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109 - Der Werwolf und die weiße Frau

109 - Der Werwolf und die weiße Frau

Titel: 109 - Der Werwolf und die weiße Frau
Autoren: Dämonenkiller
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Sommeranzug und versuchte, meine rote Haarmähne zu bändigen, was mir aber nicht gelang.
    Im Rittersaal waren bereits alle Versammelt, die sich derzeit in der Burg aufhielten - mit Ausnahme von Phillip, der auf seinem Zimmer war. Der Hermaphrodit wurde von mir ferngehalten, da er in meiner Gegenwart Anfälle bekam.
    Ich setzte mich neben Coco an den etwa zwanzig Meter langen Tisch, der Platz für vierzig Leute bot. Mir gegenüber saß Burkhard Kramer, der von allen Burke genannt wurde. Sein Pferdegesicht sah angespannt aus. Burke war etwas weltfremd und oft sehr geistesabwesend; ganz der Typ zerstreuter Professor; ein Ethnologe, der Frauen gegenüber unglaublich schüchtern war. Er war so ziemlich der einzige, der mich halbwegs akzeptierte.
    Tirso saß neben Burke. Der Zyklopenjunge spielte mit seinem Besteck und schenkte mir keine Beachtung.
    Burian Wagner, der stämmige Bayer, der so aussah, als hielte er den Weltrekord im Knödelessen, unterhielt sich lautstark mit Virgil Fenton, der Tirsos Hauslehrer war.
    Am Ende der Tafel saßen Abi Flindt, Ira Marginter und Colonel Bixby, ein beleibter weißhaariger Mann, der vor Jahren eine eigene Sekte hatte gründen wollen.
    Ich saß kaum, als das Essen serviert wurde. Da ein Großteil der Bewohner Deutsche waren, gab es ziemlich häufig deutsche Gerichte.
    Eine Tasse mit einer köstlich duftenden Leberknödelsuppe wurde vor mich hingestellt. Aus den Augenwinkeln warf ich Tirso einen Blick zu und versuchte zu ergründen, in welcher Stimmung er sich befand. Wenn ihm eine Speise nicht zusagte, ließ er sie nach wenigen Bissen stehen und beschäftigte sich mit etwas anderem. Die Suppe schien ihm aber zu schmecken.
    Erleichtert griff ich nach meinem Löffel und wollte einen der großen Leberknödel zerteilen. Aber so sehr ich mich auch bemühte, der Knödel wich vor meinem Löffel zurück. Er entwickelte ein eigenes Leben, rollte durch die Suppentasse, glitt den Rand hinauf, flog geräuschvoll auf die Tischplatte, sprang wie ein Gummiball hoch und landete in Kramers Tasse, der sich überrascht zurücklehnte. „Laß den Unsinn, Tirso!" sagte ich verärgert.
    Der Zyklopenjunge blickte mich unschuldig an.
    „Rede dich nicht auf Tirso raus, Richard!" brummte Kramer.
    Wie zu erwarten gewesen war, lachten Abi und Ira höhnisch, während Colonel Bixby mit unbewegtem Gesicht seine Suppe weiterlöffelte.
    Tirso war heute gnädig gestimmt. Den zweiten Knödel konnte ich in Ruhe essen.
    Ich griff nach der Bierflasche und einem Glas. Langsam kippte ich die Flasche um, doch kein Tropfen Bier rann heraus. Erbost starrte ich Tirso an, und in diesem Augenblick hörte ich es glucksen. Das Bier schoß förmlich aus der Flasche - rann aber nicht in das Glas, sondern auf das Tischtuch. „Das war wohl auch Tirso?" fragte Wagner und sah mich böse an.
    „Tut mir leid", sagte ich.
    Tirso blickte mich treuherzig an.
    Endlich hatte ich das Glas zur Hälfte gefüllt und setzte es an die Lippen, da schien das Bier zu schäumen und klatschte mir ins Gesicht. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte dem Zyklopenjungen eine Ohrfeige gegeben. Das hätte aber zu Steiners Image nicht gepaßt. Deshalb stellte ich das Glas ab, wischte mir den Bierschaum vom Gesicht und putzte meine Gläser.
    Als sich das spöttische Gelächter gelegt hatte, wurde der zweite Gang serviert. Gefüllte Kalbsbrust mit Salzkartoffeln und grünen Bohnen war eines von Tirsos Lieblingsgerichten. Der Zyklopenjunge stürzte sich heißhungrig auf sein Essen, und ich folgte seinem Beispiel. Solange Tirso aß, drohte mir keine Gefahr von ihm. Ich hatte kaum ein Drittel meiner Portion gegessen, als Tirsos Teller bereits leer war. Tapfer aß ich weiter, doch als die erste Salzkartoffel von meinem Teller flog, legte ich das Besteck auf den Teller und lehnte mich zurück.
    „Hast du keinen Hunger mehr, Richard?" fragte Tirso.
    „Mir ist er vergangen", brummte ich.
    Mit Coco würde ich ein ernstes Wort sprechen. Sie sollte sich einmal Tirso ordentlich vornehmen.
    Es war einfach unmöglich, wie sich der Junge benahm.
    Auf den Nachtisch - Backobstkompott - verzichtete ich, als ich sah, daß es Tirso nicht schmeckte. Aber der Junge trieb unbemerkt von den anderen weiter seine Späßchen mit mir. Das Feuerzeug funktionierte nicht, die Zigarette ging fünfmal aus, den Zucker schüttete ich neben die Kaffeetasse - und zum Abschluß goß ich mir noch den Kaffee über meinen weißen Anzug.
    Jetzt reichte es mir. Ich stand auf, verabschiedete
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