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1038 - Der Seelen-Kerker

1038 - Der Seelen-Kerker

Titel: 1038 - Der Seelen-Kerker
Autoren: Jason Dark
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vergangen waren.
    Er konnte nicht behaupten, von einem Glücksgefühl erfüllt zu sein, als er das Ziel endlich sah. Er war nur zufrieden darüber, daß die Angaben des alten Mannes gestimmt hatten. Denn von der Tür war ebenfalls gesprochen worden.
    Vergittert, mit Zwischenräumen zwischen den Stäben, die allerdings nicht so groß waren, um einen Menschen hindurchzulassen.
    Wer immer in diesem Verlies verhungert war, er hatte noch in den Stollen hineinschauen können. Mit der Gewißheit, daß an dessen Ende die Freiheit zu finden war, mit der jedoch nichts anfangen konnte.
    Ob die Tür geschlossen war oder handbreit offenstand, konnte der Mann aus dieser Entfernung nicht erkennen. Er war allerdings davon überzeugt, sie aufbrechen zu können.
    Deshalb ging er weiter. Seine Lampe ließ er brennen. Der breite Strahl bewegte sich bei jedem Schritt. Wie die helle Spur eines Kometen durchdrang er die Finsternis mit der schlechten Luft. Es war hier unten warm und kühl zugleich.
    Capus konnte sich die Unterschiede nicht genau erklären. Er nahm sie einfach hin und lauschte dabei dem Klang seiner Schritte, die über den Boden knirschten, wo sie hin und wieder kleinere Steine eindrückten.
    Die Luft blieb gleich. Nur ihr Geruch änderte sich, je näher er an das Ziel herankam. Es stank nach Moder, nach Tod und nach Angst.
    Ihm war, als hätte die Umgebung all die Leiden der hier im Kerker verendeten Menschen konserviert, um sie irgendwann einem Besucher zu präsentieren. So fühlte sich der Mann.
    Der Kerker kannte jeden Schrecken. Unzählige Gefangene waren in ihm gestorben – bis auf einen!
    Und genau da wollte Alexandre Capus einhaken. Dieser eine sollte tatsächlich überlebt haben. Seine Zweifel blieben. Sie hatten all die Jahre an ihm genagt und sich regelrecht tiefer gefressen. So hatte es Capus schließlich als seine Lebensaufgabe angesehen, das Rätsel des Kerkers zu lüften, und auch der alte Mann im Heim hatte mit ihm darüber gesprochen, aber nicht genau sagen können, ob die Behauptung nun stimmte oder nicht.
    Zum erstenmal seit Betreten des Stollens spielte ein Lächeln um die Lippen des Mannes. Er hatte gesehen, daß dieses alte Gittertor nicht geschlossen war. Wer auch immer es zur Seite gezogen hatte, er konnte dieser Person nur dankbar sein, die ihm den Weg in das Innere des Kerkers geöffnet hatte.
    Er blieb vor der Tür stehen und versuchte, sie so weit zu öffnen, daß er den Kerker bequem betreten konnte. Die Stäbe schrammten über den Boden hinweg. Er mußte schon Kraft aufwenden und schaffte es schließlich.
    Capus betrat den Kerker. Er ging geduckt unter dem Druck seiner Rückenlast. Hier war die Luft noch schlechter, als hinge der Gestank verwesender Körper wie unsichtbare Leichentücher in der Luft. Der Boden war mit unterschiedlich großen und auch verschieden hoch aus dem Erdreich wachsenden Steinen bedeckt, die an einigen Stellen, wo es feuchter war, eine glänzende Haube bekommen hatten.
    Er trat einen weiteren Schritt nach vorn, um eine relativ ebene Stelle zu erreichen. Dort konnte er seine Utensilien dann aufbauen und alles für die Nachwelt in die Wege leiten.
    Etwas knackte unter seinem rechten Fuß. Es folgte ein Knirschen, und Capus zog sein Bein erschreckt hoch, bevor er die Stelle anleuchtete.
    Nein, es war kein Stein unter seinem Gewicht zerbrochen. Dafür ein alter bleicher Knochenschädel. Er hatte ihn nicht gesehen und die Masse mit seinem Gewicht belastet.
    Alexandre leuchtete die Splitter an, die so rauh und bleich waren.
    Dann bewegte er den hellen Kreis weiter und fand das bestätigt, womit er gerechnet hatte.
    Es lagen noch mehr Gebeine innerhalb dieses Verlieses. Die Reste der Gefangenen. Daß sie noch nicht zu Staub verfallen waren, mochte an der Luft hier liegen, die allerdings weniger trocken war. In seiner Kehle lag ein Kratzen. Capus hustete sich frei. Sein Keuchen klang in den Ohren nach, und zwar so laut, daß er den Eindruck hatte, es würde jemand neben ihm stehen und ebenfalls husten.
    Endlich legte er den Rucksack ab. Vorsichtig ließ er ihn zu Boden gleiten, um auf keinen Fall den Inhalt zu zerstören. Denn er war wichtig, sehr wichtig sogar. Er würde die Beweise für einige Menschen liefern, die ihn als Ignoranten ansahen.
    Nachdem der Rucksack seinen Platz am Boden eingenommen hatte, leuchtete Capus den Kerker aus. Hier war der Stollen beendet. Er mündete im Kerker. Es gab kein Weiterkommen, denn die dicken Wände, bestehend aus mächtigen Steinen und
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