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1038 - Der Seelen-Kerker

1038 - Der Seelen-Kerker

Titel: 1038 - Der Seelen-Kerker
Autoren: Jason Dark
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Schädel.
    Ich blieb stehen. Dann richtete ich mir so weit wie möglich auf und leuchtete die dunkle Welt vor mir aus. Es waren immer nur Ab- und Ausschnitte zu sehen, aber diese einzelnen Sequenzen summierten sich, und so konnte ich mir ein Bild machen. Nicht weit von dem Platz entfernt, an dem ich mich aufhielt, mußte auch Capus gestanden und mit seiner Kamera gefilmt haben.
    Schädel bedeckten den Boden. Knochen lagen verstreut. Das bleiche Gebein hatte sich in all den Jahrhunderten gesammelt. Niemand hatte hier überleben können. Dieser Kerker war zu einer schaurigen Todesfalle geworden.
    Ich sah sein Ende. Jenseits der Knochen ging es nicht mehr weiter.
    Eine Wand versperrte den Weg. Die Decke über mir schimmerte naß. Es zeichneten sich allerdings auch die Umrisse eines Einstiegs ab, durch die damals die Opfer einfach in die Tiefe geworfen worden waren. Für mich war es eine schlimme Vorstellung, hier wirklich im wahrsten Sinne des Wortes zu verrecken oder auf Gedeih und Verderb den Henkern der Inquisition ausgeliefert zu sein.
    Unter den Menschen hatte es nur selten Gnade gegeben. Das war in damaligen Zeiten ebenso gewesen wie auch heute. Für mich war gut zu erkennen, daß die Schädel ziemlich kompakt zusammenlagen. Zumindest die meisten von ihnen. Einige wenige nur waren aus diesem Verband zur Seite geschleudert worden und lagen halb oder auch zerbrochen nahe der beiden Innenwände.
    Ich dachte an den Giftmischer Nazarius und natürlich an seinen Einfluß. Schon einmal hatte er mein Kreuz zeichnen können. Jetzt wartete ich darauf, daß sich der Vorgang wiederholte und legte deshalb den silbernen Talisman auf meine freie Handfläche wie auf einen Präsentierteller.
    Danach löschte ich das Licht.
    In der tief schwarzen Dunkelheit blieb ich stehen. Vielleicht zeichnete sich hinter mir noch der Eingang schwach ab. Um das zu sehen, hätte ich mich umdrehen müssen, doch darauf verzichtete ich.
    Es ist auch für mich noch immer etwas Besonderes, im Dunkeln zu stehen. Da reduzieren sich die Sinne. Ich sah und hörte nichts. Ich fühlte mich wie ein Gefangener, und Beklemmungen blieben einfach nicht aus. Die Umgebung blieb, wie sie war. Trotzdem kam es mir vor, als wäre sie dabei, sich zusammenzuziehen. So verdichtete sich mein Gefängnis immer stärker. Ich konnte mir leicht vorstellen, wie es den armen Gefangenen ergangen war.
    Ich wartete vergebens. Mein Gegner zeigte sich nicht. Er war auch nicht zu spüren. Auf meiner Handfläche blieb das Kreuz normal kalt oder warm liegen. Eine Veränderung gab es nicht. Die hier liegenden Gebeine stammten nicht von irgendwelchen dämonischen Wesen ab, sondern einzig und allein von Menschen.
    Die Luft war hier schlechter geworden. Sie drückte. Klamm legte sie sich beim Einatmen auf meine Lungen. Es ist schwer, die Zeit in einer derartigen Finsternis abzuschätzen, aber irgendwann war ich es leid und schaltete die Lampe wieder ein. Dabei bewegte ich auch meine Hand, damit der Lichtkegel über den Boden wandern konnte.
    Wieder das gleiche Bild.
    Dunkles Gestein, ein ebenfalls dunkler Boden und dazwischen die bleichen Schädel der her verstorbenen Menschen. Leere Augenhöhlen, Mündern als kleine Höhlen, in denen sich allerlei Käfer und Würmer wohl gefühlt hatten oder noch fühlten.
    Die Ausgeburt der Hölle war nicht da. Nicht in dieser Gegend.
    Weder feinstofflich noch stofflich, und so blieb mir nichts anderes übrig, als den Rückzug anzutreten. Sicherheitshalber leuchtete ich noch mein Kreuz an und wünschte mir dabei, den grünen Schein zu sehen. Das allerdings war nicht der Fall.
    Ich machte mich wieder auf den Rückweg. Diesmal ging ich schneller. Da strahlte der Schein auch in eine andere Richtung und war auch für Suko und den Abbé sichtbar. Das letzte Stück kroch ich wieder hervor und umfaßte Sukos ausgestreckte Hand, um mich auf die Beine ziehen zu lassen.
    Bloch stand neben mir. Beide sahen mir an, daß ich keinen Erfolg gehabt hatte.
    »Auch nicht durch dein Kreuz?« fragte Suko.
    »Leider.«
    »Aber er muß doch hier sein«, sagte Bloch leise. »Wo sollte er sonst hin?«
    »Hat er sich nicht auch in Paris aufgehalten?« hielt ich dagegen.
    »Stimmt.«
    »Er war hier. Dieser Stollen ist seine Heimat gewesen. Ich habe das Ende der Höhle ausgeleuchtet. Ich habe diese mit Gebeinen gefüllte Grube gesehen, aus der er hervorgestiegen ist. Es ist alles wie im Film gewesen, bis auf die Hauptperson, die fehlte. Sie hat es endlich geschafft, das Verlies zu
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