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109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin
Autoren: Bernd Frenz
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ganze OP-Tisch ruckte in die Höhe.
    Gleichzeitig breiteten sich braune Flecken in ihrem Gesicht aus, und das mit dramatischer Geschwindigkeit. Wie im Zeitraffer färbte sich die Haut immer dunkler, bis sie einer Leprakranken ähnelte.
    Der Versuch einiger Mediziner, ihr wenigstens ein schmerzstillendes Sedativ zu geben, scheiterte daran, dass sich Tentakelfortsätze aus ihrem Anzug lösten und auf sie einpeitschten. Ohne ihre Schutzkleidung wäre den Männern wohl auch die Lebensenergie entzogen worden, aber das konnten sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen.
    »Das ist die Szene, die ich in meinen Träumen immer und immer wieder durchlebe«, flüsterte Amelie neben Shaw.
    Er wollte darauf etwas Tröstendes sagen, stellte aber zu seinem Entsetzen fest, dass seine Stimmbänder gelähmt waren.
    In ihrer Angst vergaß die Atemdiebin, dass sie ihn mit anorganischen Nanobots umwoben hatte. Er konnte spüren, wie der Schutzanzug langsam die Oberhand gewann und ihm seine Lebenskraft abzog.
    Auf dem Bildschirm starb Amelie gerade an innerer Fäule.
    Zumindest sah es so aus, weil sie plötzlich in ihren Fesseln röchelnd erschlaffte. Eilig angeschlossene Kontakte für Herz-und Hirntöne zeigten auf den Kontrollschirmen nur noch wenige Ausschläge an, bevor sie in einer piepsenden Linie ausliefen.
    »Kontaminationsalarm!«, ordnete Professor Hubinon an.
    »Die Außenstelle sofort räumen und danach versiegeln, bevor wir hier irgendwelche mutierten Viren freisetzen.«
    Die verseuchte Amelie zurücklassend, zogen die Ärzte ab.
    Das Licht erlosch, und damit endete auch die zusammengestellte Aufzeichnung.
    »Was hat das alles zu bedeuten?«, flüsterte Amelie verwirrt.
    Erst als Peter Shaw nicht darauf antwortete, wurde sie auf seinen Zustand aufmerksam. Hastig konzentrierte sie sich auf den Anzug und zog einen Teil der Tentakel zurück.
    Der Lieutenant gewann die Herrschaft über seinen Körper zurück. Gerade noch rechtzeitig, um über ihre Schulter hinweg zu sehen, wie Soldaten aus St. Genis Laval in den OP traten und ihre Waffen auf sie anlegten. Der rechte von ihnen hatte sein Sturmgewehr mittels des Laser-Emitters und eines Hochleistungsspeichers modifiziert.
    Shaw wollte einen Warnschrei ausstoßen, brachte aber nur noch ein Krächzen hervor. Es war ohnehin zu spät. Ein gleißender Strahl fuhr aus dem Lasergewehr und streckte Amelie nieder.
    Ihr Anzug sog die eindringende Energie auf und leitete sie so gut ab wie möglich. Dabei fungierten die Tentakel als Energieleiter, sodass die Ladung über Umwege in Shaws Gesicht und Hände schlug. Schmatzend lösten sich die Strünke von seiner Haut, und Amelie kippte zu Boden.
    Er selbst konnte sich dagegen schwankend auf den Beinen halten. Nur um in die Gewehrläufe der beiden Franzosen zu starren.
    ***
    Trotz des kalten Windes, der in ihre Gesichter schnitt, war der Flug mit der Androne ein besonderes Erlebnis. Diese Art zu reisen war eben ganz anders als der Aufenthalt in einem geheizten EWAT-Segment. Dazu kamen die Erinnerungen an gemeinsam erlebte Abenteurer, die in Matt ein Gefühl der Wehmut auslösten.
    Den T-Rechner in der Hand, schmiegte er sich enger an Aruula. »Tut mir Leid, dass ich dir wegen Amelie nicht geglaubt habe«, entschuldigte er sich. »Ich hätte deinen Instinkten vertrauen sollen.«
    »Hättest du«, bestätigte sie, »aber ich lag auch falsch. Alaan sagt, dass Amelie nichts für ihre Taten kann, weil die Technos irgendwas mit ihr angestellt haben. Er denkt, sie wäre besessen, aber ich nehme an, es hat mehr mit Tekknik zu tun.«
    »Weiter nach rechts«, dirigierte er sie, bis Flugroute und Richtungspfeil wieder überein stimmten. Unter ihnen zogen die Ruinen der Stadt dahin. Das Dröhnen der Motoren war längst in den zurückliegenden Straßen und Gassen verklungen. Auf dem Weg durch das Labyrinth der Stadt verloren Village und seine Truppe viel Zeit. Später, wenn es über freies Feld ging, würden ihre niemals ermüdenden Maschinen wieder aufholen.
    Es war ein Wettlauf mit der Zeit, doch die Chancen standen gut, ihn zu gewinnen. Die kräftige Androne besaß die nötige Ausdauer und Aruula das Geschick, sie zu lenken.
    Sie brauchten ungefähr eine Viertelstunde, bis sie den verlassenen EWAT auf einem Höhenzug entdeckten. Aruula ließ das Tier kreisen, bis sie den Felsspalt entdeckten.
    »Da gehen wir runter«, entschied Matthew. Beinahe lotrecht landete die Androne vor dem Felsspalt. Matt leuchtete mit der Taschenlampe hinein und erkannte den
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