „Na, also!" sagte Bull.
    „Also, na!"
    Bull glaubte zu fühlen, wie sich sein Haar sträubte.
    „Rede keinen Quatsch, NATHAN! Dazu ist die Lage zu ernst."
    „Ernst? Ernst ist ein Eigenname, nicht wahr?"
    „Willst du mich vergackeiern?"
    „Das steht aber nicht im Verzeichnis. Wer spricht da Makulatur?"
    „Du selbst!" rief Bull wütend. „Die Menschheit braucht deine Hilfe, und du redest Unsinn."
    „Hilfe? Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott! Wer ist Gott?"
    „Du bestimmt nicht. Was ist mit dir los? Weißt du, wer ich bin?"
    „Der liebe kleine Bully mit dem roten Stoppelhaar. Sie tanzen."
    Unwillkürlich fuhr sich Bull durchs Haar.
    „Sie tanzen", wiederholte er, allmählich begreifend, daß NATHANS „geistiges" Niveau auf das eines Kleinkinds abgesunken war. „Kannst du mir verraten, wer tanzt?"
    „Die beiden, die schon immer tanzten. Ringelreihen! Ringele, gängele! Terra und Luna!
    Immer umeinander!"
    „Puh!" machte Bull.
    „Wie die Puh-Bären", sagte NATHAN.
    „Du weißt also, daß Terra und Luna umeinander tanzen", resümierte Bull.
    „Ich kann es sehen."
    Bull atmete auf. NATHANS weitverzweigtes Sensorsystem schien demnach zu funktionieren, wenn die Inpotronik die Wahrnehmungen auch naiv verarbeitete. Aber vom HQ-Hanse aus war den ganzen Tag über nicht ein Bild von der Außenwelt zu sehen gewesen.
    „Kannst du es mir auch zeigen?"
    „Warum nicht? Komm in mein Spielzimmer!"
    Reginald Bull verließ den Transmitterraum und ging in die eigentliche Zentrale NATHANS. Sie lag im rötlichen Schein der Notbeleuchtung. Aber nachdem Bull sie betreten hatte, flammten nacheinander mehrere Bildschirme auf.
    Auf einem waren Erde und Mond maßstabgerecht verkleinert zu sehen, auf einem anderen ein Draufblick auf die Ebene des Solsystems mit den farbig markierten Planetenbahnen und den durch kleinere oder größere Kugeln dargestellten derzeitigen Positionen der Planeten und ihrer Monde.
    Bull stutzte, dann deutete er auf die Positionen von Erde und Mond.
    „Das stimmt aber nicht", erklärte er.
    „Sie tanzen", sagte NATHAN. „Sie tanzen aus der Reihe."
    Bull erstarrte.
    „Du meinst, die Positionsdarstellung entspricht der Realität?" flüsterte er.
    „Ja", flüsterte NATHAN zurück. „Ich sage es bestimmt nicht weiter, Bully."
    „Braver Bursche!" lobte Bull, während ihm kalte Schauer über den Rücken liefen. „Erde und Mond haben also ihre Kreisbahn um die Sonne verlassen. Wie soll das weitergehen?"
    „Immer schneller", antwortete NATHAN. „Immer schneller, immer weiter."
    „Mein Gott!" flüsterte Bull entsetzt. „Aber warum? NATHAN, kannst du mir sagen, was die Ursache dafür ist?"
    „Ursache?"
    „Warum driften Terra und Luna in den interstellaren Raum?"
    „Driften", wiederholte die Inpotronik genußvoll. „Niedlich. Sie tanzen in das Schmetterlingsnetz. Es lockt sie."
    Bull raufte sich die Haare.
    „Was für ein Schmetterlingsnetz?"
    Ein leises Lachen ertönte.
    „Das war nur ein Vergleich, du kleiner Strampel." Plötzlich schlug NATHANS Stimmung um. „Es ist ein Schlund, ein bösartiger Schlund!" rief die Inpotronik angstvoll. „Terra und Luna werden hineinfallen."
    „Endlich redest du vernünftig", stellte Bull fest. „Kannst du eine Verbindung mit den Außenstationen und der Heimatflotte herstellen?"
    „Die Außenstationen sind befallen", antwortete NATHAN. „Ich habe meine Brüder weggeschickt, bevor sie ... bevor sie ..."
    „... auch von der Verwirrung befallen wurden?" ergänzte Bull, der begriff, daß NATHAN mit „seinen Brüdern" die Bordpositroniken aller Schiffe der Heimatflotte gemeint hat. „Sie sind alle weg?"
    „Alle, die auf mich hörten", sagte die Inpotronik. „Bully, kehre zurück! Fast wäre es mir gelungen, mich zu fangen, aber eine neue Wellenfront nähert sich. Irgend etwas Furchtbares. Kehr zurück, solange du es noch kannst!"
    „Ja!" sagte Bull. „Danke, NATHAN!"
    Er klappte im Laufen den Druckhelm zu, schaltete den Paratronschutzschirm ein und stellte sich zwischen die Säulen des Transmitters. Dadurch aktivierte sich das von Waringer ferngeschaltete Programm automatisch.
    Kaum war Reginald Bull in der Gegenstation rematerialisiert, katapultierte er sich förmlich aus dem Transmitterkreis.
    Keine Sekunde zu früh.
    Hinter ihm tobten lautlose Entladungen. Als sie aufhören, waren beide
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