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1040 - Unheil über Kran

Titel: 1040 - Unheil über Kran
Autoren: Unbekannt
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blickte er auf den silbernen Katafalk, auf dem die Leiche des Herzogs Zapelrow ruhte. Das provisorische Gebäude, in dem Zapelrows Körper aufbewahrt werden sollte, bis er an Bord des Spoodie-Schiffs überführt werden konnte, hatte einladend die Tore geöffnet. Die Menge wurde unruhig. Sie spürte, daß hier etwas nicht in Ordnung war.
    Sie hatte das Attentat auf Herzog Gu mit Haltung überstanden, aber servierte man ihr noch die geringfügigste zusätzliche Unregelmäßigkeit, dann geriet sie außer Rand und Band.
    Carnuum zögerte. Die Ereignisse der vergangenen Stunde hatten ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Er wußte, daß er handeln mußte, aber es war ihm nicht klar, was die Menge von ihm erwartete. Er hatte die Leichenrede auf Herzog Zapelrow zu halten, aber würden sich die Millionen mit den üblichen salbungsvollen Worten zufrieden geben?
    Er wußte Gu schwer verletzt. Wenn die Mediker ihm nicht helfen konnten, dann war sein Traum in Erfüllung gegangen: die Alleinherrschaft über das Herzogtum! Sollte er davon sprechen? Sollte er der Menge erklären, den Interessen des Reiches sei weitaus besser gedient, wenn es nur von einem Herzog regiert würde anstatt von dreien? Mit Zurückhaltung, warnte er sich selbst. Das waren revolutionäre Ideen, für die die Mehrzahl seiner Zuhörer noch nicht bereit war. Aber er würde es anklingen lassen.
    Im übrigen - banale Worte. Herzog Zapelrow war ein gütiger, ein gerechter Herrscher.
    Das Volk vermißte ihn, betrauerte ihn. Viel zu früh war er aus den Reihen der Lebenden genommen worden. Und so weiter ...
    Carnuum wandte sich um. Hinter ihm stand Klaque, der riesige Tart, sein Diener und Vertrauter. „Die Plattform auf!" befahl Carnuum.
    Klaque machte eine Geste, die auf den Platz hinaus wies. Carnuum drehte sich um und sah einen Zweimann-Schweber, der mit Höchstgeschwindigkeit auf das herzogliche Fahrzeug zugeschossen kam. Er kniff die Augen halb zusammen und erkannte gegen den Sonnenglast einen der Späher, deren Aufgabe es war, ihn über den Zustand Herzog Gus auf dem laufenden zu halten.
    Er wartete, bis der Krane sein Fahrzeug dicht vor dem herzoglichen Schweber abbremste. Er beugte sich über die Bordkante und reichte einem Mitglied des Gefolges eine kurze Nachricht, die an Carnuum weitergegeben wurde. Dieser las: „Herzog Gu auf dem Wege der Besserung. Bezichtigt Carnuum des Verrats."
    Nur zwei Sekunden lang stand Carnuum starr. Dann deutete er auf die kreisförmige, hydraulische Plattform, von der aus er seine Rede zu halten gedachte, und befahl mit spröder Stimme: „Plattform auf!"
     
    *
     
    Hunderte von Dingen gingen ihm durch den Kopf, während die Plattform an einem gelenkigen Träger sich bis zur vollen Höhe von acht Metern reckte. Die Tage kamen ihm wieder in den Sinn, die er mit Zapelrow und Gu auf Geheiß des Orakels an Bord des Nests der Ersten Flotte, das in einem Orbit um Kran seine Bahn zog, verbracht hatte.
    Damals war der ungeheuerliche Vorwurf zum ersten Mal aufgetaucht. Das Orakel selbst hatte ihn ausgesprochen: Einer von euch dreien ist ein Verräter! Der Bruderzwist unter den drei Herzögen war die unmittelbare Folge gewesen. Zapelrow hatte, wie es schien, sich selbst das Leben genommen und eine Tonaufzeichnung hinterlassen, in dem er sich selbst des Verrats bezichtigte. Aber das Orakel hatte sich nicht beeindrucken lassen. Den überlebenden beiden Herzögen wurde gestattet, nach Kran zurückzukehren, aber das Orakel hatte zu verstehen gegeben, daß es den Fall noch nicht für abgeschlossen halte.
    Carnuum glaubte zu wissen, wer der wirkliche Verräter war. Kein anderer als er selbst!
    Das hing nicht damit zusammen, daß er in der Vergangenheit Kontakte zur Bruderschaft unterhalten hatte, die sich zum Ziel gesetzt hatte, das Orakel und die Herrschaft der Herzöge abzuschaffen. Er hatte sich der Bruderschaft nur hin und wieder bedient, um gewisse Informationen zu erlangen, kleine Dienste verrichten zu lassen. Niemals hatte er mit den Zielen der Bruderschaft sympathisiert. Soviel wußte das Orakel gewiß.
    Aber er hatte nach der Alleinherrschaft gestrebt. Er hatte, wenn er sich unter Vertrauten befand, keinen Hehl daraus gemacht, daß den Interessen des Herzogtums von einem Herzog besser gedient werden könne als von dreien. Das Orakel war, so schien es, an der Aufrechterhaltung des Triumvirats interessiert. Sein Bestreben, der einzige Träger der Macht zu sein, war es, der ihn dem Orakel als Verräter erscheinen ließ.
    Und jetzt
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