Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
109 - Die Atemdiebin

109 - Die Atemdiebin

Titel: 109 - Die Atemdiebin
Autoren: Bernd Frenz
Vom Netzwerk:
Er wusste, dass es Amelie nur einen kurzen Gedanken kostete, ihn wieder zu lähmen, deshalb nahm er gehorsam auf dem Pilotensessel Platz und aktivierte die Triebwerke. Wohin er mir ihr fliegen sollte, war ihm im Grunde herzlich egal. Hauptsache, es war nicht allzu weit entfernt. Er musste nur einen kurzen Blick auf die immer größere Zahl von Schweißperlen werfen, die auf Amelies Stirn traten, um zu sehen, dass es ihr immer schwerer fiel, den Anzug an einer Transformation seiner Körperenergie zu hindern.
    ***
    Als er die mit Schutt und Geröll bedeckte Kirchenhalle erreichte, bot sich Matt ein Bild des Grauens. Schon vom Eingang aus konnte er sehen, wie sich Noot in seinen Ketten wand und mit weit aufgerissenen Augen zu dem offenen, mondbeschienenen Viereck aufsah, wo einst das Dach gesessen hatte.
    »Nein! Nein!«, stieß er immer wieder zwischen den unartikulierten Schreien hervor. »Ich wollte es doch nicht! Es war doch nur, weil sie sich gewehrt hat!«
    Elon, der nur wenige Meter entfernt angekettet war, hielt sich krampfhaft die Ohren zu, um das Geständnis nicht mit anhören zu müssen.
    Matt sah zu dem eingebrochenen Dach auf, konnte aber weder einen Menschen noch wabernde Nanobotmasse entdecken. Daran änderte sich auch nichts, als die Franzosen begannen, jede Ecke des Kirchenschiffs mit ihren Handlampen auszuleuchten. Außer Staub und Dreck waren nur die beiden Barbaren hier.
    »Nein, nein, lass mich!« Das Gesicht wie unter großer Anstrengung verzerrt, streckte Noot beide Hände aus, um einen unsichtbaren Angreifer auf Distanz zu halten. Seine Stimmte kippte bereits über vor Aufregung.
    »Lass mich doch in Ruhe!«, war der letzte verständliche Satz, den er von sich gab. Danach folgte ein erbärmliches Kreischen, das sich immer höher schraubte, bis es auf einen Schlag abbrach und für immer verstummte.
    Einige Herzschläge lang schien die Welt zu erstarren. Matt konnte die einsetzende Ruhe förmlich mit jedem einzelnen Nervenstrang seines Körpers spüren. Nicht nur, dass keiner der Anwesenden zu sprechen wagte, auch von draußen drang nicht das geringste Geräusch in die Ruine. Beinahe schien es, als wäre eine riesige Glashaube über sie gestülpt worden.
    Totenstille erfüllte die Halle der Basilika. Im wahrsten Sinne des Wortes. Denn so zusammengesunken, wie Noot am Fuße der Säule lag, mit unnatürlich verrenkten Armen und Beinen, die Augen weit aufgerissen, seine blutig gebissenen Lippen gut einen Handbreit offen, so sah nur ein Toter aus.
    Elon war der Erste, der sich aus seiner Erstarrung löste.
    Erschöpft rutschte er an der Säule herab und verbarg sein Gesicht schluchzend in den Händen. Nach dem Moment der Stille tönte das Rasseln seiner Kette ungewöhnlich laut in den Ohren.
    »Macht mich doch endlich los«, bat er verzweifelt. »Seit es dunkel wurde, ist Noot immer mehr durchgedreht. Zuletzt hörte er Stimmen und sah Dinge, die es gar nicht gab!«
    Hustend brach er ab und übergab sich. Über Stunden mitzuerleben, wie der Mörder seiner Frau vor Angst wahnsinnig wurde, hatte an seinen Nerven gezehrt.
    Corporal Farmer kam seinem Wunsch nach und zerschnitt die Ketten mit dem LP-Gewehr. Danach gesellte er sich zu Matt, der längst bei Noot kniete, aber nur noch den Herzstillstand des Fischers feststellen konnte.
    »Unglaublich«, sagte Farmer, während er seine Fingerspitzen selbst noch einmal an die erschlaffte Halsschlagader presste. »Die Angst vor dem Dämon hat ausgereicht, sich den Atemdieb einzubilden. Also hat das Gottesurteil doch irgendwie funktioniert, oder?«
    »Erzählen Sie das bloß nicht, wenn Aruula in der Nähe ist«, warnte Matt. »Außerdem wäre es für alle besser, wenn sich der Atemdieb wirklich gezeigt hätte. Jetzt sind wir genauso schlau wie vorher.«
    Village und Dufaux gaben ähnliche Kommentare ab, doch das bewahrte sie nicht vor einer weiteren Befragung durch Captain McDuncan. Ehe die Offiziere aber in die Verlegenheit kamen, konkret antworten zu müssen, verdunkelte sich über ihnen der Himmel.
    Das Brummen eines überdimensionalen Flügelpaares wurde laut. Sekunden später schwebten Alaan und Aruula auf dem Rücken einer Flugandrone herab. Unter heftigem Flügelschlag streckte die mutierte Riesenameise ihre Beine aus und suchte einen sicheren Halt zwischen dem Geröll. Noch ehe sie aufgesetzt hatte, sprang Aruula schon behände aus dem Sattel und eilte freudestrahlend zu Matt.
    »Alles in Ordnung?«, rief sie, bevor sie sich mit beiden Armen so fest an ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher