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1046 - Der Hexenturm

1046 - Der Hexenturm

Titel: 1046 - Der Hexenturm
Autoren: Jason Dark
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verteilte sich innerhalb des dünnen Nebels.
    Das eine oder andere Auto stand vor einem Haus oder seitlich daneben.
    Es waren durchweg westliche Fahrzeuge. Alles alte Wagen, die auf bestimmten Umwegen auch nach Bilic gelangt waren.
    In diesem Dorf gab es kaum Betrieb. Die Menschen hielten sich zurück.
    Auf der den kleinen Ort in zwei Hälften teilenden Hauptstraße war ebenfalls kein Asphalt. Bei starkem Regen verwandelte sich die Fahrbahn in einen regelrechten Morast.
    Von der Hauptstraße zweigten andere Wege ab. Eine Kirche gab es auch. Klein, mehr eine Kapelle. Ein Gasthaus stand im Schatten der Kirche, als sollte es durch sie beschützt werden. Vor dem Gasthaus wurde ein Lastwagen entladen. Zwei Männer rollten Bierfässer durch die Tür, und es wurden auch Kisten mit anderen Getränken von der Ladefläche geholt.
    Einen Friedhof sah ich nicht. Dafür rollten wir an der Kirche vorbei und dann nach links. Hinein in die Straße, die eigentlich keine war. Es gab nicht einmal Rinnsteine. Man hatte die Häuser auf das flache Land gebaut und die Umgebung als Garten genutzt. Im Winter zeigten sie ein trauriges Gesicht. Da gab es nichts, was noch geblüht hätte. Eine erdbraune Farbe herrschte vor.
    Vor einem Haus an der rechten Seite hielten wir an. Es besaß ein Dach, bei dem einige Ziegel fehlten, niedrige Fenster und eine ebenfalls niedrige Tür.
    »Hier sind wir!« sagte Palu.
    Dorian sprach mit ihm. Palu lächelte plötzlich und tätschelte seinem jüngeren Freund die Wange. Dann wandte er sich an uns und erklärte uns, daß sich Dorian bei uns bedanken wollte.
    Ich winkte ab. »Sagen Sie ihm, daß es schon okay ist. Wir an seiner Stelle hätten kaum anders gehandelt.«
    »Danke, das wird ihn freuen.«
    Dorians Gesicht rötete sich. Er reichte uns noch einmal die Hand, dann stieg er zusammen mit Palu aus. Der ältere Mann wollte ihn noch ins Haus bringen und dann zu uns zurückkehren. Die erzielten Erfolge hatten ihm Auftrieb gegeben. Unterwegs hatte er uns gefragt, ob er an unserer Seite bleiben könnte, und wir hatten nichts dagegen.
    Bill wandte sich an mich. »Marek war noch nicht da. Oder hast du ihn gesehen?«
    »Nein.«
    »Das wundert mich. Erstens fällt sein Käfer auf, und zweitens ist die Strecke von Petrila hierher nicht sehr lang. Hoffentlich ist er nicht von diesen verdammten Kreaturen aufgehalten worden.«
    »Marek wird sich zu wehren wissen.«
    Bill schwieg. Auch ich hing meinen Gedanken nach. Ich war unruhig geworden. Die Zeit rann mir einfach zu schnell davon. Der Turm war wichtig. Auch dessen Umgebung, dieser alte Friedhof. Niemand traute sich in seine Nähe, und dafür hatte ich sogar Verständnis. Wie dem auch war, wir würden es tun, und dabei konnte uns Palu eine gute Hilfe sein, denn er kannte die Strecke. Ich hoffte nur, daß wir auch mit dem Wagen hochkamen. Zu Fuß wäre noch mehr Zeit vergangen.
    Die Haustür öffnete sich wieder. Palu erschien, aber er war nicht allein.
    Er hielt mit seiner rechten Hand die linke eines anderen Mannes fest, der nichts mehr sehen konnte, weil jemand seine Augen aus den Höhlen gehackt hatte. Zu sehen war es für uns nicht, aber die dunkle Brille wies darauf hin.
    Bill und ich stiegen aus und gingen auf die beiden zu, die vor der Tür stehengeblieben waren. Der Mann mit der Sonnenbrille atmete heftig und zitterte. Er flüsterte Palu etwas zu, bevor er sich von ihm befreite und uns beide Hände entgegenstreckte.
    »Auch Dorians Vater möchte sich bei euch bedanken!«
    Wir umfaßten die zitternden Hände des Mannes, der nur mühsam ein Weinen unterdrücken konnte. Er zog einige Male die Nase hoch und schluckte. Dann brach es aus ihm hervor. Es war kein Strom der Tränen, dafür ein Flüß der Worte. Wir verstanden nichts, doch am Klang seiner Stimme hörten wir, daß er stark litt.
    Plötzlich entzog er uns seine Hände. Er führte sie an sein Gesicht und nahm die dunkle Brille ab.
    Wir sahen die Augen. Oder sahen das, was einmal Augen gewesen waren. Höhlen. Leer, dunkel. Blutreste schwammen darin.
    »Er wundert sich, daß er noch lebt«, flüsterte uns Palu zu. »Es ist wohl ein verdammter Fluch dieser Eulen, daß die Menschen, denen sie die Augen geraubt haben, nicht sterben. Viele möchten es, aber sie können es nicht. Sie leben weiter - eben wie unter einem Fluch.« Er schüttelte den Kopf. »Ich komme damit auch nicht zurecht.«
    »Haben Sie ihm gesagt, daß wir versuchen wollen, den Fluch zu brechen?«
    »Ja, habe ich. Er kann nicht daran glauben.
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