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109 - Der Werwolf und die weiße Frau

109 - Der Werwolf und die weiße Frau

Titel: 109 - Der Werwolf und die weiße Frau
Autoren: Dämonenkiller
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kurzen Spaziergang unternommen. Langsam kehrte ich zur Burg zurück, die in einem Seitental des Valira del Norte lag. Ich überquerte die schmale Steinbrücke, blieb kurz stehen und musterte die Burg.
    Sie war 1550 erbaut worden und unterschied sich grundlegend von den anderen spanischen Burgen, die ich kannte. Einige Gebäude und die Ringmauer, die einst die Burg umgaben, waren schon längst zerfallen. Nun bestand die Burg nur noch aus einem gewaltigen U-förmigen Gebäude, dessen Vorderfront etwa achtzig Meter lang war.
    Mißmutig ging ich die Schotterstraße entlang, die genau auf das Burgtor zuführte. Das Dicke Doppeltor war eisenbeschlagen. Der zwanzig Pfund schwere Türklopfer hatte die Form eines Drachens. Über dem Tor befanden sich ein Portal und Tympanon - ein hohes Giebelfeld mit Reliefs - links und rechts eindrucksvolle Portalwände. Die Reliefs stellten seltsame Fabelwesen, Tiermenschen, und Szenen mit Hexen und Teufeln dar. Durch geringfügige Retuschen wurden wirkungsvolle Dämonenbanner daraus. Auch sonst waren überall an den Mauern und vor den Fenstern Dämonenbanner angebracht.
    Vor dem Doppeltor blieb ich stehen und betätigte den Türklopfer. Ich mußte ziemlich lange warten, bis endlich das rechte Tor geöffnet wurde.
    Coco blickte mir lächelnd entgegen. Trotz der langen Zeit, die wir uns kannten, faszinierte mich ihr Aussehen immer wieder. Das Gesicht mit den hochangesetzten Backenknochen und den fast schwarzen Augen war ungemein anziehend. Der zitronenfarbene Hosenanzug unterstrich die Länge ihrer Beine und ihre üppigen Brüste.
    Ich nickte ihr grinsend zu. Meine Laune hatte sich bei ihrem Anblick etwas gebessert.
    Aufmerksam blickte Coco ins Freie, dann schloß sie das Tor. Wir durchquerten die Halle mit den vierundzwanzig Säulen. Etwa die Hälfte der Säulen war glatt, die andere war voll schauriger Reliefs; ich bezeichnete sie als „Bestiensäulen".
    „Weshalb bist du so nachdenklich, Richard?" fragte sie.
    Gott sei Dank hatte sie Richard gesagt. In letzter Zeit hatte sie mich oft, vor allem, wenn wir allein waren, zärtlich „Ritchie" genannt. So dumm es auch klingen mag - ich war fast auf die Maske eifersüchtig, die ich jetzt trug.
    „Später", sagte ich ausweichend.
    Sie warf mir einen fragenden Blick zu, sagte aber nichts. Ein vertrauliches Gespräch wagte ich nur auf unserem Zimmer zu führen. Ich hatte Angst, daß uns Abi Flindt belauschte. Der blonde Däne spionierte mir immer nach.
    Wir stiegen die breite Steintreppe hoch, die in den ersten Stock führte, und durchquerten den langen Korridor mit der Ahnengalerie. Auf der einen Seite befanden sich die Porträts der Alicantes, auf der anderen die der Quintanos. Die Burg war von Fernandes de Alicante erbaut worden, nachdem er als reicher Mann aus der Neuen Welt zurückgekommen war. Bis 1768 blieb die Burg im Besitz dieser Familie. In diesem Jahr wurden die Alicantes vom Inquisitor Enrique Quintano getötet, der dann die Burg übernahm. Mir war es gelungen, den letzten der Hexenjäger - Isidor Quintano - zur Strecke zu bringen. Seither hatte sich einiges in der Burg verändert. Der neue Besitzer der Burg war nun mein alter Freund Jeff Parker, der sie der Magischen Bruderschaft zur Verfügung gestellt hatte. Es gab nun hier elektrisches Licht und Telefon, und ein Fernschreiber war installiert worden; einige Räume waren in Büros und Labors umgebaut worden, doch trotz dieser Veränderungen war noch ziemlich viel im ursprünglichen Zustand geblieben. Dafür hatte Ira Marginter, die Restauratorin aus Köln gesorgt.
    Ich ging in den linken Seitentrakt, in dem sich die Büros befanden. Mich interessierte, ob neue Nachrichten von Trevor Sullivan eingetroffen waren. Doch ich wurden enttäuscht; es lagen keine Nachrichten vor.
    Als ich das Büro verließ kam uns Tirso entgegen. Ich zuckte ängstlich zusammen und trat einen Schritt Zurück. Das gehörte auch zu meiner Rolle als Richard Steiner.
    In der Burg war ich Tirsos beliebtestes Angriffsziel. Der Zyklopenjunge verfügte über ungewöhnliche Fähigkeiten, die er besonders gern an mir erprobte, sehr zum Vergnügen der anderen.
    Tirso war über einen Meter vierzig groß. Das war für einen fünfjährigen Jungen anormal. Sein Kopf war unbehaart. Das Gesicht wurde von dem einen Auge beherrscht. Ungewöhnlich war auch seine blaue Hautfarbe.
    In den vergangenen Monaten hatte der Junge seine telekinetischen Fähigkeiten weiterentwickelt. „Hallo, Tirso!" sagte ich leise und starrte den
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