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102 - Die Gottesanbeterin

102 - Die Gottesanbeterin

Titel: 102 - Die Gottesanbeterin
Autoren: Dämonenkiller
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aus zwei handspannenlangen Holzschenkeln, die kaum sichtbare magische Symbole aufwiesen. Die stumpfen Enden des Zirkels waren verschwommen zu sehen, so als befänden sie sich nicht nur in den Menschen normalerweise zugänglichen Dimensionen.
    Dorian klappte den Zirkel auf. Autos brausten heran, wild hupend. Dorian Hunter hob die rechte Hand. Wenige Meter vor ihm stoppten die Fahrer jäh. Bremsen kreischten.
    Der Großstadtverkehr in Japan war der turbulenteste auf der ganzen Welt. Dorian war kein geringes Risiko eingegangen, wie er erkannte, als der vorderste Wagen nur einen Meter vor ihm hielt. Rechts und links auf den anderen Fahrbahnen fuhren Autos vorbei, ebenfalls wild hupend. Die Fahrer fuchtelten mit den Händen herum, denn sie glaubten, einen Verrückten oder Betrunkenen vor sich zu haben.
    Dorian zog mit dem Zirkel oder vielmehr mit den gedachten Verlängerungen des Zirkels den magischen Kreis. Er dachte an den magnetischen Thron im Hermes-Trismegitos-Tempel und wünschte sich drängend, dort zu sein.
    Plötzlich fühlte Dorian sich schwerelos. Das Springen, die geistige Konzentration fiel ihm jetzt schon viel leichter als bei den ersten Versuchen. Der rothaarige Mann mit der Nickelbrille verschwand von der Ginza, als hätte es ihn nie gegeben.
    Der Fahrer des Wagens, der Dorian am nächsten gestanden hatte, wischte sich über die Augen. Er stoppte den Fluß seiner Schimpfworte. Als die Fahrer hinter ihm immer ungeduldiger hupten, ließ er den Motor an und fuhr an, steuerte aber schon bald an den Straßenrand. Der Straßenverkehr rauschte vorbei. Der Japaner, ein Angestellter mittleren Alters, überlegte, was eigentlich geschehen war. Konnte es denn sein, daß ein Mensch sich in Luft auflöste?
    Der Mann war geschockt und verwirrt. Dann redete er sich ein, daß er eine Halluzination gehabt hatte. Er würde in der nächsten Zeit ein wenig kürzer treten mit der Arbeit - und auch sonst. Wenn sich das Phänomen wiederholte, mußte er zum Arzt gehen. Wenn nicht, dann würde er das Ganze mit der Zeit vergessen - so wie die anderen Zuschauer, die die Episode beobachtet hatten. Es konnte nicht sein, was nicht sein durfte.
    Der Japaner fuhr wieder los.

    Dorian machte unterdessen eine Reise durch geheimnisvolle Dimensionen. Er trieb in leuchtender Schwärze. An sich war das paradox, denn Schwärze konnte nicht leuchten, doch da, wo sich Dorian jetzt befand, war es möglich. Er hörte ein Raunen und Wispern, Singen und Klingen. Ständig glaubte er, jemand wollte ihm etwas mitteilen. Doch er begriff den Sinn nicht.
    Dorian hätte nicht sagen können, wie lange die Reise dauerte. Eine Sekunde? Ein Jahr?
    Er sah ein Gebäude, ein regenbogenfarbenes Schloß. Es lebte, pulsierte, veränderte sich. Dann zerplatzte es wie eine Seifenblase. Dorian fiel ins Nichts. Er wollte sich irgendwo festhalten, aber da war nichts.
    Im nächsten Augenblick spürte Dorian kalten Stein. Er saß auf dem magnetischen Thron des Hermes Trismegistos. Hier materialisierte er immer, wenn er von irgendwo auf der Welt in den Tempel des Hermes Trismegistos zurückkehrte.
    Dorian ließ den Kopf sinken und schloß die Augen. Er brauchte einige Momente, um die Nachwirkungen der magischen Reise zu überwinden. Bei anderen Reisen hatte er andere Visionen gehabt. Doch immer blieb das Gefühl, etwas völlig Fremdartiges erlebt zu haben, in Bereichen gewesen zu sein, die dem Menschen eigentlich nicht bestimmt waren. Dorian mußte wieder in seine Existenz zurückfinden.
    Nach einer Weile öffnete er die Augen. Er sah den großen Raum, dessen Wände, Decke und Boden aus den 36 225 Büchern des Hermes Trismegistos bestanden, Steinplatten, die an allen Seiten beschriftet waren. Diese Steinplatten hatten die Maße 35 x 30 x 10 Zentimeter. Das gesamte magische Wissen des Hermes Trismegistos war hier festgehalten. Dorian hatte nur einen Bruchteil dieser Bücher gelesen. Sie alle gründlich zu studieren, hätte Jahrtausende gedauert.
    In der Mitte des Raumes stand ein dreimal drei Meter großer Marmorsockel von einem Meter Höhe. Das war der magische Tisch, den Dorian auch als Kosmischen Ofen der Alchimisten bezeichnete. Die Oberfläche war ein Bildschirm, auf dem Dorian Vorgänge in aller Welt sehen konnte, wenn er es wünschte und eine bestimmte Formel sprach. Der Tisch produzierte auch Gegenstände und Substanzen, wenn Dorian magische Formeln draufmalte. Er bewirkte eine magische Metamorphose, die aus irgendwelchem Rohmaterial, vielleicht einer Ursubstanz, die
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