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084 - Medusenblick

084 - Medusenblick

Titel: 084 - Medusenblick
Autoren: A.F.Morland
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Bis zum dritten Jahrhundert stellten die Exorzisten eine eigene Klasse von Kirchenbeamten dar. Heute erhält diesen Grad jeder katholische Priester anläßlich der drei »niederen Weihen« verliehen.
    In der Praxis jedoch ist der Exorzismus als Ritus zur Heilung der Besessenheit an die Erlaubnis des kirchlichen Ordinarius gebunden, die nur bei erwiesener dämonischer Besessenheit erteilt wird.
    Das Gespräch hatte unter vier Augen stattgefunden, und Pater Severin hatte es verstanden, die Situation seines Freundes, des Dämonenjägers Tony Ballard, sehr eindrucksvoll vorzutragen.
    »Das Böse hat viele Gestalten«, hatte er unter anderem gesagt. »Manchmal tritt es auch gestaltlos in Erscheinung, hat Namen wie Luzifer, Asmodis, Atax oder - Marbu. Um letzteres geht es, Exzellenz. Marbu kann sehr vieles sein: ein Zustand, eine Ansicht, eine Geheimreligion, ein Kult - aber auch eine ungeheure schwarze Kraft und somit eine Bedrohung der Menschheit. Bis vor kurzem war der gefährliche Marbu-Geist in Afrika verankert. Von dort aus versuchte er die Welt zu überwuchern. Tony Ballard gelang es, die Marbu-Kraft zu entwurzeln und sie damit von der Erde zu trennen, aber im Verlaufe dieses Abenteuers atmete er die Dämpfe eines gefährlichen Geisteropiums ein. Marbu befand sich in dieser Satansdroge, und nun ergreift dieses schwarze Gift mehr und mehr Besitz von diesem Mann. Es verändert ihn, macht ihn leicht reizbar, jähzornig und allmählich zu einer Gefahr für seine Freunde. Es ist zu befürchten, daß er sich in absehbarer Zeit gegen uns stellt. Er wird die Seiten wechseln und für das Gute, für das er so viele Jahre mutig und erfolgreich kämpfte, keinen Finger mehr rühren.«
    »Sind das die einzigen Anzeichen von Besessenheit - leichte Reizbarkeit, Jähzorn?« fragte Pater Severins kirchlicher Vorgesetzter, ein weißhaariger, asketisch aussehender Mann mit hellen, klugen Augen.
    »Tony Ballard weiß, daß er das gefährliche Marbu-Gift in sich trägt. Außerdem blieb es auch seinem Freund und Kampfgefährten Mr. Silver nicht verborgen«, sagte Pater Severin. Nervös wischte er sich mit der großen, sehnigen Hand über sein Pferdegesicht.
    Es lag ihm sehr viel daran, die Erlaubnis für den Exorzismus vom Ordinarius zu erhalten. Würde sein Vorgesetzter aber nein sagen, so würde er die Teufelsaustreibung ohne Genehmigung vornehmen. Noch nie hatte er sich über die Anweisungen dieses ehrwürdigen Mannes hinweggesetzt, aber um Tony Ballard zu helfen, würde er das und noch viel mehr tun.
    »Ein Abenteuer verschlug Tony Ballard in die Hölle, Exzellenz«, berichtete der Priester. »Asmodis ließ ihn den Kopf der schwarzen Wahrheit berühren. Dieser Kopf hätte den Dämonenjäger qualvoll getötet, wenn ihn der Marbu-Geist, der ihn ausfüllt, davor nicht bewahrt hätte. Kurz davor kämpfte mein Freund gegen eine gefährliche Zauberin namens Arma. Seit langem verfolgt sie ihn mit ihrem Haß, und nichts schien ihr wichtiger zu sein, als ihn zu töten. Doch auf einmal will sie davon nichts mehr wissen. Tony Ballard ist plötzlich kein Feind mehr für sie. Arma und Asmodis haben erkannt, was mit Tony Ballard los ist. Er befindet sich auf dem Weg zu ihnen, wird bald ihr Freund sein, deshalb verschonen sie ihn. Wenn er sich für das Böse so einsetzt, wie er es bisher für das Gute getan hat, werden schreckliche Dinge geschehen. Er hat mich gebeten, ihm zu helfen, und ich möchte es gern mit Ihrer Erlaubnis tun, Exzellenz.«
    »Und was würden Sie tun, wenn Sie diese nicht bekommen?« fragte Pater Severins Vorgesetzter. »Ich glaube, ich kenne Sie gut genug, um zu wissen, daß Sie Ihrem Freund auf jeden Fall helfen würden.«
    Der Priester senkte den Blick, sagte nichts.
    »Kein anderer übt das Priesteramt auf eine so… eigenwillige Weise aus wie Sie«, sagte der weißhaarige Mann.
    Pater Severin blickte ihn mit seinen großen dunklen Samtaugen treuherzig an. »Liegen Beschwerden vor?«
    »Sie wissen, daß sich niemals jemand über Sie beschweren würde. Aber mir kommt dennoch ab und zu zu Ohren, daß Sie den kirchlichen Segen auf eine… nun, sagen wir - recht merkwürdige Weise spenden. Hin und wieder sollen Gläubige Ihr Pfarrhaus ohne ein blaues Auge betreten, aber mit einem solchen herauskommen.«
    »Was ich tue, geschieht nur zum Wohle meiner mir anvertrauten Schäfchen, Exzellenz.«
    »Man liebt Sie trotz Ihrer unorthodoxen Methoden. Oder vielleicht gerade deswegen.«
    »Und ich liebe die Menschen, die meiner Gemeinde
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