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109 - Der Werwolf und die weiße Frau

109 - Der Werwolf und die weiße Frau

Titel: 109 - Der Werwolf und die weiße Frau
Autoren: Dämonenkiller
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Zyklopenjungen mißtrauisch an.
    Tirso stieß ein helles Lachen aus. Sein Auge fixierte mich. In letzter Zeit hatte er eine Vorliebe für derbe Späße entwickelt, die ich süßsauer grinsend über mich hatte ergehen lassen müssen. Einmal hatte er mittels seiner Fähigkeiten meinen Gürtel und meine Hose geöffnet, und plötzlich hatte ich vor allen in Unterhosen dagestanden.
    „Keine dummen Scherze, Tirso!" sagte ich streng.
    Doch er hörte nicht auf mich. Unsichtbare Hände schienen nach meiner Nickelbrille zu greifen, packten sie und zogen die Bügel über meine Ohren. Die Brille schwebte einen Meter von mir entfernt in der Luft. Verärgert kniff ich die Augen zusammen, da ich stark kurzsichtig war. Ich griff nach der Brille. Sofort schwebte sie ein Stück nach rechts, und meine Hände griffen ins Leere.
    „Zum Teufel, Tirso!" knurrte ich. „Gib mir sofort meine Brille!"
    Doch der Zyklopenjunge dachte nicht daran. Was mich aber am meisten an diesen kindischen Späßen störte - das war Cocos Verhalten. Sie griff in den seltensten Fällen ein.
    Halb blind rannte ich der in der Luft schwebenden Brille nach. Dabei bewegte ich mich so tolpatschig wie ein Seehund an Land; und natürlich übersah ich den Stuhl, den Tirso in den Korridor gestellt hatte; und natürlich flog ich auch darüber und blieb keuchend liegen.
    Spöttisches Lachen trieb mich hoch. Ich sah alles wie durch einen Schleier hindurch, doch die beiden Gestalten vor mir konnte ich erkennen. Es waren Abi Flindt und Ira Marginter. So wie alle anderen Bewohner der Burg, gönnten sie mir jedes Mißgeschick. Noch immer hatten sie sich nicht damit abgefunden, daß Richard Steiner die Gunst Coco Zamis' gefunden hatte.
    „Jetzt ist es aber genug!" sagte Coco scharf. „Tirso, gib sofort Richard die Brille zurück!"
    Der Zyklopenjunge gehorchte augenblicklich. Vor Coco hatte er großen Respekt.
    Die Brille schwebte auf mich zu. Ich griff danach und setzte sie auf die Nase.
    „Irgendwann wird er sich mal das Genick brechen", stellte Abi Flindt zynisch fest und musterte mich verächtlich.
    Auf seine Art sah er recht gut aus. Das hübsche Gesicht wurde von blondem Haar umrahmt, aber seine blauen Augen hatten etwas Kaltes.
    „Das würde dich wohl freuen, was?" fragte ich.
    Abi hob die Schultern.
    „Das hast du gesagt", meinte er und wandte sich Ira Marginter zu, die mich gleichgültig betrachtete. Ira war eine ausgezeichnete Restauratorin, aber so kalt wie ein Fisch; dabei sah sie ausgesprochen sexy aus: sie war blond und hatte eine sinnliche Figur.
    „Gehen wir in den Rittersaal, Ira. In einer halben Stunde gibt es Abendbrot. Du kommst mit, Tirso!" Ich sah den dreien nach, dann wandte ich mich Coco zu.
    Als die drei nicht mehr zu sehen waren, sagte ich: „So geht das einfach nicht mehr weiter. Ich bin der ewigen Sticheleien und Späße überdrüssig."
    „Was hast du vor?"
    „Das kannst du dir doch denken?" Coco nickte langsam.
    „Schade", sagte sie. „Ich hatte mich schon so an dich gewöhnt, Ritchie."
    Ich sah den Schalk in ihren Augen und schluckte die bösartige Bemerkung hinunter, die mir auf der Zunge lag.
    „Wir sprechen nach dem Abendessen weiter", sagte ich. „Ich gehe duschen. Kommst du mit, Coco?" Sie schüttelte den Kopf. „Nein, wir sehen uns dann später im Rittersaal."
    Ich stieg die Stufen hoch, die in den zweiten Stock führten, wo unsere Privatzimmer lagen. Mein Ärger war noch immer nicht verraucht. Seit drei Monaten ging das nun schon so. Alle mieden meine Gesellschaft. Manchmal kam ich mir wie ein Aussätziger vor. Anfangs hatte ich die Spötteleien geduldig ertragen, doch jetzt glich ich einer Zeitbombe, die jeden Augenblick hochgehen konnte. Mein Entschluß stand unwiderruflich fest: Richard Steiner würde bei nächster Gelegenheit sterben. Ob ich als Dorian Hunter oder in einer anderen Maske zurückkehren würde, das wußte ich noch nicht; einiges sprach dafür, daß ich als Dämonenkiller zurückkehren sollte.
    Langsam schlüpfte ich aus den Kleidern und stellte mich unter die Dusche. Danach setzte ich mich aufs Bett, rauchte eine Zigarette und dachte nach. Und je länger ich nachdachte, um so mehr festigte sich mein Entschluß, als Dorian Hunter mein Leben weiterzuführen. Das würde auch ein harter Schlag für Luguri sein, der ja annahm, daß er mich durch Coco hatte töten lassen. Der Erzdämon der Schwarzen Familie würde vor Wut aufheulen, wenn er erfuhr, daß ich noch immer am Leben war. Ich schlüpfte in einen weißen
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