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113 - Bote der Nacht

113 - Bote der Nacht

Titel: 113 - Bote der Nacht
Autoren: A.F.Morland
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vor?« fragte Pippa Guard mit zitternder Stimme.
    »Ich gehe nach nebenan. Wenn es sein muß, stoße ich ihm Bescheid.«
    »Ist der Mann kräftig?« fragte Pippa. »Sei bitte vorsichtig!«
    »Bin gleich wieder bei dir. Dann machen wir weiter…«
    »Ja, aber mit Latein.«
    »Darüber reden wir noch«, sagte Dale Robbins und eilte aus dem Studierzimmer.
    Als er auf den Flur trat, sah er Rick Davenport die Treppe hinunterlaufen. Er wollte ihm zuerst folgen, aber dann bemerkte er, daß die Tür der Nachbarwohnung offenstand. Wenn Davenport seine Wohnung so fluchtartig verließ, war das kein gutes Zeichen. Robbins befürchtete, daß die Frau, die offensichtlich mit Rick Davenport gekämpft hatte, Hilfe brauchte.
    Mit laut pochendem Herzen betrat er die Wohnung. »Hallo!« rief er besorgt. »Hallo, wo sind Sie?«
    Er begab sich ins Wohnzimmer. Ein heilloses Durcheinander herrschte hier. Der Tisch stand an der Wand, zwei Stühle lagen auf dem Boden, der Teppich war zusammengeschoben und warf hohe Wellen.
    Plötzlich stockte Dale Robbins der Atem.
    Er sah die Beine der Frau. Ihr Körper war von einem wuchtigen Sessel verdeckt. Robbins lief an dem Sessel vorbei, und wenige Sekunden später stand er vor der Frau. Sie war tot. Robbins brauchte kein Arzt zu sein, um das festzustellen. Er hatte noch nie eine Leiche gesehen, wußte aber dennoch sofort und mit absoluter Sicherheit, daß die Frau nicht mehr lebte.
    Er kannte sie, wußte, wie sie hieß. Sie wohnte zwei Straßen weiter, arbeitete als Raumpflegerin.
    Wie konnte Davenport das nur tun? fragte sich Robbins fassungslos.
    Estelle Lumsdens Gesicht war im Tode noch schreckverzerrt, und ihre gebrochenen Augen starrten Dale Robbins so an, daß es ihm eiskalt über den Rücken lief.
    Robbins machte kehrt. Er rannte in die Wohnung seiner Eltern zurück, war völlig durcheinander.
    »Pippa!« schrie er. »Pippa!«
    Das rotblonde Mädchen trat aus dem Studierzimmer. Robbins brauchte nichts zu sagen. Sie sah ihm an, daß in der Nachbarwohnung etwas Entsetzliches passiert war.
    »Ruf die Polizei!« keuchte Dale Robbins. »Die müssen sofort herkommen! Der Wahnsinnige hat seine Putzfrau umgebracht!«
    »Ist er noch in seiner Wohnung?«
    »Nein, ich sah ihn die Treppe hinunterrennen. Ich muß versuchen, ihn zu stellen. Ruf an!«
    Er drehte sich um und stürmte den Gang entlang. Als er die Treppe erreichte, beugte er sich über das Geländer und schaute hinunter. Rick Davenport schien das Haus verlassen zu haben.
    Robbins jagte die Stufen hinunter. Wenn er gestürzt wäre, hätte er sich eine Menge Knochen gebrochen, doch er war viel zu aufgeregt, um daran zu denken.
    Davenport durfte nicht entkommen. Nichts war dem jungen Mann im Augenblick wichtiger. Davenport war verrückt. Wenn man ihn nicht stoppte, brachte er weitere Leute um. Vielleicht sogar Pippa Guard – auf dem Heimweg!
    Robbins erreichte das Erdgeschoß. Aus den Augenwinkeln registrierte er, daß die Kellertür offen war. Er rannte weiter, riß das Haustor auf und stürzte schweratmend auf die Straße.
    Er sah niemanden – weder Davenport noch sonst eine Menschenseele.
    Er ist im Keller! durchzuckte es den jungen Mann, und er kehrte sofort wieder ins Haus zurück.
    ***
    Allmählich wurde der Boden fruchtbar. Frank Esslin, Kayba und Ledagh schritten durch knisterndes Gras. Der Söldner der Hölle beobachtete den Mumienkönig heimlich. Ledagh ließ die knöchernen Schultern hängen. Ihm schien alles egal zu sein. Er hatte keinen Blick für die Umgebung.
    Kayba wirkte angespannt wie eine Feder, seit Ledagh bei ihnen war. Es herrschte eine eigenartige Situation, die von Mißtrauen geprägt war. Es wäre ein Fehler gewesen, Ledagh zu trauen. Der Mumienkönig kannte nur ein Ziel: zu sterben. Und jedes Mittel war ihm recht, dieses Ziel zu erreichen.
    Er soll sich ja nichts einfallen lassen, dachte Frank Esslin. Ich würde ihn nicht töten, aber ich würde dafür sorgen, daß er die Dummheit bitter bereut.
    Das trockene Gras wurde langsam saftig und dicht. Esslin und seine Begleiter schritten wie über einen weichen grünen Teppich.
    Schon lange hielt Kayba Ausschau nach Reittieren, damit sie nicht mehr zu Fuß laufen mußten, aber es bot sich nichts an, was geeignet gewesen wäre, sie zu tragen.
    Hoch über ihnen strich ein riesiger Flugdrachen über den blauen Himmel, aber sie hatten keine Möglichkeit, das Tier herunterzuholen. So mußten sie wohl oder übel zu Fuß weitergehen. Niemandem schien das schwerer zu fallen als
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